Luftwurzeln bei Orchideen – so gehen Sie damit richtig um (u. a. vertrocknete, welke Luftwurzeln)
Inhaltsverzeichnis
Viele Orchideenarten bilden Luftwurzeln aus. Das sind in der Hauptsache die epiphytisch wachsenden Orchideen, hier vor allem die Arten der Phalaenopsis Orchideen. Epiphyten sind Aufsitzerpflanzen, Pflanzen die auf anderen Pflanzen sitzen. Durch die Luftwurzeln nehmen sie Wasser und Nährstoffe auf. Außerdem geben sie ihnen Halt auf den Ästen ihrer Wirtspflanzen. Orchideenfreunde schenken den Luftwurzeln genau so viel Beachtung, wie dem Rest der Pflanze. Der richtige Umgang mit den Wurzeln ist wichtig für gesunde Blätter und eine üppige Blüte.
Funktion und Aussehen
Die Luftwurzeln von Aufsitzerpflanzen haben die spezielle Fähigkeit Wasser und Nährstoffe aus der Luft aufzunehmen. Eine schwammartige Zellschicht (Velamen radicum) sorgt für die Aufnahme und die Speicherung der lebensnotwendigen Grundlagen. Durch diese spezielle, äußere Zellschicht werden das Wasser und die Mineralsalze aus der Luft, durch Stäube und Regen aufgenommen. Durch ihren stabilen und anpassungsfähigen Aufbau bieten die Luftwurzeln den Orchideen zudem sichern Halt auf ihren Wirtsbäumen und -sträuchern. Gemäß ihrer Fähigkeiten werden sie auch Haftwurzeln oder Atemwurzeln genannt. Bei den Orchideen, die als Zimmerpflanzen kultiviert werden, sorgen die Wurzeln für genügend Halt im Substrat. Je weniger Nährstoffe und Wasser sie über das Substrat bekommen, desto mehr bilden sich kreuz und quer wachsende Luftwurzeln außerhalb des Gefäßes. Bei einigen Orchideenarten schimmern die Wurzeln leicht grünlich, sie sind chlorophylltragend. Dadurch gelingt es ihnen auch in Zeiten, in denen klimatisch bedingt wenige Blätter vorhanden sind, die Nährstoffe weiterhin zu verarbeiten. Verzweigungen zeigen die Wurzeln der Orchideen kaum, sie wachsen aber gerne mal kreuz und quer. Zum Ende der jeweiligen Vegetationsperiode erfolgt eine Neubildung von Wurzeln.
Gesundheit
Wer herausfinden möchte, welche Wurzeln noch lebendig und gesund sind, der kann dies am besten überprüfen, indem er die Wurzeln mit Wasser ansprüht. Dann verfärben sich die meisten Wurzeln grün. Zudem lässt sich dann gut erkennen, ob Wasser aufgesogen wird, weil sich Farbe und Form leicht verändern. Die Wurzeln sollten eine pralle und glatte Oberfläche aufweisen.
Faule Wurzeln
Durch zuviel Feuchtigkeit oder ständiges Gießen mitten ins Herz der Orchidee kann es zum Verfaulen der Wurzeln kommen. Die verfaulten Wurzeln müssen entfernt werden. Sind noch genügend gesunde Wurzeln vorhanden und hält man in Zukunft die Pflanze etwas trockener, wird sie sich vollständig erholen können.
Tote, welke Wurzeln
Dass Wurzeln mit der Zeit absterben ist ganz normal. Es ist nicht notwendig, sie sofort zu entfernen, oft können sie der Orchidee noch als Halt dienen. Mit der Wasserprobe erkennt man, welche Wurzeln bereits abgestorben (also völlig trocken) sind und kann sie, falls sie überhandnehmen oder optisch stören, entfernen. Wurzeln, die trocken aussehen sollten jedoch nicht sofort entfernt werden. Vielleicht ist zu wenig (Luft)Feuchtigkeit der Grund. Oft bekommen sie wieder grüne Spitzen, sobald man die Luftfeuchtigkeit erhöht. Regelmäßiges Sprühen oder ein Gefäß mit Wasser in der Nähe kann Abhilfe schaffen und die Wurzeln neu beleben, sofern sie nicht bereits vollständig abgestorben sind.
Pflege
Um eine möglichst hohe Luftfeuchtigkeit zu gewährleisten, besprüht man die Orchidee, samt ihrer Luftwurzeln, feinnebelig mit abgestandenem Wasser. Dieser Vorgang ersetzt natürlich nicht das regelmäßige Gießen. Am besten sprüht man vormittags, damit das Wasser über den Tag verdunsten kann. Die Mischung mit dem flüssigen Orchideendünger kann mit einer Sprühflasche auch auf die Luftwurzeln gesprüht werden.
Schneiden
Grundsätzlich sollte man niemals an den Luftwurzeln einer Orchidee einfach herumschneiden. Lediglich abgestorbene oder verfaulte Wurzeln werden fachgerecht entfernt. Nur selten kann es notwendig werden, aus Gründen der Optik oder aus Platzgründen, gesunde Luftwurzeln zu entfernen. In diesem Fall dürfen nur wenige Stränge je Pflanze entfernt werden, ansonsten wird sie nicht mehr genügend versorgt und die Orchidee geht daran zugrunde. Meistens bildet eine gesunde Orchidee außerhalb des Substrates nicht mehr Wurzeln als innerhalb. Zu viele Luftwurzeln sind ein Zeichen dafür, dass die Orchidee durch das Substrat nicht mehr genügend Feuchtigkeit oder Nährstoffe bekommt:
- Das kann zum einen am Substrat liegen. Eventuell ist es zu alt, bereits verrottet und hat sich verdichtend um die Wurzeln gelegt. Abhilfe schaffen durch sofortiges Umtopfen in frisches Substrat.
- Oder die Pflanze erhält einfach nicht genügend Feuchtigkeit und Nährstoffe. Hier hilft es, mehr Wasser- und Düngergaben in das Substrat zu geben.
Abtrennen von Luftwurzeln:
- Das Werkzeug (Messer, Schere) muss scharf sein. Das verhindert ein Zerfransen der Schnittstellen. Ein Orchideenmesser oder ein skalpellartiges Messer ist dabei einer Schere vorzuziehen.
- Die Werkzeuge werden zuvor mit kochend heißem Wasser oder hochprozentigem Alkohol desinfiziert. Das verringert die Gefahr, dass Keime durch die Schnittstelle eindringen.
- Die beste Zeit für den Schnitt ist die Zeit der Ruhephase. Die Zeit nach der Blüte einer Orchidee.
- Die Schnittstelle, die als offene Wunde zu betrachten ist, sollte man sofort nach dem Schnitt mit Kohlepulver bestreichen. Das verringert die Gefahr, dass sich von dort aus Pilzerreger Zutritt verschaffen.
Umtopfen
Ist das Substrat nach zwei bis drei Jahren verbraucht, wird die Orchidee umgetopft. Auch verhältnismäßig viele Luftwurzeln sind ein Zeichen dafür, dass umgetopft werden muss. Das ist dann auch die beste Gelegenheit abgestorbene oder angefaulte Wurzeln zu entfernen. Nach dem Austopfen der Pflanze wird das alte Substrat vorsichtig von den Wurzeln entfernt. Damit beim Einsetzen in das neue Substrat keine Wurzeln abbrechen, legt man alle Wurzeln, auch die Luftwurzeln, bis zu 10 Minuten lang in lauwarmes Wasser ein. Sie werden so geschmeidig und brechen nicht beim Umsetzen. Im neuen Topf dreht man nun alle Wurzeln (auch die Luftwurzeln) vorsichtig ein. Dann gibt man das neue Substrat hinzu.
Arten
Verschiedene Orchideenarten bilden auch unterschiedliche Wurzeln aus. So sind nicht alle Orchideen für die Topfkultur geeignet, nicht alle bilden Luftwurzeln aus. An der Dicke und Beschaffenheit der Wurzeln einer Orchidee lassen sich Rückschlüsse auf ihre speziellen Bedürfnisse ziehen.
Dracula, Masdevallia
Diese Arten bilden recht dünne Wurzeln aus (bis zu einem Millimeter), sie benötigen viel Feuchtigkeit und dürfen nie ganz austrocknen. Die Wurzeln können in ein Substrat gesetzt werden, wachsen aber auch außerhalb.
Dendrobium, Oncidium
Die Wurzeln dieser Arten sind mit bis zu 3 mm Durchmesser noch recht zart. Sie bilden viele Luftwurzeln, können aber bei uns besser im Topf kultiviert werden. Sie lieben es feucht und eher kühl.
Cattleya, Phalaenopsis
Die Wurzeln werden bis zu 6 mm dick. Meistens kultiviert man sie hier im Topf. Viele Luftwurzeln sind eher ein Zeichen dafür, dass die Pflanze neues Substrat benötigt.
Aerides, Vanda
Die Luftwurzeln dieser Arten wachsen dick, sparrig und werden bei uns nicht in Töpfen kultiviert. Sie benötigen nicht allzu viel Feuchtigkeit. In ihrer asiatischen Heimat reicht ihnen der Morgen- und Abendtau. Die Gattung Taeniophyllum besitzt abgeflachte, chlorophyllhaltige Luftwurzeln. Diese sind in der Lage die Funktion von Blättern zu übernehmen. Sie benötigen das Licht.
Paphiopedilum, Phragmipedium
Diese Arten heranzuziehen ist nicht ganz einfach. Die Wurzeln sind behaart und werden in Erde kultiviert. Sie bilden keine Luftwurzeln aus. Vorsicht beim Umtopfen, die Wurzeln sind sehr empfindlich und brechen leicht.
Fazit
Nicht alle Orchideenarten sind wirklich pflegeleicht. Wer viel und lange Freude an seinen Orchideen haben möchte, wird sich früher oder später intensiver mit den speziellen Bedürfnissen dieser besonderen Pflanzen auseinander setzen müssen. Der richtige Umgang mit den Luftwurzeln gehört dazu. Die wichtigste Regel, um hier schon mal nichts falsch zu machen, dürfte lauten: Gesunde Luftwurzeln werden erst einmal nicht einfach abgeschnitten. Hohe Luftfeuchtigkeit, gute Nährstoffversorgung und regelmäßiges frisches Substrat, das ist bereits eine gute Basis für gesunde Orchideenwurzeln.