Orchideen selber züchten – Infos zur Aussaat und Anzucht
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Orchideen gehören zu den beliebtesten Zimmerpflanzen und werden aufgrund ihrer Vielfalt und Blütenpracht gerne verschenkt. Wer besonders schöne Exemplare sein Eigen nennt und diese kreuzen möchte, wird trotz des großen Angebots im Handel daher vielleicht einmal versucht sein, dieses selbst zu vermehren. Hier sehen sich Hobbygärtner jedoch mit einigen Schwierigkeiten und Besonderheiten konfrontiert. Die Aussaat und Anzucht der Orchideen Samen kann dennoch von Erfolg gekrönt sein, wenn dabei einige Hinweise und Tipps berücksichtigt werden.
Befruchtung und Samengewinnung
Orchideen selber zu züchten kann eine tolle Herausforderung bedeuten und völlig neue Kreationen hervorbringen – die Schwierigkeiten beginnen allerdings bereits bei der Befruchtung. Würde sich eine Blüte selbst befruchten, wären das Resultat eine fehlende Samenbildung oder aber Samen, die nicht keimfähig sind. Die Blüten sind daher durch ihren Aufbau vor der Selbstbefruchtung geschützt. Das erschwert die manuelle Bestäubung. Zudem sollten ausschließlich Pollen beziehungsweise Pollinien, wie diese bei der Orchidee auch genannt werden, von anderen Blüten oder besser noch einer anderen Orchidee der gleichen Art verwendet werden. Dazu müssen diese nicht unbedingt zur gleichen Zeit blühen, die Pollinien sollten aber zum richtigen Zeitpunkt gewonnen werden. Die Polliniengewinnung und Aufbewahrung gestaltet sich wie folgt:
- Je nach Orchideenart sollten sich Hobbygärtner zunächst ausführlich mit dem Aufbau der Blüte beschäftigen. Die Pollinien sitzen unter einer Kappe, der sogenannten Antherenkappe. Die Pollinien bestehen aus zwei gelben, kugelrunden Pollenpaketen, die durch kurze Stiele miteinander verbunden sind.
- Für eine erfolgreiche Gewinnung des Orchideenpollens sollte die Blüte seit drei bis vier Tagen geöffnet sein.
- Mit einem Zahnstocher oder einer spitzen Pinzette wird dann zunächst die Antherenkappe vorsichtig aus der Blüte entfernt. Hierbei kann es vorkommen, dass sich die Pollinien an sie anheften und direkt mit entfernt werden. In diesem Fall wird der Pollen schlicht mit dem Zahnstocher herausgenommen oder die Kappe mit der Pinzette abgezogen.
- Kann oder soll eine Orchidee nicht sofort befruchtet werden, werden die Pollinien in ein luftdicht schließendes Gefäß gebracht und bis zu ihrem Einsatz eingefroren.
Samenkapsel
Das ist selbstverständlich erst der erste Schritt, denn für die Samenbildung muss der Pollen noch auf die Narbe. Diese ist bei jeder Orchideenblüte daran zu erkennen, dass sie wie ein Kanal geformt ist und zum Fruchtknoten führt. Bei einigen Orchideenarten ist sie zudem mit einer klebrigen Flüssigkeit bedeckt. Damit sich eine Samenkapsel bilden kann, muss auch die Befruchtung von Hand vorgenommen werden. Die Anleitung zeigt, wie es geht:
- Wiederum am dritten oder vierten Tag nach der Öffnung der Blüte wird zunächst die Narbe ausfindig gemacht. Wer sich nicht sicher ist, wo sie sich befindet, kann im Fachhandel nachfragen oder sich mithilfe entsprechender Abbildungen die Suche erleichtern.
- Die Pollinien – im Falle der eingefrorenen Variante natürlich im Vorfeld aufgetaut – werden entweder getrennt oder als doppeltes Paket auf die Narbe gesetzt. Auch hier helfen wieder hölzerne Zahnstocher oder eine spitzzulaufende Pinzette.
- Zum Schutz kann die so präparierte Blüte mit einer transparenten Tüte abgedeckt werden. Wirklich nötig ist das in aller Regel aber nicht.
Ist dieser Schritt geschafft, ist Geduld gefragt. Zwei bis neun Monate kann es je nach Orchidee dauern, bis die eigentliche Befruchtung stattgefunden und die Pollinien mit der Narbe verwachsen sind. Ein gutes Zeichen ist es, wenn die jeweilige Blüte im Anschluss an die Maßnahme schnell verwelkt und sich der Fruchtknoten verdickt.
Anzucht
Ist die Befruchtung erfolgreich verlaufen, zeigen sich danach Samenkapseln an der Orchidee. Diese fallen nach der Reife von allein ab und können dann der eigentlichen Samengewinnung und Aussaat dienen. Nach dem Öffnen der Kapsel stehen dazu verschiedene Methoden zur Verfügung. Einige Faktoren gilt es aber bei jeder Form der Anzucht zu berücksichtigen:
- Substrat, sämtliche Hilfsmittel und Gefäße müssen sterilisiert werden, beispielsweise durch kochendes Wasser (Ausnahme ist die Anzucht auf Substrat)
- Bei jeglichem Umgang sollten Einweg-Handschuhe getragen werden
- Leitungs- oder Regenwasser kann Keime und schädliche Stoffe enthalten, daher sollte lediglich destilliertes und abgekochtes Wasser zum Einsatz kommen
- Die Samenkapsel selbst sollte vor dem Öffnen mit Wasserstoffperoxid desinfiziert werden
Der Grund für diese scheinbar übervorsichtige Vorgehensweise ist in den Besonderheiten der Orchideensamen begründet. Diese verfügen über keine Nährstoffreserven wie von andern Samen bekannt. Sie können daher nur keimen, wenn sie entweder künstlich mit Nährstoffen versorgt werden oder aber in Symbiose mit einem speziellen Pilz leben, der Nährstoffe aus dem Substrat für sie aufspaltet. Während dieser Phase sind sie allerdings sehr anfällig, können durch andere Pilze, Keime und Erreger in kürzester Zeit geschädigt oder überwuchert werden.
Sterile Werkbank
Die Anzucht der Orchideen aus Samen erfolgt am sichersten auf einer sterilen Werkbank. Hier sind die Samen vor fremden Erregern geschützt und werden über Nährboden – wie auch im Labor – versorgt. Für den privaten Hausgebrauch und Laien ist der Aufwand aber schlicht unverhältnismäßig und die Aussaat in der sterilen Werkbank daher nicht zu empfehlen.
Auf Substrat
Die natürlichste und einfachste Methode zur Anzucht ist die Aussaat direkt neben der Mutterpflanze. Das Substrat wird gut befeuchtet und die Samen darauf gegeben. Die Chancen, dass der erforderliche Pilz im Substrat bereits vorhanden ist, stehen gut. Allerdings darf das Substrat nicht an- oder austrocknen. Um die entsprechende Feuchte zu erreichen empfiehlt es sich daher, die Orchidee in ein Zimmergewächshaus zu stellen und häufig zu besprühen.
Anzucht auf Rinde
Für die Anzucht auf Rinde ist lediglich ein Stück Borke nötig. Dieses wird zunächst mit kochendem Wasser übergossen und so sterilisiert. Danach wird wie folgt verfahren:
- Damit die Rinde den nötigen Pilz auf sich trägt, sollte sie für etwa zwei Wochen mit dem Substrat der Mutterpflanze bedeckt oder direkt zu ihr in den Top gesteckt werden.
- Im Anschluss wird die Borke in destilliertes Wasser gelegt oder durchweichend damit besprüht. Sie darf ruhig tropfnass sein.
- Der Orchideen Samen wird zur Anzucht darauf ausgesät.
- Das so präparierte Stück Rinde wird in ein Zimmergewächshaus verbracht oder in ein ausreichend großes Glasgefäß gelegt und abgedeckt.
- Sobald sich trockene Stellen auf der Borke zeigen, muss sie wieder mit Wasser besprüht werden.
Geschirrtuch-Methode
Die Geschirrtuch-Methode kann mit oder ohne Tuch durchgeführt werden, bereitet anfangs aber etwas Aufwand. Die Anleitung zeigt, wie es funktionieren kann:
- Ein Tontopf und neues Geschirrtuch sowie Sphagnum-Moos und Baumfasern werden mit kochendem Wasser sterilisiert.
- Eine Hälfte des Mooses und der Baumfasern werden in den Topf gefüllt, die andere Hälfte im Tuch eingeschlagen und auf das Substrat gelegt. Die Oberfläche des Stoffes sollte mit der glatten Seite – also ohne Falten – nach oben weisen.
- Das so vorbereitete Gefäß wird in eine Schale oder auf einen Untersetzer gestellt. Die Oberflächen werden besprüht, die Schale mit Wasser gefüllt.
- Von der Mutterpflanze werden einige frische Wurzelspitzen abgeschnitten und auf den Stoff gegeben.
- Abschließend werden die Orchideen Samen zwischen die Wurzelspitzen gelegt und das Gefäß mit einer Glasplatte abgedeckt.
Nach diesen Vorbereitungen wird lediglich Wasser in der Schale nachgefüllt, wenn diese austrocknet. Wirkt das Tuch an der Oberfläche trocken, kann auch dieses besprüht werden.
Dauer und Nachsorge
Bis sich aus den Samen tatsächlich Sämlinge entwickeln, können einige Woche oder Monate vergehen. Erst wenn diese deutlich Blätter zeigen, dürfen sie erstmals mit stark verdünntem Orchideendünger besprüht werden. Dazu sollten bei der Anzucht der Orchideen normale Zimmertemperaturen herrschen und das durchgängig. Schwankungen vertragen die frischgekeimten Triebe nicht oder nur schlecht. Sind die Jungpflanzen mehrere Zentimeter hoch und tragen mehrere Blätter, dürfen sie langsam von der durchgängig hohen Luftfeuchtigkeit entwöhnt werden. Danach können die vorsichtige Vereinzelung und das Umsetzen in normales Orchideen-Substrat erfolgen. Ihnen kommt dann die gleiche Pflege zu, wie auch der Mutterpflanze.
Fazit
Orchideen selber zu züchten ist zwar nicht einfach und auch nicht gerade schnell bewerkstelligt, kann aber ein durchaus lohnendes Unterfangen sein. Wer sich darauf einlässt sollte jedoch wissen, dass dabei ein langer Atem und viel Sorgfalt gefragt sind – zumindest bei der Vorbereitung.