Reben schneiden – Anleitung und richtiger Zeitpunkt
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Reben schneiden scheint eine Wissenschaft für sich zu sein. Doch mit einer Anleitung für den richtigen Schnitt, mit etwas Zeit und Muße, durchaus machbar. Die Reben benötigen jedes Jahr einen Winterschnitt. Weitere Maßnahmen, wie das Ausbrechen im Frühjahr, der Auslichtungsschnitt, Sommerschnitt oder Verjüngungsschnitt können das Gesamtergebnis optimieren, sind aber nicht in jedem Fall erforderlich. Zum Thema Rebschnitt gibt es einige Kontroversen. Nicht verunsichern lassen. Bei Weinreben gilt: lieber zu viel als zu wenig geschnitten. Mit jedem Jahr wird man dazu lernen.
Winterschnitt
Was ist der richtige Zeitpunkt für den Winterschnitt? Hier beginnt schon die erste Diskussion. So wird von einigen der November, Dezember als die beste Zeit angegeben. Andere schneiden im Februar, März. Das Argument der November-Dezember Verfechter: Im Frühjahr beginnt bereits der Saft einzuschießen, sodass die Äste beim Beschneiden bluten. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, schneidet seine Reben irgendwann von November bis spätestens Februar. Wichtig ist, dass die Temperaturen nicht weit unter 0 °C liegen. Hier gibt es einige Unterschiede bei den Rebsorten. Am besten vorher erkundigen, bei wie viel Grad minus der Winterschnitt für die Pflanze verträglich ist. Besondere Auswirkungen auf die Ernte in Bezug auf die unterschiedlichen Schnittzeiten sind nicht dokumentiert. Für den Schnitt selbst ist es wichtig, die verschiedenen Holzarten der neuen Triebe am Rebstock zu erkennen, es gibt:
- Fruchtholz: wichtig für die Ernte; wird kurz, mittel oder lang beschnitten
- Ersatzholz: Triebe, die für die Holzbildung im nächsten Jahr wichtig sein können
- Stammholz: Triebe, die wichtig für die Grundform der Rebe sein können (Erziehung)
Für den normalen Winterschnitt (ohne Erziehung) ist das Fruchtholz wichtig. Das sind Triebe, die im letzten Jahr gewachsen sind (Vorjahresholz), an denen Knospen erkennbar sind. Sie befinden sich in einem Abstand von 5 bis 10 cm zueinander und sind saftig grün, wenn man sie anschneidet. Diese Triebe werden bis auf 2 bis 6 Augen eingekürzt (kurzer bis mittlerer Beschnitt). Als Faustregel gilt, dass nach dem Beschnitt noch mehr als 20 Knospen auf den Quadratmeter vorhanden sein sollen.
Der nächste Arbeitsschritt ist die Bewertung der beschnittenen Triebe. Nur die Besten bleiben bestehen. Sie sind stammnah und fast bleistiftdick. Pro Quadratmeter sind das um die sechs Triebe auf den Quadratmeter. Diese kann man dann, um sich die Arbeit zu erleichtern, mit einem farbigen Bändchen markieren. Jetzt werden die übrig geblieben Triebe, bündig mit dem nächsten dickeren Trieb, entfernt.
Ganz schön kahl sieht die Rebe nun aus. Kein Wunder, denn damit sind fast 80-90% der Weinrebe entfernt. Zum Schluss folgt der Feinschnitt. Die markierten Triebe werden nochmals beschnitten. Dabei unterscheidet man nach ihrem Sitz am Stamm. Bei den oberen Reben lässt man bis zu sechs Augen stehen, bei den unteren kürzt man ein weiteres Mal und lässt nur noch 2 bis 3 Augen stehen. Zum Schluss werden noch wilde Triebe (Wassertriebe) am älteren Holz entfernt.
Grundsätzlich muss beim Beschnitt Folgendes beachtet werden:
- sauberes, scharfes Schnittwerkzeug verwenden
- man lässt beim Schnitt einen Stummel über der letzten Knospe stehen; Schnitt erfolgt zwischen zwei Knospen
- Schnitt schräg durchführen
Ausbrechen
Mit dem Frühjahrsschnitt ist meistens das Ausbrechen gemeint. Dabei werden Wassergeschosse (Wassertriebe), alles was aus dem alten Stammholz hervorsprießt, herausgebrochen. Das geht ganz leicht ohne Werkzeug. Auch Triebe, die aus dem Fruchtholz hervorsprießen und keine Fruchtansätze erkennen lassen, werden entfernt. Ein Trieb sollte aber pro Fruchtholz-Trieb dran bleiben, auch wenn keine Fruchtansätze zu erkennen sind. Kommen mehrere Triebe aus einem Fruchtansatz am Fruchtholz, lässt man nur den stärksten weiterwachsen.
Auslichtungsschnitt
Der Auslichtungsschnitt ist nicht in jedem Fall erforderlich. Er wird bei älteren Reben angewendet, die ohne Erziehung oder lange Zeit ohne Schnitt gewachsen sind. Man spricht in diesem Fall von einer Verwahrlosung der Rebe. Man erkennt das an vielen durcheinanderwachsenden Ästen, die zum Teil (besonders im unteren Bereich) nur noch spärlich Blätter austreiben. Beim Auslichtungsschnitt wird Totholz entfernt und falls vorhanden, alle befallenen und kranken Teile der Rebe. Überzählige Stammäste werden dabei, je nach Form, weggeschnitten oder gekürzt. Der beste Zeitpunkt für den Auslichtungsschnitt ist im Februar, März, wenn die Reben noch kein Laub tragen.
Sommerschnitt
Der Sommerschnitt ist etwas für ambitionierte Gärtner oder Winzer. Damit kann für eine reiche Ernte gesorgt werden oder für besonders akkurat wachsende Reben am Spalier. Ob ein Sommerschnitt Sinn machen kann, hängt auch von der Wüchsigkeit der Rebsorten ab. Stark wüchsige Sorten bilden zu Beginn übermäßig viele Triebe, sodass man ohne Sommerschnitt mit den Jahren vor lauter Blätter den Überblick verlieren kann. Die beste Zeit dafür ist der Juni. Doch eigentlich können diese Korrekturschnitte den ganzen Sommer über erfolgen. Beim Sommerschnitt werden besonders lange Triebe und nicht tragende Geiz- oder Wassertriebe entfernt.
Zum Sommerschnitt gehört auch der sogenannte Grünschnitt, eine stellenweise Entlaubung. Dabei werden alle Blätter entfernt, die den Fruchtansätzen die Sonne nehmen. Das sollte nach und nach geschehen. Ansonsten könnten die jungen Trauben, bei der radikalen Entfernung ihres Sonnenschutzes, einen Sonnenbrand bekommen. Mit dieser Maßnahme reifen die Trauben eher und werden größer. Zudem wird auch das Risiko eines Schmimmelbefalls vermindert.
Verjüngungsschnitt
Nach fünf bis zehn Jahren kann es notwendig werden, den Rebstock zu verjüngen. Das erkennt man daran, dass die Abgänge (die dicken Seitenäste vom Hauptstamm) knorrig und überaltert sind. Nun gilt es, dort einen neuen „Abgang“ zu züchten. Dafür sucht man sich einen Wassertrieb, möglichst dicht beim Stamm. Er schießt lang und gerade in die Höhe und muss nun bis auf wenige Knospen eingekürzt werden. Der Abgang wird ebenfalls, nach dem Wassertrieb, eingekürzt. Aus den unteren Knospen des Wassertriebes sollten nun neuen Fruchttriebe wachsen. Tipp: Sollte kein Wassertrieb zu finden sein, so lässt er sich provozieren. Schäden oder Quetschungen von Ästen bringen oft Wassertriebe hervor. Dafür kann man an der gewünschten Stelle mit der stumpfen Seite eines Messers oder einer Schere auf den Stamm schlagen, gerade so stark, dass ein paar Fasern gequetscht werden.
Fazit
Auch wenn sich das zunächst alles sehr kompliziert und arbeitsaufwendig anhört, wer sich an Weinreben erfreuen möchte, sollte sich ein wenig mit diesem Thema auseinandersetzen. Mit jedem Jahr lernt man dazu und bekommt mit der Zeit ein Gefühl dafür, welcher Schnitt, wann notwendig wird. Eine regelmäßige Kontrolle, Freude bei der Pflege und Beobachtung des Wuchsverhaltens erleichtern die Schnittarbeiten für gesunde, schöngewachsene Reben.
Wissenswertes in Kürze
Zeitpunkt
- Geschnitten werden die Reben im Frühjahr von Februar bis März.
- Damit bleibt das Verhältnis zwischen dem Wachstum des Stockes und dem Fruchterfolg ausgewogen.
- In der Regel gilt: Je stärker der Rückschnitt ist, umso größer ist das Wachstum des Stockes und umso geringer der Fruchterfolg.
- Dies ist deshalb so, weil der Weinstock seine Blütenknospen schon im Vorjahr anlegt.
Grundregeln
- Alte Stöcke kräftig, junge weniger zurückschneiden: Ein kräftiger Rückschnitt kann bei einem alten, erschöpften Weinstock wie ein Jungbrunnen wirken, weil dieser dadurch zu neuem Wachstum angeregt wird. Genau anders herum geht man bei einem jungen Stock vor. Dessen Wachstum kann gebremst werden, wenn man an ihm mehr Fruchtholz belässt.
- Wasserschosse schneiden, einjähriges Holz stehen lassen: Die Blüten entstehen an den grünen, diesjährigen Trieben, welche aus einjährigem Holz kommen. Unfruchtbar sind die so genannten Wasserschosse. Sie wachsen direkt aus altem Holz, das älter als zwei Jahre ist.
Rute und Zapfen
- Unter einer Rute versteht man einen Trieb, der auf acht bis zwölf Augen zurück geschnitten wird.
- Wenn von einem Zapfen die Rede ist, dann ist ein Trieb gemeint, der auf ein bis zwei Augen gekürzt wird.
Schneiden
- Mit dem einjährigen Holz werden üblicherweise 90 Prozent der vorhandenen Augen entfernt.
- Ausgeschnitten werden kann eine komplette Etage aus dem Spalier. Dabei muss nicht befürchtet werden, dass der Stock abstirbt.
- Im Gegenteil: Dadurch kann ein älterer Stock sogar verjüngt werden.
- Die zweckmäßigste Form bei einem als Spalier erzogenem Weinstock ist der Zapfenschnitt.
- Es muss verhindert werden, dass der Zapfen immer weiter nach oben wandert. Dazu wird der Zapfen möglichst kurz angeschnitten.
- Lediglich ein bis zwei sichtbare Augen verbleiben am Zapfen.
- Abgeschnitten wird der einjährige Trieb genau in der Mitte zwischen zwei Augen.
- Verhindert werden muss auch ein zu dichtes Laub, weil dies die Trauben beschattet und es dadurch auch relativ leicht zu Pilzerkrankungen kommen kann. Deshalb sollte zwischen den Zapfen ungefähr ein Abstand in der Länge einer Rebschere (rund 20 cm) gelassen werden.