Können Wespen unterm Dach, an Fassade und Dämmung Schaden anrichten?
Inhaltsverzeichnis
Wespen bauen ihr Eigenheim auch gerne mal am oder im Eigenheim des Menschen. Kann dies zu ernsthaften Schäden am Haus führen oder zu Folgeschäden an der Bausubstanz? Ist in dieser unmittelbaren Nähe ein friedliches Miteinander von Mensch und Wespe möglich? Falls nicht, die Frage, wie wird man sie wieder los? Oder präventiv, was kann man tun, damit sie sich erst gar nicht einnisten? Etwas Basiswissen über Wespen, Wespennester, Dächer und Fassaden kann helfen, im Einzelfall angemessen zu handeln.
Wespenarten
An die 4000 unterschiedliche Arten werden der Familie der Faltenwespen (Vespidae) zugeordnet. Hier gibt es wiederum zwei Unterfamilien, die Solitären Faltenwespen und die Echten Wespen.
Die Unterfamilie der Echten Wespen ist wiederum in drei Gruppen eingeteilt: Hornissen, Langkopfwespen und Kurzkopfwespen. Die Arten der Langkopfwespen werden uns kaum lästig, da sie nicht so sehr die Nähe des Menschen suchen. Zudem sind sie kurzzyklisch und bereits ab Ende August von der Bildfläche verschwunden. Sie bauen meistens freihängende Nester, in Bäumen, Sträuchern und gelegentlich auch unter einem Dachvorsprung. Doch diese Bauweise ist unproblematisch für die Bausubstanz. In der Regel handelt es sich dann um diese Arten:
- Mittlere Wespe
- Sächsische Wespe
- Waldwespe
- Norwegische Wespe
Die drei Wespenarten, mit denen wir es meistens zu tun haben, sind: die Deutsche Wespe (Kurzkopfwespe), die Gemeine Wespe (Kurzkopfwespe) und die Hornisse.
Lebensweise
Fast alle Echten Wespen bilden Staaten, auch die Gemeine und die Deutsche Wespe. Sie bauen Nester und haben eine Königin. Ihre Vorliebe, sich gegen Ende des Sommers noch einmal ordentlich viele Süßigkeiten zu gönnen, lässt sie für den Menschen lästig werden.
Nest
Diese beiden Arten bauen ihre Nester gerne im Verborgenen und in unserer Nähe. Beliebte Nistplätze sind der Komposthaufen, im Boden, unterm Dach oder auch in Fassaden oder Rollladenkästen. Ihre Staaten können aus bis zu 7.000 Individuen bestehen.
Das Material was sie dafür verwenden, das Wespenpapier, besteht aus Holz. Hierzu vermischen sie hauptsächlich morsches oder trockenes Holz mit ihrem Speichel, dabei entstehen kleine Kügelchen. Diese werden dann zu Brutwaben aufgebaut. Das ausgetrocknete Material ist extrem hart und widerstandsfähig.
Lebenszyklus
So ein Wespenleben ist sehr kurz. Eine junge Königin fängt im Frühjahr an, ihren Staat zu gründen:
- Königin baut einige wenige Waben
- legt Eier und nährt sie bis
- die ersten Arbeiterinnen schlüpfen
- Arbeiterinnen übernehmen nun weiteren Nestbau und die Fütterung weiterer Larven
- die Larven werden ausschließlich mit einem Brei aus Insekten gefüttert
- Königin ist dann fast nur noch für die Eiablage zuständig
- das Nest wächst
- im Spätsommer schlüpfen Drohnen (befruchtungsfähige Männchen)
- und junge Königinnen
- die Drohnen sterben nach der Paarung
- die jungen Königinnen fallen unter morschem Holz in Winterstarre
- die alte Königin stirbt im Oktober/ November samt ihrem Gefolge
Jedes Jahr baut eine junge Königin ein neues Nest. Altbauten werden nicht mehr bezogen. Allerdings können noch bestehende alte Nester die Königin durch ihren Geruch dazu bringen, sich in der Nähe niederzulassen.
Schaden – Nutzen
Bevor es in Sachen Wespennest an die (Bau)Substanz geht, ein kurzer Überblick darüber, welche erwartbaren Schäden es geben kann und ob diese Plagegeister (in der Hauptsache: Kurzkopfwespen, Hornissen) nicht in irgendeiner Art auch nützlich sein können. Was passiert, wenn Hornissen, Gemeine und Deutsche Wespen direkt am, im Haus oder in direkter Nähe zum Haus ihre Nester bauen:
Schaden
- Abtragen von Material für Zugänge
- Annagen von Material für den Nestbau
- Nest kann Jalousie blockieren
- aggressives Verhalten durch zu großer Nähe von Menschen zum Nest (< 2 bis 3 Meter)
- Verfärbungen, ätzender, riechender Kot (bei Hornissen)
Nutzen
- fressen Schädlinge, unter anderem Blattläuse, Baumschädlinge und Mücken
- fressen Aas, tote Tiere
- bestäuben die heimischen Blüten
Dachziegel, Dachboden
Besonders ältere Häuser und Häuser, die unter Denkmalschutz stehen, bieten reizvolle Gelegenheiten für suchende Königinnen, genau hier ihr Nest zu bauen. Die Dachziegel sind nicht abschließend, sie sind meistens unregelmäßig, da handgearbeitet und gewähren so den Wespen Einlass und Unterschlupf. Hier ist es dunkel und geschützt.
Auch das Dämmmaterial, wenn es zugängig ist und vielleicht schon porös, kann eine bauwillige junge Königin nicht aufhalten, sich hindurch zu nagen. Immerhin lockt ein trockenes, geschütztes Plätzchen unter dem Dach, auf dem Spitz- oder Dachboden.
Kommt jetzt noch ein Dachstuhl aus trockenem, unbehandeltem oder gar morschem Holz hinzu, scheint dies geradezu ein Paradies für den Nestbau zu werden, schließlich wird das Baumaterial gleich mitgeliefert.
Diese Gegebenheiten lassen schon erahnen, dass es in den meisten Fällen nicht die Wespen selbst sind, die hier den meisten Schaden anrichten. Sie nutzen eher günstige Gelegenheiten, beziehungsweise jede bereits vorhandene Schwachstelle, die sich ihnen bietet, um ihr Nest zu bauen.
Fassade, Dämmung
Im Grunde ist es mit der Fassade das Gleiche wie mit dem Dach. Jede Schwachstelle wird von der jungen Wespenkönigin auf der Suche nach geeignetem Bauland genutzt. In den meisten Fällen verursachen die Wespen hier lediglich weitere Schäden. Genau dann, wenn bereits Vorschäden, beziehungsweise eine nachlässige Bauweise, dies zulässt.
Eine Einladung scheint es zu sein, wenn die Fassade einen freien Zugang zur Dämmschicht ermöglicht. Mit ihren Beißwerkzeugen ist es den Wespen ein Leichtes sich hier weiter durch zu nagen, bis sich ein geeigneter Hohlraum findet. Ernsthafter Schaden entsteht dann, wenn eine sogenannte Kältebrücke durch den Fraßschaden entstanden ist. Besonders gefährdet ist also nicht die Fassade an sich, denn Wespen knabbern nicht durch Putz, Beton, Stein oder ähnlich harte Substanzen.
Gefährdete Stellen in der Fassade sind:
- Risse in der Außenfassade
- fehlende, schadhafte Sockelschienen, Sockelprofile (Abschlusskanten)
- unzureichender Anschluss von der Betonplatten zum Wärmedämmverbundsystem (WDVS)
- unzureichender Armierungsputz (mit Gewebe) beim Anschluss, Mauerwerk und Oberputz
Rollladenkästen
Hier findet sich fast auch immer ein geeigneter Zugang zu dunklen, geschützten Hohlräumen, die perfekt für ein Wespennest geeignet sind. Werden die Bauvorhaben nicht früh genug entdeckt, wird früher oder später die Funktionalität dieser Außenjalousien darunter leiden.
Entfernung
Meistens werden Wespennester, die in Fassaden oder im Dach gebaut wurden, erst entdeckt, wenn die Bevölkerung des Wespenstaates und damit auch das Nest stark zugenommen haben. Dann ist es meistens schon Mitte August. Jetzt kommt auch erst die Zeit, in der die Wespen Appetit auf Süßes bekommen und zunehmend lästig werden. In der Zeit vorher nimmt man sie oft gar nicht wahr.
Normalfall
Für diese Saison ist es dann praktisch gelaufen. Es gilt, sich irgendwie für die letzten warmen Tage im Freien, mit den Wespen zu arrangieren. Zusätzliche Schäden an der Bausubstanz wird es jetzt nicht mehr geben.
Ein unbewohntes Nest lässt sich dann im Winter ganz einfach entfernen. Wichtig ist es, das Nest dann restlos zu beseitigen und die Umgebung, zum Beispiel mit einer Wasser-Essigmischung, abschließend gründlich zu reinigen. Dann bietet dieser Ort, für die junge Königin im Frühjahr, keinen Anreiz, erneut in dieser Umgebung ihr Nest zu aufzubauen. Natürlich sollten danach alle baulichen Schlupflöcher repariert werden.
Notfall
Entdeckt man allerdings ein Nest und es wird zu einer Bedrohung für die Familie, steht man vor der Frage: Wie werden wir es schnellstmöglich los? Noch einmal, entdeckt man ein großes, fertiges Wespennest, so wird es im gleichen Jahr, dem Haus keinen weiteren großen Schaden mehr zufügen können. Es stellt sich lediglich die Frage: Können wir noch bis November damit leben, oder ist dies unmöglich? Zum Beispiel aufgrund von:
- Allergien in der Familie
- sie haben sich vom Dach aus Zugang in die Innenräume verschafft
- Einflugsroute zum Nest verläuft quer über stark genutzte Wege, Eingänge
In diesen Fällen wendet man sich am besten an eine zuständige Fachberatung der Gemeinde. Auch die örtliche Feuerwehr kann entweder helfen oder einen entsprechenden Rat geben.
Warnung
Es gibt diverse Gründe, die dafür sprechen, Wespennester nicht eigenhändig zu entfernen. Hier die Wichtigsten:
- man sollte nie irgendwelche Lebewesen radikal töten
- frei verkäufliche Insektizide gegen Wespen sind für einen effektiven Einsatz nicht stark genug potenziert
- ausräuchern ist eine ganz gefährliche Idee, besonders bei älteren Häusern
- Eingänge versperren (zukleben, -spachteln): sehr schlecht bei Nestern am Haus, neue Gänge werden durchgebissen, eventuell sogar in einen Innenraum hinein
- alle missglückten Versuche, ein Wespennest zu vernichten, macht die Tiere doppelt aggressiv
- das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) verbietet es, wild lebende Tiere ohne vernünftigen Grund zu töten
Im Notfall besser immer eine Fachberatung hinzuziehen. Die Zuständigkeit kann über die Feuerwehr oder die jeweilige Gemeinde in Erfahrung gebracht werden.
Vorsichtsmaßnahmen, Vorbeugung
Die beste Maßnahme, um das Eigenheim und die Bewohner vor Bauschäden und Stichen zu schützen, ist die Vorbeugung.
Holz
Holz ist ein Stoff, den die Wespen für ihren Nestbau benötigen. Schlecht gepflegtes, vergammeltes Holz am Haus ist eine Einladung. Inzwischen gibt es auch umweltverträgliche Farben und Lacke, mit denen man Holz bearbeiten kann, sodass sie den Wespen keinen Anreiz mehr bieten. Eine gute Pflege von Holzverkleidungen, Dachstuhl und Holzverschalungen sollte, allein schon der Bausubstanz zuliebe, regelmäßig stattfinden.
Fassaden
Bei Fassaden sind Risse und fehlende Abschlusskanten nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Regelmäßige Kontrolle und gegebenenfalls Reparaturen halten das Haus in einem guten Zustand und sorgen auch noch dafür, dass es für wohnungssuchende Königinnen unattraktiv bleibt.
Rollladenkästen
Hier kann man präventiv darauf achten, die Öffnungen so klein wie möglich zu halten und bereits im Frühjahr öfter zu kontrollieren. Frei nach dem Motto, wehret den Anfängen.
Eigentlich lässt sich das gut beobachten. Mit ein paar Zitronensaftspritzern kann man dann noch die Königin daran hindern hier sesshaft zu werden. Wenn es bereits zu spät ist, keinesfalls selbst versuchen, an das Nest heranzukommen oder mit Gift zu spritzen. In jeder Gemeinde gibt es Ansprechpartner, die bei Problemen mit Wespennestern weiterhelfen können.
Miteinander
Wenn ein Wespennest keine Bedrohung für Haus und Bewohner darstellt, dann lässt man sie am besten gewähren. Beachtet man ein paar Regeln für ein friedvolles Miteinander, wird es auch keine unliebsamen Zwischenfälle geben.
- dem Wespennest nicht zu nahe kommen
- sind Wespen in der Nähe, keine hektischen Bewegungen
- Wespen nicht anpusten
- Fallobst regelmäßig beseitigen
- Vorsicht beim Essen und Trinken im Freien
- gegebenenfalls vor den Fenstern Fliegengitter anbringen
Rechtliches
Zum Schutz der Wespen greifen zwei Gesetze:
- laut § 39 Abs. 1 (…) des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) ist es verboten, „wild lebende Tiere ohne vernünftigen Grund zu töten“. Dieses Gesetz ist natürlich Auslegungssache, bietet aber auch den recht häufigen und lästigen Kurzkopfwespen einen grundsätzlichen Schutz.
- laut § 44 Abs. 1 (…) des Bundesnaturschutzgesetzes ist es verboten, „wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten zu töten.“ Ergänzend hierzu greift der Artenschutz nach der Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV). Zu den geschützten Wespen zählen die Hornissen und drei Arten der Langkopfwespen (Kreiselwespe, Knopfhornwespe und Sächsische Wespe). Doch auch die Mittlere Wespe gilt als schützenswert, wenngleich sie nicht namentlich genannt wird.
Als Bestrafung sieht das Gesetz Bußgelder von 50.000 Euro sowie Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren vor. Auch das sind Gründe genug, sich niemals selbst an ein Wespennest zu vergreifen. Erschwerend kommt hinzu, dass bestimmt nicht jeder Langkopfwespen von Kurzkopfwespen unterscheiden kann. Selbst Verwechselungen mit Bienennester kommen immer wieder mal vor.
Fazit
Es ist das alte Spiel, der Mensch liebt die Natur, solange er meint, sie im Griff zu haben. Vor allem solange sie ihm oder seinem Besitz keinen Schaden zufügt. Dabei gibt es mit den Wespen durchaus die Möglichkeit eines friedvollen Nebeneinanders. Stellen Hausbesitzer, Hausbesitzerinnen Schäden am Haus fest, die vermeintlich durch ein Wespennest entstanden sind, heißt es auch mal ganz ehrlich sein: Wer war zuerst da? Der Riss in der Fassade oder das Wespennest?