Orchideen durch Ableger und Kindel vermehren – Anleitung
Inhaltsverzeichnis
Sind die Aspekte einer fachgerechten Pflege von Orchideen zu einer Selbstverständlichkeit gediehen, lockt den Hobbygärtner die Herausforderung einer Nachzucht weiterer Exemplare in Eigenregie. Die unkomplizierte vegetative Vermehrung bringt Jungpflanzen hervor, die ihrer Mutterpflanze in allen Attributen ähneln. Darüber hinaus punktet die Methode mit blühenden Resultaten innerhalb kurzer Zeit, weil diese auf der Verwendung fortpflanzungsfähiger Pflanzenkomponenten basiert. Die folgende Anleitung erklärt praxisorientiert, wie Sie Orchideen durch Ableger und Kindel vermehren.
Anleitung für die Vermehrung mit Ablegern
Einige der edelsten Vertreter innerhalb der facettenreichen Orchideen-Familie empfehlen sich für die Vermehrung mit Ablegern in Form von Kopfstecklingen. Dieser Umstand basiert auf einem monopdialem Wachstum. Mit diesem Fachausdruck definieren Orchideen-Gärtner die Entwicklung eines einzigen Sprosses, der an der Basis reich belaubt und mit einem traubigen Blütenstand gekrönt wird. Eine berühmte Gattung mit diesem Attribut ist die bezaubernde Vanda-Orchidee mit ihren prächtigen Arten und Hybriden. Mit ein wenig Glück entsprießen den Blattachseln oder unmittelbar aus dem Stamm kleine Luftwurzeln, woraufhin sich ein zierlicher Trieb entwickelt. Schenken Sie dem Seitenspross einige Wochen Ihre besondere Aufmerksamkeit, verfügen Sie über einen vitalen Kopfsteckling, – ein unschätzbares Kleinod für jeden Orchideen-Freund. In diesen Schritten gehen Sie dabei vor:
- Das Wachstum der kleinen Luftwurzeln fördern, indem diese in feuchtes Sphagnum gehüllt werden
- Diese Moos-Packung konstant leicht feucht halten mit kalkfreiem Wasser
- Hat der Ableger eine Höhe von 20 Zentimetern und mehr erreicht, mit scharfer Klinge abschneiden
- Einen transparenten Topf mit Orchideensubstrat füllen, um den Steckling 5-6 Zentimeter tief zu pflanzen
- Am halbschattigen, warmen Fensterplatz sparsam gießen
Diese Form der Vermehrung fungiert zugleich als Verjüngung, wenn ein einziger Spross gedeiht und zu lang wurde. In diesem Fall trennen Sie das Triebende mit einer Länge von 35-40 Zentimetern ab. Je mehr Luftwurzeln sich oberhalb der Schnittstelle befinden, desto erfolgversprechender gestaltet sich der Prozess. Diesen Kopfsteckling pflanzen Sie in ein Gemisch aus Substrat und Sphagnum. Die auf diese Weise gestutzte Orchidee treibt innerhalb kurzer Zeit erneut aus, sodass ein kompakter Habitus wiederhergestellt ist.
Kindel
Eine der führenden Orchideen-Gattungen punktet nicht nur mit einer unkomplizierten Pflege, sondern bringt nahezu vollständig ausgebildete Tochterpflanzen hervor. Die Rede ist von Phalaenopsis, bekannt als Nachtfalter-Orchidee. Weitere beliebte Gattungen vollbringen ebenfalls dieses botanische Meisterstück, wie die anmutige, terrestrische Calanthe oder die überreich blühende, epipyhtische Epidendrum. Gedeihen an den Blütenstängeln oder im Bereich der Bulben kleine, beblätterte Triebe, beschenkt Ihre Orchidee Sie mit einem Kindel oder Keiki. Lassen Sie dem Winzling mehrere Monate Zeit, um an der Mutterpflanze lange Wurzeln und mindestens 2 Blätter zu entwickeln. Dann ist die Mini-Orchidee soweit ausgereift, dass diese für die Vermehrung zu verwenden ist. Optisch erkennbar ist der richtige Zeitpunkt an einer gelben Verfärbung der Verbindung von Kindel und Mutterpflanze. So gelingt es:
- Die Tochterpflanze mit einem Messer oder einer Rasierklinge abtrennen
- Einpflanzen in spezielle Pinienerde oder einen Mix aus Torf, Osmunda-Fasern, Blähton und Vermiculit
- Dem Gefäß eine transparente, perforierte Haube überstülpen
- Idealerweise steht ein beheizbares Mini-Gewächshaus zur Verfügung
Während der folgenden 5-6 Wochen gießen Sie Ihren Zögling zurückhaltend, um ihn auf diese Weise zu einem verstärkten Wurzelwachstum zu animieren. In der Folge pflegen Sie die junge Orchidee wie ein adultes Exemplar.
Vermehrung in Nodienkultur
Prachtvolle Orchideen, wie Dendrobium Phalaenopsis oder Phajus tankervilleae bringen entlang ihrer Sprossachse unzählige Blüten hervor. Sprießt ein junges Exemplar hervor, befinden sich darauf mehrere Blattknoten, in der Fachsprache als Nodien bezeichnet. Diese Triebe verfügen über das Potenzial, sich in eine eigenständige Orchidee zu verwandeln. Die folgende Anleitung zeigt auf, wie es geht:
- Eine unbeblätterte Sprossachse mit mindestens zwei Augen abschneiden
- Einen Anzuchttopf füllen mit Torf-Sand, Sphagnum oder handelsüblicher Anzuchterde
- Den Ableger horizontal auf das Substrat legen, nur ein wenig andrücken und gießen
- Eine Plastiktüte überstülpen und ans halbschattige, warme Fenster verbringen
Bei konstanten 23 bis 25 Grad Celsius halten Sie die Pflanzerde feucht und lüften die Abdeckung täglich. Aus den schlafenden Augen gedeihen aufwärts kleine Triebe und abwärts zarte Wurzeln. Haben diese eine Länge von mehreren Zentimetern erreicht, werden sie umgetopft in klassisches Orchideensubstrat.
Teilung
Kommen weder Ableger noch Kindel für die Vermehrung infrage, sind die Pläne für eine Nachzucht noch lange nicht ad acta zu legen. Eine prächtige Orchidee mit 8 Bulben und mehr, eignet sich hervorragend für die Teilung. So gehen Sie an das Projekt heran:
- Etwa 4 Wochen vor der Teilung das Rhizom im Topf zerschneiden
- Jedes Teilstück verfügt über mindestens 3 Bulben und 2 Triebe
- Sind die Schnittwunden verheilt, wird die Orchidee ausgetopft
Jedes Segment pflanzen Sie nun ein in einen eigenen Topf, gefüllt mit speziellem Substrat für Jungpflanzen. Es besteht kein Grund zur Besorgnis, wenn die Orchideen sich zunächst ein wenig blühfaul geben. Nach einer Zeit der Akklimatisierung entfaltet sich die Blüte umso üppiger.
Pflege-Tipps für Orchideen nach der Vermehrung
Treiben Stecklinge, Kindel und Ableger neu aus, ist die Freude groß. Damit das neu erwachte Pflanzenleben sich bestens etabliert, rücken verschiedene Aspekte der Pflege junger Orchideen in den Fokus. Der folgende Überblick möge dabei als Checkliste dienen:
Standort
- Helle Lage, ohne pralle Sonneneinstrahlung währen der Mittagsstunden
- Über Tag Temperaturen von 19 bis 25 Grad Celsius
- Des Nachts nicht unter 15 Grad Celsius
Während die populäre Phalaenopsis mit dem normalen Raumklima sehr gut zurechtkommt, bedürfen andere Orchideen einer erhöhten Luftfeuchtigkeit. In diesem Fall dienen Luftbefeuchter als eine gute Lösung, ein Zimmerbrunnen oder mit Wasser gefüllte Schalen.
Gießen
- Alle Orchideen bevorzugen zimmerwarmes, kalkarmes Wasser
- Wahlweise ein Mal pro Woche ein Tauchbad gönnen
- Alternativ regelmäßig gießen oder mit weichem Wasser besprühen
Ungeachtet der unüberschaubaren Vielfalt an Orchideen, bevorzugen sie allesamt ein wechselfeuchtes Substrat. Mit Staunässe oder extremer Trockenheit wollen die tropischen Schönheiten nicht konfrontiert werden.
Düngen
- Während der Wachstumsperiode alle 4 bis 6 Wochen düngen
- Einen speziellen Orchideen-Dünger in schwacher Konzentration verwenden
- Alternativ Dünge-Sticks verabreichen
- Flüssigdünger nie auf getrocknetes Substrat applizieren
Vermeiden Sie die Verwendung eines klassischen Blumendüngers. Die hierin befindliche Salzkonzentration ist für Orchideen schädlich. Die Wurzeln erleiden irreparable Verbrennungen.
Substrat
- Für junge Orchideen extra feinkrümelige Pinienerde verwenden
- Pinienrinde zusätzlich mit den Händen zerkleinern, damit die winzigen Wurzeln Fuß fassen
- Zugabe von reiner Holzkohle reduziert Fäulnisgefahr bei Nässe
- Feuchtes Sphagnum verleiht zusätzliche Stabilität in den ersten Monaten
Es ist empfehlenswert, jegliches Substrat vor einer Verwendung zu sterilisieren. Das geschieht ganz einfach in einem feuerfesten Behältnis im Backofen bei 150 Grad innerhalb von 30 Minuten oder bei 800 Watt in der Mikrowelle innerhalb von 10 Minuten.
Schneiden
- Jede Orchideen-Art wird individuell geschnitten
- Grundsätzlich nur verwelkte und verdorrte Pflanzenteile schneiden
- Überzählige Bulben ohne Blätter nach der Blüte abschneiden
- Luftwurzeln nur kappen, wenn kein Leben mehr vorhanden ist
- Blätter erst entfernen, wenn sie vollkommen verwelkt sind
Fazit
Ist die fachgerechte Pflege von Orchideen zu Ihrer zweiten Natur geworden, übt die eigenhändige Vermehrung einen unwiderstehlichen Reiz aus. Träumen Sie nicht länger von einer erfolgreichen Nachzucht Ihrer edlen Blütenschönheiten, denn nach dieser Anleitung wird der Plan gelingen. Unbedingt zu empfehlen ist die vegetative Vermehrung, da Ihnen hierbei fortpflanzungsfähige Pflanzenteile zur Verfügung stehen, aus denen eine exakte Kopie einer Mutterpflanze entsteht. Im Gegensatz dazu erweist sich die generative Vermehrung mittels Aussaat als sehr langwierig, denn frühestens nach 8 bis 10 Jahren dürfen Sie sich über eine erste Blüte freuen. Orchideen durch Ableger und Kindel zu vermehren, wird dagegen mit ein wenig Glück bereits nach einem Jahr mit frischer Blütenpracht belohnt. Ist Ihnen kein Steckling oder Keiki vergönnt, steht als ebenso unkomplizierte Alternative die Teilung zur Verfügung.