Was besagt die Vereinigungsbaulast? – Verständlich erklärt
Inhaltsverzeichnis
Vielfach werden Bauherren durch Bauordnungen für ein Grundstück in der Verwirklichung ihres Traumhauses eingeschränkt, was wiederum zum Nachteil von Baulandverkäufern werden kann. Einhaltung gesetzlich vorgeschriebener Mindestabstände zu den Nachbargrundstücken oder Einhaltung maximale Bebauungsfläche in Abhängigkeit der Grundstücksfläche sind nur zwei mögliche Problembeispiele. Hier kann unter bestimmten Bedingungen eine Vereinigungsbaulast für benachbarte Grundstücke die Lösung sein.
Vereinigungsbaulast – Definition
Wie der Begriff vermuten lässt, handelt es sich in erster Linie um eine Art Vereinigung von zwei oder mehreren Grundstücken. Damit diese „vereint“ werden können, muss es sich um benachbarte Grundstücke handeln. Bei einer Vereinigungsbaulast geht es darum, zwei oder mehrere benachbarte Grundstücke im Baurecht als ein Grundstück zu behandeln. Eine Vereinigungsbaulast setzt grundsätzlich einen baurechtlichen Grund voraus.
Über die Vereinigungsbaulast fallen zum Beispiel Grundstücksgrenzen zwischen den beteiligten Nachbargrundstücken weg. Die Vereinigungsbaulast beinhaltet immer mindestens ein sogenanntes „dienendes Grundstück“. Von diesem beziehungsweise dem Grundstückseigentümer, geht eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung gegenüber der zuständigen Baubehörde aus, seine Grundstücksgrenze zu einem Nachbargrundstück aufzulösen. Damit wird das Nachbargrundstück zum sogenannten „herrschenden“ Part und bei baurechtlichen Fragen muss die Nachbargrenze nicht berücksichtigt werden.
Eigentumsverhältnisse bei Vereinigungsbaulast
Die Eigentumsverhältnisse der einzelnen Grundstücke werden von einer Vereinigungsbaulast nicht berührt. Das heißt, jeder mitwirkende Grundstückseigentümer behält seine Eigentumsrechte an seinem Grundstück in dem Umfang, wie dieser im Grundbuchamt vor einer Vereinigungsbaulast eingetragen war/ist. Eine Vereinigungsbaulast wird nicht im Grundbuch eingetragen. Eine Änderung im Bereich der Steuern kommt ebenfalls nicht zustande.
Verwendung von Vereinigungsbaulasten
Beispiel 1
Herr Meier besitzt auf seinem Grundstück ein Zweifamilienhaus, bei dem die Wohnungen nebeneinander gelegen sind und jede einen eigenen Eingang aufweist. Eine Seite soll nun samt dem an der Seite liegenden Grundstück verkauft werden. Eine Grundstücksteilung macht dies theoretisch möglich. Doch weil das Haus nicht mittig auf dem Grundstück steht, würde sein Grundstückteil deutlich kleiner ausfallen.
Für die ihm verbleibende Grundstücksgröße besagt das Baurecht, dass die bebaute Fläche seiner Haushälfte zu groß sein. Eine Grundstücksteilung wäre damit in diesem Fall nicht möglich. Wird bei der Grundstücksteilung aber gleichzeitig eine Vereinigungsbaulast beantragt und genehmigt, gilt für baurechtliche Bestimmungen das Grundstück auch nach der Teilung weiterhin als eins. Der Hauskäufer erhält als Grundstückseigentümer regulär den Grundbucheintrag.
Beispiel 2
Der Sohn von Frau Schmidt kann günstig das Nachbargrundstück zu dem seiner Mutter kaufen. Um sein Vorhaben von seinem Traumhaus realisieren zu können, müsste er nahe an die Grundstücksgrenze zu Mutters Grundstück bauen. Diese hat keine Einwände, aber die Baubehörde, da er als Bauherr gesetzlich zur Einhaltung des Mindestabstands zu den Grundstücksgrenzen angrenzender Grundstücke verpflichtet ist. Hier kann seine Mutter nun die Verpflichtung zur Anwendung einer Vereinigungsbaulast gegenüber der Baubehörde abgeben. Auf diese Weise löst die Mutter die Grenze zwischen den beiden Grundstücken auf und der Sohn muss diese beim Bauen nicht mehr berücksichtigen.
Beispiel 3
Zwei befreundete Ehepaare haben zwei hintereinander liegende Grundstücke gekauft, die sie bebauen möchten. Für das hintere Grundstück besteht kein Zugang von der Straße für die Erschließung. Das heißt, die Leitungen können nur über das vordere Grundstück in das hintere gelangen. Hier könnten die Ehepaare eine sogenannte Grunddienstbarkeit vereinbaren, die eine bauliche Verlegung über das erste Grundstück rechtlich und auf Dauer festsetzt. Um Kosten zu sparen, entscheiden sich die neuen Grundstückseigentümer zu einer Vereinigungsbaulast. Aus den beiden Grundstücken wird im baurechtlichen Sinn ein Grundstück. In der Folge muss nur das vordere Grundstück erschlossen werden. Daran kann nun das hintere Grundstück angeschlossen werden.
Antragstellung
Pauschal können keine verbindlichen Informationen über die Antragstellung zur Erteilung einer Vereinigungsbaulast gemacht werden, da die einzelnen Bundesländer verschiedene Vorgaben haben können. Dementsprechend dienen folgende Angaben in manchen Punkten lediglich einer Orientierung. Vor der Antragsstellung ist es ratsam, genaue Informationen über die zuständige Behörde einzuholen.
Zuständigkeit
Eine Vereinigungsbaulast kann über das zuständige Bauamt, beziehungsweise die Bauaufsichtsbehörde der Gemeinde beantragt werden.
Antragsteller
Den Antrag kann jeder der beteiligten Grundstückseigentümer stellen. Wer den Antrag stellt, wird in der Regel auch der Rechnungsempfänger für die anfallenden Gebühren.
In jedem Fall hat der Grundstückseigentümer, dessen Grundstück „belastet“ wird, die Baulastbereitschaft mit seiner Unterschrift auf einem gesonderten Formular anzuzeigen. Im Fachjargon wird hier vom „Baulastgeber“ gesprochen. In manchen Städten/Ländern wird der Baulastgeber nach Antragstellung durch den Bauherren zu einem persönlichen Termin eingeladen, um die Unterschrift zu leisten und direkt eine Beglaubigung dieser vornehmen zu können. Wohnt der Baulastgeber weiter entfernt, kann die Unterschrift an einer Baubehörde in Wohnnähe getätigt und dort beglaubigt werden. Alternativ kann die Unterschriftenbeglaubigung auch über einen Notar erfolgen.
Vorzulegende Unterlagen/Dokumente
- Ausgefülltes und unterschriebenes Antragsformular
- Baulasterklärung des Baulastgebers mit Unterschriftbeglaubigung
- Aktueller Grundbuchauszug aller beteiligten Grundstücke (dürfen nicht älter als drei Monate sein)
- Katasterauszüge aller beteiligten Grundstücke
- Lageplan in fünffacher Ausfertigung mit Markierung und Abmessungen der zu belastenden Grundstücksfläche
- Je nach Baubehörde, gegebenenfalls separates Kostenübernahmeformular für die entstehenden Gebühren
- Handelt es sich um Gewerbe- oder Vereinsgrundstück, sind Handels- oder Vereinsregisterauszüge einzureichen
Bearbeitungsvorgang
Liegen alle erforderlichen Unterlagen und Unterschriften vor, wird durch die Bauaufsichtsbehörde ein sogenanntes Baugenehmigungsverfahren in die Wege geleitet. Die Bearbeitungsdauer kann je nach Arbeitsaufkommen und Einzelfall, stark variieren. Im Durchschnitt ist mit einer Bearbeitungsdauer zwischen vier und sechs Wochen zu rechnen.
Wird dem Antrag stattgegeben, erfolgt eine Eintragung in das Baulastenverzeichnis und die Vereinigungsbaulast wird rechtskräftig.
Kosten
Je nach Gemeinde, Verwaltungsaufwand, wirtschaftlichen Wert oder anderem Baulastnutzen, werden die Kosten in der Regel individuell zusammengestellt. Sie variieren zwischen 60 Euro und 500 Euro. Die Gebührenerstattung wird auch dann fällig, wenn sich der Baulastgeber nach bereits betätigter Antragstellung anders überlegen würde und die Baulasterklärung nicht unterschreibt. Es besteht die Möglichkeit, eine schriftliche Auskunft über Eintragungen im Baulastenverzeichnis zu beantragen. Hier wird erneut eine Gebühr zwischen 15 Euro und 50 Euro fällig.
Vereinigungsbaulast bei Erbe oder Verkauf
Findet durch Verkauf oder Erbschaft ein Eigentümerwechsel des Grundstücks statt, für das die Verpflichtung der Grundstücksvereinigung eingegangen wurde, bleibt diese unberührt und weiter fortbestehen. Dies dient zum Schutz des Eigentümers des „herrschenden“ Grundstücks. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass bei einem eventuellen Wegfall der Verpflichtung, der Grundstücksnachbar im schlimmsten Fall sein Haus oder Teile davon abreißen muss, wenn dies über die (ehemalige) Grundstücksgrenze hinweg gebaut wurde.
Löschung einer Vereinigungsbaulast
Ist eine Vereinigungsbaulast auf ein oder mehrere Grundstücke eingetragen, kann diese unter bestimmten Bedingungen gelöscht werden. Folgende Voraussetzungen müssen gegeben sein:
- Der ursprünglich geplante Bau findet nicht statt (Wegfall des Grunds)
- Es besteht kein öffentliches Interesse an der Aufrechterhaltung einer Vereinigungsbaulast
- Einverständnis der zuständigen Bauaufsichtsbehörde muss vorliegen
Einfluss auf den Grundstückswert
Da mindestens zwei Grundstücke an einer Vereinigungsbaulast beteiligt sind, bedeutet dies in der Regel, dass für einen Teil einen Nachteil und für den anderen ein Vorteil entsteht. Den Vorteil hat das „herrschende“ Grundstück, welches von der Auflösung der Grundstücksgrenze zum Nachbargrundstück profitiert. Eine Wertsteigerung der Immobilie kann die Folge sein.
Das Grundstück, für das eine Baulast eingetragen ist, verliert sein Recht auf die klare Abgrenzung zum Nachbargrundstück. Dies kann sich unter Umständen wertmindernd auf eine Immobilie auswirken.
Je nach Einzelfall und Bebauung kommt eine Wertminderung nicht in jedem Fall vor. Zu berücksichtigen ist dabei, dass eine Vereinigungsbaulast mehr Flexibilität bei der Bebauung bietet, die ohne diese baurechtliche Vereinbarung nicht möglich sein würde. Ob und in wie weit welches Grundstück mit einer Wertminderung oder Wertsteigerung zu rechnen hat, kann über einen Sachverständigen und ein entsprechendes Gutachten ermittelt werden.