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Bäume schneiden – wann ist es erlaubt?

Losbaum

Über erlaubte Zeitpunkte zum Bäume schneiden gibt es immer wieder Diskussionen, und für tiefgreifende Schnittmaßnahmen ist tatsächlich umstritten, ob das Sommerschnittverbot auch im Privatgarten gilt. Es gibt weitere Vorschriften, die auch Tun im Hausgarten regeln, nachfolgend wird auch auf das Verhältnis dieser ganzen Regelungen eingegangen. Und darauf, dass es sich nicht um Bürokratie-Auswüchse handelt, sondern darum, Natur und Umwelt so zu schützen, wie es inzwischen die Mehrheit der Gesellschaft fordert.

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Die Bäume im Privatgarten und das Naturschutzgesetz

Die Bäume im Privatgarten behandelt § 39 Abs. 5 Nr. 2 BNatSchG: Es ist verboten, Bäume, die außerhalb des Waldes, von Kurzumtriebsplantagen oder gärtnerisch genutzten Grundflächen stehen, Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September abzuschneiden oder auf den Stock zu setzen; zulässig sind schonende Form- und Pflegeschnitte zur Beseitigung des Zuwachses der Pflanzen oder zur Gesunderhaltung von Bäumen.

Entscheidend ist hier die genaue Interpretation des Wortlauts: Wenn der Haus- und Kleingarten eine „gärtnerisch genutzte Grundfläche“ ist, steht der Baum im Garten nicht in dem Bereich, den das Verbot des § 39 Abs. 5 betrifft, und Sie können Ihre Bäume schneiden, wann Sie wollen (Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze allerdings nicht).

Genau so sieht es der Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e.V., der kurz nach Inkrafttreten des Gesetzes meldete, was er „erreicht habe“: Die Definition des Begriffs „gärtnerisch genutzte Grundfläche“ im Bundesnaturschutzgesetz werde nun analog dem Pflanzenschutzrecht vorgenommen. Laut Artikel in www.baulinks.de/webplugin/2010/0671.php4, hatte der BGL „gefordert“, dass unter den Begriff „gärtnerisch genutzte Grundflächen“ auch Haus- und Kleingärten fallen. Das Bundesumweltministerum habe die Landesministerien entsprechend informiert, in Nordrhein-Westfalen und Hessen gäbe es „erste übereinstimmende Reaktionen darauf“, der BGL „habe alle Bundesländer aufgefordert, dieser Auslegung zu folgen und entsprechende Verlautbarungen zu verfassen“.

Dieser Bürger mit normalem demokratischen Bewusstsein zutiefst verstörende Artikel (ein Verband „fordert“ die Deutungsmacht darüber, wie ein gesetzlicher Begriff zu interpretieren ist, „erreicht“ die Anerkennung seiner Definition und fordert daraufhin die Bundesländer auf, seiner Auslegung des Begriffs zu folgen und entsprechende Verlautbarungen zu verfassen) nennt auch gleich die Rechtfertigung für dieses an Diktatorenregiment erinnernde Gebaren: Laut BGL-Präsident schaffe die BGL-Sicht der Dinge Handlungssicherheit für die Betriebe des Garten-, Landschafts- und Sportplatzbaues.

Die durch Privatleute mit Blick auf eigene Interessen erfolgte Definition gesetzlicher Begriffe schafft Handlungs- bzw. Rechtssicherheit? Eine ebenso merkwürdige wie gefährliche Auffassung, denn Zweck des Rechts ist es ja gerade, die Interessen aller Mitglieder der Gesellschaft auszugleichen.

Bergahorn

Dem ist auch nicht so: Das Bundesamt für Naturschutz äußert sich zu diesem Begriff nicht unbedingt im Sinne des BGL: „Gärtnerisch genutzt“ und damit vom Baumschnittverbot ausgenommen seien insbesondere Flächen des Erwerbsgartenbaus. Viele Bundesländer behandelten bei Ausführung der Vorschrift darüber hinaus auch nicht erwerbswirtschaftlich, sondern rein privat genutzte Haus-, Zier- und Kleingärten als vom Verbot ausgenommen (www.bfn.de/0320_gehoelzschnitt.html).

Wie Ihr Landesrecht den Begriff „gärtnerisch genutzt“ auslegt, müssten Sie jeweils gesondert erkunden, unter de.wikipedia.org/wiki/Landesnaturschutzgesetz finden Sie die Gesetze, Sie können aber auch Ihre Naturschutzbehörde fragen. Wenn ihr Landesrecht den § 39 Abs. 5 Nr. 2 BNatSchG im Sinne des gesetzlichen Schutzzweckes eng auslegt, dürfen Sie die Bäume im Garten (und Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze) in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September weder abschneiden noch auf den Stock setzen.

Der Artenschutz

Laut Bundesamt für Naturschutz kommen neben dem o.g. Schneideverbot außerdem weiter gehende Vorschriften zur Anwendung:

§ 44 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG als Vorschriften des besonderen Artenschutzes: Wild lebende Tiere der besonders geschützten Arten dürfen nicht verletzt, getötet, als Jungtier aus der Natur entnommen, beschädigt werden und auch deren Fortpflanzungs- und Ruhestätten dürfen nicht entnommen / beschädigt werden.

Besonders geschützt sind alle europäischen Vogelarten, Fortpflanzungs- und Ruhestätten sind die Vogelnester, egal ob in Bäumen, Hecken, lebenden Zäune, Gebüschen und andere Gehölzen; egal ob innerhalb oder außerhalb des Gartens, egal ob viel oder wenig Schnitt – wenn Sie beim Schneiden das Vogelnest plattmachen, sind Sie dran, mit der Folge interessanter Geldbußen bis zu 50.000,- Euro.

Wie Sie gleich unten sehen werden, gründen sich solche Vorschriften auf einen weitgehenden Konsens unserer Gesellschaft, was erstens zur Folge hat, dass Behörden und Gerichte sich mehr um Durchsetzung der gesetzlichen Regelungen kümmern und zweitens dazu führt, dass die Bevölkerung auf Übergriffe in ihrem Umfeld sensibler reagiert.

Die kommunale Baumschutzsatzung

Aber richtig schlimm sind die Einschränkungen ja nicht: Nach allen bisher aufgeführten Gesetzen ist können Sie Ihre Bäume im Winter immer und so viel Sie wollen beschneiden und vom 1. März bis zum 30. September alle notwendigen Pflegeschnitte durchführen, solange darunter keine Vögel (oder andere Wildtiere, s. gleich unten) leiden.

Sobald es um tiefe Schnitte geht bzw. darum, einen Baum ganz zu beseitigen, ist erst die landesrechtliche Auslegung des § 39 Abs. 5 Nr. 2 BNatSchG zu ermitteln – und dann kommt Ihre kommunale Baumschutzsatzung zum Zug, die die speziellste Regelung trifft.

Die meisten Baumschutzsatzungen regeln für normale Schnittmaßnahmen nicht viel mehr als das oben Geschilderte, interessant wird es erst, wenn das „Schneiden“ ein „Fällen“ wird, und hier haben die Kommunalsatzungen ganz unterschiedliche Ideen, welche Baumarten ab wann geschützt sind. Aber auch in Bezug auf den ganz normalen Pflegeschnitt könnten Überraschungen lauern, immer wenn Sie nicht nur mit der Handschere einzelne Äste schneiden, sondern viel und mit lauten Motoren vorgehen wollen, lohnt sich im Zweifel ein Anruf beim örtlichen Umweltamt.

Dort berät man Sie auch gleich über die Voraussetzungen einer Fällgenehmigung, wenn ein Baum / Ast Passanten oder sonstige Mitbürger ohne Schnitt bedroht oder wenn beim Schnitt Passanten oder sonstige Mitbürger geschädigt werden könnten, und was dann zu tun ist.

Naturschutzgesetze und Privatgarten

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Grundsätzlich zum Verhältnis Naturschutzgesetze und Privatgarten: In seinem Privatgarten kann ein Grundstückseigentümer erst einmal machen, was er will – direkt aus dem Grundgesetz, Art 2 Abs. 1, Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, auch Gärtnern gehört dazu, und Art 14 Abs. 1, das Eigentum wird gewährleistet, erst einmal auch am Gartenboden und den darin wachsenden Pflanzen.

Aber Art 2 gilt nur, soweit der Gärtner „nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt“ (Abs. 1 2. Halbsatz). Und Art 14 sagt auch gleich in Abs. 1, dass Inhalt und Schranken des Eigentums durch die Gesetze bestimmt werden, und in Abs. 2, dass Eigentum verpflichtet und sein Gebrauch zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen soll. Einschränkungen des Eigentums sind also recht umfassend möglich, hinter dieser Vorschrift steckt die Idee, dass die Regierung einer Demokratie auf gerechte Teilhabe aller hinarbeiten müsse und nicht auf wachsende Kluft zwischen Arm und Reich (wie es tatsächlich gerade geschieht, Oxfam-Studie Januar 2015: 2016 wird 1 % der Weltbevölkerung 50 % des gesamten Wohlstands besitzen, www.oxfam.de/presse/pressemitteilungen/2015-01-19-oxfam-soziale-ungleichheit-waechst-schockierend-schnell).

Das nur am Rande, das Tun und Lassen im privaten Hausgarten kann also durch das Bundesnaturschutzgesetz (und andere Gesetze) geregelt werden. Im Interesse aller Bürger muss ein Gesetzgeber in einer Demokratie immer dann eine Regelung in einem bestimmten Bereich vornehmen, wenn der Schutzzweck des entsprechenden Gesetzes eine Regelung erfordert.

Das kann auch durch Anpassung eines Gesetzes an eine sich verändernde gesellschaftliche Wirklichkeit geschehen, durch den Gesetzgeber oder durch Auslegung einer Vorschrift durch die Gerichte. So sagt z. B. die Zielbeschreibung des BNatSchG in § 1 Abs. 6, dass „gartenbaulich genutzte Flächen, zu erhalten sind“. Es wäre durchaus vorstellbar, dass ein Gericht den Privatgarten auch hier als gartenbaulich genutzte Fläche einstuft, um ihn als Grünfläche zu erhalten, wenn es im Jahr 2020 Mode würde, seinen Garten vollflächig zu betonieren und mit Schadstoffe ausdünstendem Kunstrasen zu belegen.

Aktuell enthält das BNatSchG über den umstrittenen „Baumschnitt-Paragraphen“ hinaus kaum Regelungen, die den Privatgarten betreffen. Bis auf den § 39, Allgemeiner Schutz wild lebender Tiere und Pflanzen; der allerdings greift ziemlich umfassend in den Privatgarten ein:

  • Wild lebende Tiere mutwillig zu beunruhigen, ohne vernünftigen Grund zu fangen, zu verletzen, zu töten, ist verboten, auch im Garten
  • Auch deren Lebensstätten dürfen nicht ohne vernünftigen Grund beeinträchtigt oder zerstören werden
  • Das betrifft im Grunde das ganze tierische Leben und die Erscheinungen, die es in Ihrem Garten ausbildet, und der vernünftige Grund zum Eingriff wird von den zuständigen Naturschutzbehörden eher eng ausgelegt.

Die Umwelt, die Bevölkerung und das „neue“ Bundesnaturschutzgesetz

All diese Regelungen sind Ausdruck des Willens unserer Gesellschaft, die immer mehr begreift, dass gesunde Natur und Umwelt zu den wichtigsten Lebensgrundlagen gehören: Jeder fünfte Deutsche sieht im Thema Umwelt eines der „wichtigsten Probleme, denen sich Deutschland gegenübersieht“. Für rund ein Drittel der Befragten ist (gesunde) Natur und Umwelt ein wichtiger Bestandteil eines guten Lebens, lebenswerte Gestaltung der Umwelt sei eine der Herausforderungen unserer Zukunft.

Gut die Hälfte der Deutschen interessiert sich aktiv für Umwelt- und Naturschutz, besonders (mit eigenem Engagement?) oder zumindest als fester Bestandteil des täglichen Lebens. Knapp zwei Drittel der Befragten (63 Prozent) sehen in ausreichendem Umwelt- und Klimaschutz eine grundlegende Voraussetzung dafür, die Zukunftsaufgaben der Menschheit wie Globalisierung zu meistern. Während im Jahr 2010 noch eine Einschränkung des Umweltschutzes zugunsten wirtschaftlicher Belange für notwendig gehalten wurde oder zumindest hingenommen wurde, wird inzwischen weitgehend wirtschaftliches Handeln ohne Umweltschädigung als einzig zukunftsfähige Lösung angesehen.

Insgesamt wird Natur-, Umwelt- und Klimaschutz in der Gesellschaft also ein zunehmend höher Stellenwert eingeräumt – dass sich unsere Bundesregierung in diesen Bereichen genug engagiert, meinen jedoch nur 34 Prozent der Bürger (Daten aus de.statista.com/statistik/daten/studie/170945/umfrage/interesse-an-naturschutz-und-umweltschutz + Studie des Umweltbundesamtes vom März 2015, www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/umweltbewusstsein_in_deutschland.pdf)

Aber immerhin hat der Gesetzgeber etwas getan, ab 01. März 2010 haben wir das neue Bundesnaturschutzgesetz, das in seinem § 1 Naturschutz und Landschaftspflege zum allgemeinen gesellschaftlichen Ziel erklärt, weil „Natur und Landschaft auf Grund ihres eigenen Wertes und als Grundlage für Leben und Gesundheit des Menschen auch in Verantwortung für die künftigen Generationen im besiedelten und unbesiedelten Bereich nach Maßgabe der nachfolgenden Absätze zu schützen, sind“ (§ 1 Abs. 1).

Platane

Es schreibt in vielen Einzelheiten vor, wie Natur und Landschaft zu schützen sind. In § 5 Abs. 2 wird z. B. die Landwirtschaft verpflichtet, bei der landwirtschaftlichen Nutzung … insbesondere die folgenden Grundsätze der guten fachlichen Praxis zu beachten, u. a. indem

  • „nachhaltige Bodenfruchtbarkeit“ (gemeint ist vermutlich nachhaltige Bewirtschaftung, die die Bodenfruchtbarkeit erhält) und langfristige Nutzbarkeit der Flächen gewährleistet wird
  • die natürliche Ausstattung der Nutzfläche (Boden, Wasser, Flora, Fauna) nicht über das zur Erzielung eines nachhaltigen Ertrages erforderliche Maß hinaus beeinträchtigt wird
  • Tierhaltung in einem ausgewogenen Verhältnis zum Pflanzenbau steht
  • schädliche Umweltauswirkungen zu vermeiden sind.

Wenn dieses (geltende) Gesetz tatsächlich durchgesetzt würde, wären damit große Teile der „konventionellen Landwirtschaft“ und „konventionellen Tierhaltung“ verboten, weil sie diesen Vorgaben nicht genügen. Konventionell steht in Anführungsstrichen, weil eine Konvention eine Übereinkunft ist – der Begriff wäre angemessen, wenn die Arbeitsweise der „konventionellen Landwirtschaft“ und „konventionellen (Massen-) Tierhaltung“ unseres Staates von der Gesellschaft gebilligt würde. Was nicht der Fall ist, eine Konvention besteht nur zwischen der Agrarindustrie und (großen) Teilen des Handels. Der § 5 Abs. 2 wurde auch erst 2003 ins Gesetz aufgenommen, nach langjährigen Auseinandersetzungen mit den landwirtschaftlichen Interessenverbänden.

In § 5 Abs. 3 ist der Wald dran, der in den vergangenen Jahrzehnten unter schneller Aufforstung mit gebietsfremden Bäumen und Bearbeitung mit schweren Maschinen sehr gelitten hat, z. B. mit folgenden Vorgaben: Bei forstlicher Nutzung des Waldes ist das Ziel zu verfolgen, naturnahe Wälder aufzubauen und ohne Kahlschläge nachhaltig zu bewirtschaften, mit hinreichendem Anteil standortheimischer Forstpflanzen.

Das Bundesnaturschutzgesetz richtet sich grundsätzlich auch an jeden Bürger, der aufgefordert wird, „nach seinen Möglichkeiten zur Verwirklichung der Ziele und Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege beizutragen und sich so zu verhalten, dass Natur und Landschaft nicht mehr als nach den Umständen unvermeidbar beeinträchtigt werden“ (§ 2).

Fazit

Schnittpflege an Bäumen ist immer erlaubt, solange Sie der umliegenden Natur nicht schaden. Ob Sie Bäume im Sommer tiefgreifend beschneiden oder abschneiden dürfen, wäre unter Einbezug landesrechtlicher Vorschriften zu erkunden. Aber Sie können solche Schnittmaßnahmen in den Winter verlegen, dann müssen Sie nur Ihre örtliche Naturschutzbehörde befragen (Beauftragung einer Fachfirma befreit Sie übrigens nicht von der Verantwortung).

Autor Garten-Redaktion
Ich schreibe über alles, was mich in meinem Garten interessiert.

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