Obstbaumschädlinge bekämpfen – Übersicht der Schädlinge
Inhaltsverzeichnis
Wo Obstbäume gedeihen, sind tückische Schädlinge nicht fern. Apfelwickler, Kirschfruchtfliege und Konsorten haben Obstgehölze im Visier, um die Früchte als Brutplatz zu missbrauchen, Knospen und Blüten zu vernichten. Wer Obstbaumschädlinge erfolgreich bekämpfen möchte, muss wissen, mit welcher Schädlingsart er konfrontiert wird. Diese Übersicht beschreibt Aussehen und Lebensweise wichtiger Schädlinge für eine sichere Identifizierung mit praxiserprobten Tipps für die Bekämpfung.
Übersicht in alphabetischer Reihenfolge
Die erfolgreiche Bekämpfung von Obstbaumschädlingen basiert auf einer korrekten Kenntnis von Erkennungsmerkmalen und Lebensweise. Daraus resultieren adäquate Maßnahmen zum richtigen Zeitpunkt. Die folgende Übersicht informiert Sie kompakt und praxisnah über häufige Schädlinge im Stein- und Kernobstanbau mit Hinweisen zur Schadwirkung und ökologisch orientierten Bekämpfung.
Apfelblütenstecher (Anthonomus pomorum)
Erkennungsmerkmale
- Braun-schwarzer Rüsselkäfer
- Körpergröße: 3,4 bis 4,5 mm
- Variable Schuppenzeichnung in weißen bis bräunlichen Farbtönen
- Dunkelbraune Beine mit heller Behaarung
- Larven: weiß bis gelb, schwarze Kopfkapsel, keine Beine
Wirtspflanzen
Der Apfelblütenstecher hat es nicht nur auf sämtliche Apfelsorten abgesehen. An Birnbäumen treibt die Rüsselkäfer-Art ebenfalls ihr Unwesen.
Schadwirkung
Adulte Apfelblütenstecher überwintern unter der Rinde oder im dichten Laubstreu benachbarter Wälder. Schon früh im Jahr verlassen die Schädlinge ihr Winterquartier und machen sich über die ersten zarten Knospen im Obstgarten her. Vernichtend auf die Apfelernte wirkt sich aus, wenn ab Mitte März die Weibchen ihre Eier mithilfe einer Legeröhre inmitten der Knospen platzieren. Innerhalb von 4 bis 12 Tagen schlüpfen die Larven. Infolge ihrer Fraßtätigkeit werden die Knospen ausgehöhlt, ohne sich zu entfalten. Die Verpuppung findet ebenfalls innerhalb der mittlerweile braun verfärbten Knospen statt. Am Ende fressen sich die ausgewachsenen Käfer einen Weg ins Freie. Bei hohem Schädlingsaufkommen und gleichzeitig schwachem Blütenansatz droht der vollständige Ausfall der diesjährigen Apfelernte.
Bekämpfung
Ab März sollten die grünen Knospen untersucht werden auf kleine Löcher. Dieser Reifungsfraß ist ein deutlicher Hinweis auf den Befall mit Apfelblütenstechern. Je näher sich der Obstgarten am Wald befindet, desto größer ist das Gefahrenpotenzial. Die Bekämpfung hat lediglich dann Aussicht auf Erfolg, wenn sie vor der Eiablage erfolgt. Die folgenden umwelt- und gesundheitsverträglichen Methoden haben sich in der Praxis bewährt:
- Vor Austriebsbeginn Leimringe um den Stamm wickeln und wöchentlich austauschen
- Am frühen Morgen ein altes Tuch unter der Krone ausbreiten, kräftig schütteln und die Käfer einsammeln
- Apfelbäume wiederholt behandeln mit Neemöl-haltigen Spritzmitteln
- Braune Knospen auspflücken und verbrennen
Apfelwickler (Cydia pomonella)
Erkennungsmerkmale
- Graubrauner Nachtfalter mit hellgrauen Streifen
- Flügelspannweite: 14 bis 22 mm
- Körperlänge: bis 10 cm
- Raupen im letzten Larvenstadium: 15 bis 20 mm lang
- Farbe der Maden: zuerst weißlich, später hellrot bis rosa mit dunklem Kopf
Wirtspflanzen
Der weltweit gefürchtete Obstbaumschädling ist nicht ausschließlich spezialisiert auf Äpfel (Malus spec.). Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, besiedeln die gefräßigen Maden überdies Birnen und Quitten. Steinobst, wie Aprikosen und Pfirsiche, Kirschen und Pflaumen zählen ebenso zum Beuteschema, wie Edelkastanien, Feigen und Walnüsse.
Schadwirkung
Apfelwickler suchen den Obstgarten in zwei Schüben heim. Im Mai und Juni fliegt die erste Generation der Schädlinge aus, gefolgt der einer zweiten Angriffswelle im August und September. Mit Beginn des Falterfluges legen die Weibchen 1 mm kleine, Uhrglas-ähnliche Eier auf die Rosettenblätter innerhalb der Fruchtbüschel oder direkt auf die Früchte. Die Eiablage erfolgt allerdings nur in der Abenddämmerung, wenn die Temperaturen mindestens 15 Grad Celsius betragen. Nach 8 bis 14 Tagen schlüpfen die Raupen. Nach einer kurzen Wanderung über die Schale dringen die Maden in den Apfel ein, was an spiraligen Einbohrstellen gut zu erkennen ist.
Nach 3 bis 4 Wochen sind die Larven ausgewachsen und verlassen die Früchte. Ein Teil der ersten Generation begibt sich unmittelbar in Winterruhe. Ein weiterer Teil verpuppt sich für einige Zeit und verursacht noch im gleichen Jahr als Falter eine Spätvermadung der Äpfel im September.
Bekämpfung
Im gewerblichen Obstanbau sind verschiedene chemische Insektizide zugelassen, die für umwelt- und gesundheitsbewusste Hausgärtner tabu sind. Im privaten Anbau stehen folgende natürlichen Bekämpfungsmittel im Fokus:
- Erste Generation bekämpfen mit Granuloseviren-Präparaten in 5 Anwendungen im Abstand von 8 Sonnentagen
- Ab Anfang Mai Pheromonfallen in den Kronen aufhängen als Verwirrtechnik
- Ende Mai bis Ende Juni 10 cm breite Wellpappe-Gürtel anbringen und wöchentlich mitsamt der Larven verbrennen
- Schlupfwespen Trichogramma dendrolini in einer Zuchtfarm erwerben und im Obstbeet aussetzen
- Gras unter den Bäumen nicht mähen, weil hier Nützlinge auf die Obstbaumschädlinge lauern
- Krone mehrmals mit Niemöl-haltigen Präparaten behandeln
Frostspanner (Operophtera brumata)
Erkennungsmerkmale
- Flugfähige Männchen mit 20 bis 25 mm Flügelspannweite
- Vorderflügel: beigebraun bis gelblich-grau mit angedeuteten Querlinien
- Hinterflügel: blassgelb bis hellgrau
- Nicht flugfähige Weibchen mit braun-grauer Körperfarbe und Flügelstummeln und 6 Beinen
- Raupen bis 2,5 cm lang mit typischem Buckel bei der Fortbewegung
- Farbgebung: Hellgrün mit schwarz-brauner Rückenlinie und seitlichen, helleren Streifen
Wirtspflanzen
Kernobst, wie Äpfel und Birnen hat der Frostspanner ebenso im Visier, wie Steinobst aller Art. Ebenso sind die gefürchteten Raupen mit der charakteristischen Buckelbewegung auf Beerensträuchern und Laubgehölzen zu entdecken. Das breit gefächerte Spektrum an Wirtspflanzen sowie die außergewöhnliche Lebensweise als Schlecht-Wetter-Flieger machen den Frostspanner zu einem wichtigen Obstbaumschädling, der in dieser Übersicht fehlen darf.
Schadwirkung
Die heimtückischen Frostspanner wiegen den Gärtner während der schönen Jahreszeit in Sicherheit und schlüpfen erst nach dem ersten Frost aus ihren Puppen. In der Dämmerung und bei Nacht schwärmen die Männchen aus, um sich auf die Suche nach krabbelnden Weibchen zu begeben. Diese sind auf ihren kräftigen Beinen entlang der Stämme unterwegs. Nach der Paarung legen die Weibchen ihre Eier in den Ritzen der Rinde ab, wo die Brut überwintert. Parallel zum Blattaustrieb schlüpfen die Larven im Frühjahr. Mit großem Appetit vertilgen die Raupen Blätter und Knospen, sodass es zu Kahlfraß am gesamten Obstbaum kommen kann. Fatalerweise spinnen die Raupen dünne Fäden, um sich daran vom Wind zu weiteren Bäumen im Garten tragen zu lassen.
Der Große Frostspanner (Erannis defoliaria) unterscheidet sich kaum vom Kleinen Frostspanner hinsichtlich seiner Schadwirkung. Die Schmetterlinge fliegen etwas früher im Herbst, noch bevor es zum ersten Mal friert. Ansonsten sind die rotbraunen Raupen mit 3,5 cm Länge größer und somit noch gefräßiger. Die folgenden Bekämpfungsmethoden haben für beide Frostspanner-Arten gleichermaßen Gültigkeit.
Bekämpfung
Die Bekämpfung von Frostspannern zielt vornehmlich darauf ab, die Weibchen an einer Eiablage zu hindern. Unter hohem Befallsdruck greifen geplagte Hausgärtner zu einem Biozid, dessen Viren die Jungraupen vernichten. Die wirksamsten Methoden gegen die weit verbreiteten Obstbaumschädlinge haben wir im Folgenden für Sie zusammengefasst:
- Ab der ersten Oktoberhälfte Fang- oder Leimringe um die Stämme wickeln und wöchentlich erneuern
- Pheromonfallen platzieren, um die ausschwärmenden Männchen zu verwirren
- Präparat auf der Basis von Bacillus thuringiensis zur Raupenbekämpfung anwenden
Kirschfruchtfliege, Kirschenfliege (Rhagoletis cerasi)
Erkennungsmerkmale
- Körpergröße: 3,5 bis 5 mm lang
- Flügel: transparent mit schwarzen bis blau-schwarzen Querbändern
- Farbe: schwarz-glänzender Körper mit gelben Punkten an Kopf und Brust
- Augen: hellgrüne, große Facettenaugen
- Larven: cremeweiß gefärbt und bis zu 6 mm lang
Wirtspflanzen
Die Kirschfruchtfliege hat vornehmlich Süßkirschen (Prunus avium) im Visier. Allerdings verschmäht die Bohrfliegenart auch Sauerkirschen (Prunus cerasus) nicht. Als Ausweich-Wirt besiedeln die Obstbaumschädlinge mitunter auch Heckenkirschen (Lonicera) sowie die Gewöhnliche Traubenkirsche (Prunus).
Schadwirkung
Kirschfruchtfliegen überwintern als Puppen im Boden. Mitte Mai schlüpft die einzige Generation des Jahres und durchläuft zunächst einen acht- bis zehntägigen Reifungsfraß. Wenn die Kirschen den Farbwechsel von grün nach gelb durchlaufen, beginnt die Eiablage. Ein Weibchen platziert in jede Kirsche ein einzelnes Ei knapp unter die Epidermis. Bei trockener, warmer Witterung produziert jedes Kirschfliegen-Weibchen 200 bis 400 Eier. Innerhalb einer Woche schlüpfen die Larven und fressen sich durch das Fruchtfleisch bis zum Kern. Die Kirsche wird in dieser Phase braun und weicht auf. Die Maden verlassen zu Boden gefallene Kirschen, um sich im Erdreich zu verkriechen, dort zu verpuppen und zu überwintern.
Bekämpfung
Da die Kirschfruchtfliege in Deutschland zu den wichtigsten Obstbaumschädlingen zählt, haben sich Experten intensiv mit der Bekämpfung beschäftigt. Die folgenden Vorgehensweisen verzichten konsequent auf den Einsatz chemischer Gifte und halten dennoch süße Kirschen weitgehend frei von Maden:
- Ab Mai Baumscheiben mit engmaschigen Netzen abdecken, um die Fliegen am Zuflug auf den Baum zu hindern
- Kirschbäume lückenlos in Netze hüllen
- Gelbe Klebefallen in den Kronen aufhängen
- Frühe Sorten anbauen mit einer Erntezeit innerhalb der ersten oder zweiten Kirschwoche
- Nematoden der Gattung Steinernema wiederholt auf den Baumscheiben ausbringen
- Bei hohem Befallsdruck das Biozid Naturalis auf Basis von Beauveria bassiana anwenden
Pflaumensägewespe, Gelbe Pflaumensägewespe (Hoplocampa flava)
Erkennungsmerkmale
- Hautflügler mit geäderten Flügeln und ohne die typische Wespentaille
- Körperlänge: 5,5 bis 6 mm
- Färbung: Kopf und Brust braun, Hinterleib, Beine und Fühler gelb
- Larven: 9 bis 11 mm lang mit 7 Paar Bauchfüßen
- Färbung: cremeweiß mit braun-orangefarbenem Kopf
Wirtspflanzen
Pflaumensägewespen haben sich spezialisiert auf Pflaumen, Mirabellen, Zwetschgen und Renekloden. Mitunter erweitern die Schädlinge den Radius auf Aprikosen.
Schadwirkung
Im Leben der Pflaumensägewespe dreht sich alles um die kurze Blütezeit ihrer Wirtspflanzen. Die begatteten Weibchen legen ihre Eier in die Knospen und Blüten ab, wobei sie einen sägeförmigen Legebohrer verwenden, dem sie ihren Namen verdanken. Die geschlüpften Maden bohren sich in die jungen Früchte, um sich hier über einen Zeitraum von 9 Tagen am Fruchtfleisch zu laben. Nach der Häutung verlassen die Raupen die Frucht und bohren sich für etwa eine Woche in eine weitere Pflaume. Die Wanderungen von Frucht zu Frucht sind an großen Einbohrlöchern zu erkennen. Die verlassenen Früchte sind braun, weich und mit Kot verseucht. Auf diese Weise fahren die Schädlinge fort, bis sie nach 4 bis 5 Wochen alle Larvenstadien durchlaufen haben. Die ausgewachsenen Insekten lassen sich zu Boden fallen, spinnen sich in einen braunen Kokon ein und überwintern unterhalb der Erdoberfläche.
Bekämpfung
Die Intensität des diesjährigen Befalls ist nicht vorherzusehen. Nachdem Pflaumensägewespen im Jahr zuvor die gesamte Ernte vernichtet haben, kann der Schaden im Folgejahr kaum wahrnehmbare Dimensionen annehmen. Es ist daher ratsam, die folgenden Bekämpfungsmethoden einzusetzen, wenn die Obstbaumschädlinge schon einmal im Garten aufgetreten sind:
- Weiße Klebefallen in der Krone aufhängen, um die Befallsdruck abzumildern
- Ab Ende März den Boden wiederholt auflockern und mit Rainfarn- oder Wermutsud überbrausen
- Stämme mit Leimringen umwickeln
- Wirtspflanzen lückenlos einnetzen zum Schutz vor einfliegenden Pflaumensägewespen
Im Bio-Obstanbau werden gute Bekämpfungserfolge erzielt durch den Einsatz von Quassia-Präparaten. Dabei handelt es sich um einen Bitterholz-Extrakt, der aus dem tropischen Gehölz Quassia amara gewonnen wird. Sobald die Blütenblätter welken, wird der betroffene Baum mit einer Quassia-Lösung eingesprüht. Auf die frisch geschlüpften Larven wirkt das Mittel als Kontakt- und Fraßgift.