Startseite » Tiere » Insekten » Wildbienenhaus bauen – so einfach züchten Sie Wildbienen selbst

Wildbienenhaus bauen – so einfach züchten Sie Wildbienen selbst

Im naturnahen Garten sind Wildbienen gern gesehene Gäste. Die emsigen Insekten bestäuben Zier- und Nutzpflanzen und bieten der ganzen Familie einen faszinierenden Einblick in eine einzigartige Welt. Ein selbst gebautes Wildbienenhaus ist der erste Schritt für die erfolgreiche Ansiedlung wild lebender Bienen. In dieser Anleitung erfahren Sie alles Wissenswerte zu den besten Materialien und der optimalen Bauweise. Praktische Tipps zeigen auf, wie einfach Sie Wildbienen selber züchten.

Video-Tipp

Wildbienen sind Einzelgänger

Von den mehr als 500 Wildbienen-Arten in Deutschland bevorzugen 95 Prozent eine solitäre Lebensweise. Dieser Aspekt ist ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zwischen Wildbienen und Honigbienen. Ein Wildbienenhaus hat demzufolge nur wenig gemein mit dem klassischen Bienenstock des Imkers. Lesen Sie sich daher bitte vorab kurz ein in die einzigartige Lebensweise von Wildbienen.

Überwinterung im Kokon

Männliche und weibliche Bienen der meisten Wildarten überwintern als Puppe oder Imago (Vollinsekt), gut geschützt in einem Kokon. Kaum geschlüpft, kümmert sich ein Weibchen nach der Paarung ganz alleine um den Nachwuchs. Männliche Wildbienen sind am Brutgeschäft nicht beteiligt. Als Einsiedlerbienen betreiben Wildbienen keine Brutpflege in Arbeitsteilung, wie Honigbienen es tun. Im Verlauf des vier- bis achtwöchigen Lebens legt die Wildbiene nach und nach bis zu 30 Brutzellen an, bestückt diese mit Pollen und Nektar als Proviant und legt ein einzelnes Ei darin ab. In der sorgfältig verschlossenen Zelle ernährt sich die Larve vom Nahrungsvorrat, verpuppt sich und überwintert darin, um im nächsten Jahr eine eigene Familie zu gründen. Zu einem Kontakt zwischen den Generationen kommt es daher in der Regel nicht.

Tipp:

Wildbienen sind unverzichtbar für die Bestäubung von Obstbäumen. Tapfer trotzen sie Kälte und Nieselregen, um ab März auf der Suche nach Nahrung für ihren Nachwuchs die Blüten zu bestäuben. Empfindliche Honigbienen befinden sich zu dieser Zeit noch in Wartestellung auf mildes, warmes und trockenes Frühlingswetter.

Wichtige Kriterien für ein Wildbienenhaus

Insektenhotel

Der kurze Ausflug in die Lebensweise der meisten Wildbienenarten verdeutlicht, dass ein Wildbienenhaus besondere Kriterien erfüllen muss, um von den Weibchen akzeptiert und besiedelt zu werden. Alle fundamentalen Komponenten fasst der folgende Überblick zusammen:

Strukturierung

  • Röhrenförmige, saubere Hohlräume
  • Durchmesser 3 bis 10 mm
  • Ausreichender Abstand zwischen den Röhren zum Schutz vor Rissen
  • Länge übertrifft den Durchmesser um mindestens Faktor 10
  • Auf der gegenüberliegenden Seite verschlossen
  • Auf der Eingangsseite Schutzvorrichtung gegen Vögel und andere Freßfeinde

Material

  • Stabil und luftdurchlässig, wie Holz, Ton und hohle Pflanzenstängel
  • Wetter- und frostfest
  • Ohne chemische Zusätze

Glas und Plexiglas sind vollkommen ungeeignet als Baumaterial für ein Wildbienenhaus. Die wasserdampfundurchlässigen Brutröhren werden zur Todesfalle, weil Brut und Nahrung innerhalb kurzer Zeit verpilzen.  

Nisthilfe aus Holz bauen

Zahlreiche heimische Wildbienenarten bevorzugen von Natur aus Holz als Nistmaterial. Abgelagerte Hartholz-Blöcke, ein alter Baumstamm oder Ast ohne Rinde sowie unbehandelte Restholz-Balken vom Schreiner dienen als ideales Ausgangsmaterial für den Bau einer Wildbienen-Nisthilfe. Nadelholz ist demgegenüber zu weich und quillt bei Regen schnell auf, was den Bienennachwuchs in den Röhren in Bedrängnis bringen kann. So bauen Sie ein Wildbienenhaus aus Holz richtig:

  • Mit dem Holzbohrer Gänge anlegen mit verschiedenen Durchmessern von 3 bis 10 mm
  • Maximale Länge 10 bis 15 cm beachten
  • Röhren nicht vollständig durchbohren
  • Abstand zwischen den Niströhren: 1 bis 2 cm
  • Eingänge abschmirgeln und alle Späne entfernen

Wichtig zu beachten ist, dass Sie stets quer zur Faser bohren, um Rissbildungen vorzubeugen. Risse im Holz bieten Parasiten und Fressfeinden eine willkommene Eintrittspforte in die Niströhren. Um möglichst vielen Wildbienenarten ein passendes Zuhause zu bauen, sollten die Röhren verschiedene Durchmesser innerhalb der empfohlenen Parameter aufweisen.

Schutznetz als Bollwerk gegen Fressfeinde

Insektenhotel

Der Eingangsbereich im Wildbienenhaus erhält einen Schutz, der Vögel abwehrt und die geflügelten Baumeisterinnen problemlos passieren lässt. Die fertige Nisthilfe statten Sie daher bitte im Abstand von 20 cm aus mit einem Drahtgeflecht oder blauen Kunststoffnetz. Ideal ist eine Maschenweite von 3 x 3 cm. Engmaschiger darf das Netz nicht sein, weil es andernfalls zur Todesfalle für Vögel und andere Kleintiere wird. In der Praxis hat sich herausgestellt, dass Vögel die Farbe Blau schon aus der Ferne wahrnehmen und meiden.

Tipp:

Der ideale Standort für ein Wildbienenhaus ist sonnig, warm und geschützt. Schattige Lagen bleiben ebenso leer, wie Nisthilfen, die in Baumkronen baumeln.

Dachziegel umfunktionieren zum Wildbienenhotel

Strangfalzziegel bestehen aus gebranntem Ton und verfügen über parallele Hohlkammern mit einem Durchmesser von 6 bis 8 mm. Somit sind die klassischen Dachziegel perfekt geeignet, um daraus ein Wildbienenhaus zu konstruieren. Vor allem Hohlraum-bewohnende Wildbienenarten, wie die bekannten Mauerbienen, können Sie mithilfe dieser Nisthilfen ganz einfach im eigenen Garten züchten. So machen Sie es richtig:

  • Strangfalzziegel auf festem Untergrund stapeln
  • Alternativ in den Bau einer Trockenmauer einbeziehen
  • Auf einer Seite die Öffnungen verschließen mit Gips, Lehm oder Polsterwolle
  • Schutznetz oder Drahtgeflecht im Abstand von 20 cm vor der gegenüberliegenden Seite anbringen

Die Ziegel können Sie bei Dachdeckerbetrieben oder direkt im Dachziegelwerk erwerben. Werden denkmalgeschützte Dächer neu eingedeckt oder alte Scheunen abgerissen, fallen Strangfalzziegel zuhauf als Abfall an, die Sie kostengünstig oder gratis ergattern können. Die Hohlräume in Dachziegeln aus diesen Quellen sind häufig verunreinigt und werden vor der Verwendung als Wildbienen-Nisthilfe einer gründlichen Säuberung unterzogen.

In der Regel sind diese Ziegel mit 40 cm zu lang für eine Niströhre. Nehmen Sie daher einen Winkelschleifer zur Hand, um zu lange Strangfalzziegel in zwei Hälften zu zerschneiden. Das hintere Ende wird auch in diesem Fall verschlossen, denn lichtdurchflutet darf eine Niströhre nicht sein.

Markhaltige oder hohle Stängel als Nisthilfe verwenden

Einige Wildbienenarten lassen Nisthilfen aus Holz oder Ton links liegen, denn sie favorisieren markhaltige Stängel für die Aufzucht ihrer Brut. Damit diese Arten nicht leer ausgehen, konstruieren umsichtige Hausgärtner ein Wildbienenhaus aus adäquaten Pflanzen Ihres Gartens. Die besten Optionen für den Bau stellt Ihnen die folgende Übersicht näher vor:

Königskerze (Verbascum)

InsektenhotelParadebeispiel aus dem Pflanzenreich für eine Wildbienen-Nisthilfe sind die kräftigen, markhaltigen Stängel einer Königskerze. Ist die Blume abgeblüht, schneiden Sie die verwelkten Blütenreste ab. Schlagen Sie neben dem Stiel einen Stab in den Boden und befestigen den Stängel mit Bindedraht daran. Entscheidend für die Funktion als Nisthilfe ist die vertikale Ausrichtung. Das Mark entfernen die Wildbienen selbst, indem sie es kurzerhand abnagen.

Brombeerranken

Nach der Ernte werden Brombeerranken nicht entsorgt, sondern für den Bau einer Nisthilfe verwendet. Stellen Sie die Ranken mit der Schnittstelle nach oben aufrecht entlang des Gartenzaunes auf und binden sie fest. Alternativ spannen Sie zwischen zwei Pfosten zwei Schnüre, um daran die Brombeerzweige vertikal anzuordnen. Mit Himbeerruten können Sie ähnlich verfahren, um sie Wildbienen als Brutplatz zu offerieren.

Tipp:

Die meisten Hohlraum-bewohnenden Wildbienenarten bringen nur eine Generation pro Jahr hervor. Es kann sich bis zu 12 Monaten hinziehen, ehe aus einer verschlossenen Niströhre die fertige Wildbiene schlüpft. Das fertiggestellte Wildbienenhaus einschließlich der Nisthilfen aus Pflanzenstielen darauf über diesen Zeitraum nicht gestört werden, wenn die Züchtung gelingen soll.

Bambus und Schilfrohr

Hohle Stängel stehen bei Wildbienen hoch im Kurs, um darin ihre Eier abzulegen. Bambusröhren aus dem Gartencenter oder das Schnittgut von Schilf hat sich für diesen Zweck gut bewährt. So bauen Sie ein Wildbienenhaus daraus:

  • Die hohlen Stängel zuschneiden auf eine Länge von 10 bis 20 cm
  • Einzeln oder gebündelt und aufrecht in einen Behälter stellen unter einem Regenschutz
  • Mit einem Vogelschutz ausrüsten

Die horizontale Ausrichtung von hohlen und markhaltigen Stängeln als Nisthilfe für Wildbienen hat sich nicht bewährt. Ebenso ist es nachteilig, Pflanzenstiele auf den Boden zu legen. Die hohe Bodenfeuchtigkeit geht mit Verpilzungsgefahr einher, sodass Wildbienen-Weibchen dieses Angebot einer Nisthilfe wohlweislich  ausschlagen.

Autor Garten-Redaktion
Ich schreibe über alles, was mich in meinem Garten interessiert.

Erfahre mehr über Insekten

Zum Thema Insekten

Scroll Up