Kannenpflanzen vermehren und überwintern – so gelingt es
Inhaltsverzeichnis
- Ist eine Vermehrung möglich?
- Voraussetzungen für eine erfolgreiche Vermehrung
- Vermehrung durch Kopfstecklinge
- Vermehrung durch Abtrennen von Seitentrieben
- Vermehrung über Blattstecklinge
- Vermehrung durch Samen
- Anleitung für die Samenaussaat
- Der jungen Nepenthes einen geeigneten Standort geben
- Das junge „Kännchen“ richtig pflegen
- Überwintern der neuen Pflanzen
Anscheinend gefällt es auch Pflanzen, wenn sie etwas Besonderes sind. Manche Pflanzen schmücken sich daher mit duftenden Blüten, andere Pflanzen kleiden sich in ein attraktives Laubkleid. Der Kannenpflanze ist wohl beides zu langweilig, sie behängt sich lieber mit „Kannen“ und geht damit auf Insektenfang. Wer seine Kannensammlung um ein paar schmücke Exemplare erweitern möchte, kann versuchen, seine Nepenthes zu vermehren.
Ist eine Vermehrung möglich?
Gedeiht die vorhandene Kannenpflanze gut, taucht schnell das Verlangen auf, sich weitere Kannenpflanzen hinzustellen. Um die eigene Sammlung zu erweitern, müssen nicht gleich neue Pflanzen gekauft werden. Wenn es dieselbe Sorte sein darf, ist die Vermehrung eine praktikable Alternative. Sie macht Spaß und ist kostengünstiger als ein Neukauf. Allerdings erfordert sie auch ein wenig gärtnerische Erfahrung, Geschick und Wissen rund um die Pflege der anspruchsvollen Karnivore. Nicht zuletzt ist auch Geduld angesagt, denn es vergehen Wochen, bis die neue Pflanze richtig anwurzelt, und mit dem eigenen Wachstum loslegt. Bis die ersten Kannen gebildet sind, verstreicht weitere Zeit.
Voraussetzungen für eine erfolgreiche Vermehrung
Kannenpflanzen lassen sich auf unterschiedlichen Wegen vermehren. Aus Kopfstecklingen, Seitenablegern, Blattstecklingen und aus Samen lassen sich neue Pflanzen gewinnen. Damit Ihnen die Vermehrung dieser Karnivore gelingt, müssen jedoch wichtige Voraussetzungen erfüllt werden.
- Mutterpflanze muss gesund und gut entwickelt sein
- es stehen gesunde und kräftige Kopfstecklinge zur Verfügung
- Blattstecklinge erfordern Geduld
- idealerweise kennen Sie sich schon gut mit ihren Pflegeansprüchen aus
- Sie können ihr die optimalen Bedingungen bei sich daheim bieten.
- Der Samen muss ganz frisch sein.
- Hybridzüchtungen eignen sich nicht für die Vermehrung durch Samen
Vermehrung durch Kopfstecklinge
Die Vermehrung durch Ableger hat sich erfahrungsgemäß als die leichteste und erfolgreichste Methode herausgestellt. Sie ist daher die ideale Methode für alle Hobbygärtner, die sich erstmals an die Vermehrung dieser fleischfressenden Pflanze wagen wollen.
Schritt 1: Geeigneten Zeitpunkt abwarten
Der beste Zeitraum, sich an die Vermehrung der Nepenthes zu wagen, ist das späte Frühjahr. Der Winter mit seiner Dunkelheit ist dann vorüber, die Vegetation hat bei der Kannepflanze voll eingesetzt. Wenn sie gut überwintert wurde, zeigt sich das jetzt in einem gesunden und raschen Wuchs. Das sind ideale Voraussetzungen, aus Kopfstecklingen neue Kannenpflanzen entstehen zu lassen. Der Steckling hat den ganzen Sommer noch genügend Zeit bei optimalen Bedingungen, nämlich viel Wärme und viel Licht, gut anzuwurzeln und sein eigenes Wachstum zu starten.
Schritt 2 Ableger gewinnen
Die Basis für die Entstehung einer neuen Kannenpflanze ist ein gesunder und gut entwickelter Ableger. Es ist daher wichtig, dass die Mutterpflanze gesund und gut gepflegt ist und sich im Wachstum befindet. Sie sollte neben dem Hochtrieb noch mindestens über einen Seitentrieb verfügen. Für den Ableger muss allerdings der Hochtrieb der alten Pflanze geköpft werden.
- den Steckling direkt am Stamm schneiden
- zwischen zwei Blättern schneiden
- Steckling sollte eine Länge von 10 -15 cm haben
- Steckling sollte über 2-3 Augen verfügen
- sauberes und scharfes Messer verwenden
- Seitentriebe nicht schneiden
Keine Sorge, die „kopflose“ Pflanze ist vielleicht zunächst ein unschöner Anblick, aber sie wird das Schneiden sicher überleben. Sie ist ausgesprochen schnittfreundlich. Es dauert nicht lange und sie treibt neue junge Triebe aus.
Schritt 3: Ableger einpflanzen
Der von der alten Kannenpflanze gewonnene Ableger sollte unverzüglich eingepflanzt werden. Die ideale Bodentemperatur liegt bei 35 Grad Celsius.
- Besorgen Sie ein geeignetes Substrat. Es sollte feucht und nährstoffreich sein.
- Füllen Sie einen kleinen Blumentopf mit dem Substrat.
- Pflanzen Sie den Steckling ein.
- Stülpen Sie eine luftdurchlässige Folie drüber, um die Luftfeuchtigkeit hoch zu halten.
- Geben Sie dem Töpfchen einen hellen aber nicht zu sonnigen Standort.
- Lüften Sie zwischendurch die Plastikabdeckung, damit sich kein Schimmel bildet.
- Nach etwa 3 bis 4 Wochen werden sich neue Wurzeln gebildet haben.
Schritt 4: Pflänzchen umtopfen
Sobald sich neue zarte Wurzeln gebildet haben und der Steckling gut angewurzelt ist, braucht das neue Kannenpflänzchen einen neuen Topf.
- größeres Gefäß wählen
- für Kannenpflanzen geeignetes Substrat verwenden
- oder eine Mischung aus Sand und Torf sowie etwas Lehm
- beim Umtopfen auf die zarten Wurzeln achten
Vermehrung durch Abtrennen von Seitentrieben
Wenn Sie eine ausgewachsene Kannenpflanze besitzen, die bei Ihnen optimale Wachstumsbedingungen vorfindet, erzeugt sie von sich aus neuen „Nachwuchs“. Wenn sie viel Futter und ausreichend Feuchtigkeit bekommt, treibt sie direkt aus dem Substrat heraus neue kleine Ableger. So entstehen direkt am Hauptstamm Kannenpflänzchen im Miniformat. Daraus können Sie eigenständige Nepenthes ziehen.
- abwarten bis sich zwei bis drei neue Seitenableger gebildet haben
- sie sollten ca. 15 cm groß sein
- von der Mutterpflanze abtrennen
- jeden Ableger separat in einen neuen kleinen Topf einpflanzen
- ausschließlich Karnivorenerde verwenden
- gut angießen und feucht halten
- an einen hellen und warmen Platz stellen
- für hohe Luftfeuchtigkeit sorgen
Schon bald nach dem Einpflanzen wachsen die kleinen Kannenpflanzen weiter, umso besser, wenn die Bedingungen optimal sind.
Vermehrung über Blattstecklinge
Die vegetative Vermehrung ist auch über Blattstecklinge möglich. Diese Methode ist recht oft von Erfolg gekrönt. Füllen Sie dafür ein kleines Gefäß mit Torf und feuchten Sie diesen gut an. Trennen Sie ein Blatt von der Mutterpflanze ab und legen Sie es auf den Torf, wobei Sie den Stiel mit etwas Torf bedecken. Am Stielende werden sich nach einiger Zeit Wurzeln bilden. Eine hohe Luftfeuchtigkeit begünstigt die Wurzelbildung zusätzlich. Decken Sie den Topf mit Klarsichtfolie ab, die Sie nur ab und zu zwecks Lüftung öffnen.
An einem hellen Platz ohne direkte Sonne entwickelt sich aus dem Blatt eine neue Pflanze, die zunächst Wurzeln bildet, und anschließend neue Blätter austreibt. Sobald sich Wurzeln und ein paar Blätter gebildet haben, muss die junge Pflanze in Karnivorenerde umgepflanzt werden.
Vermehrung durch Samen
Die als Zimmerpflanzen wachsenden Nepenthes entwickeln nur selten Samen. Die meisten davon sind zudem gezüchtete Hybridsorten, aus dessen Samen sich keine neuen Kannenpflanzen züchten lassen. Die Hauptherausforderung besteht also darin, frischen, keimfähigen Samen zu bekommen. Der käufliche Erwerb bietet keine Garantie, dass der Samen wirklich frisch ist. So bleibt immer ein Risiko dabei, ob nach mühevoller Vorarbeit der Samen auch wirklich keimt. Doch es gibt bei dieser Methode durchaus auch Vorteile. Nachfolgend ein Überblick über die wesentlichen Punkte:
- Samenbildung erfolgt erst im Alter von mehreren Jahren
- Bestäubung erforderlich, ggf. mit Pinsel nachhelfen
- der feine Samen ist nicht lange haltbar
- nur ein paar Wochen oder gar Tage
- lässt sich schlecht lagern
- Samenkauf ist Vertrauenssache
- langsamste Methode der Vermehrung
- Frühling und Sommer sind ideal für die Aussaat
- Keimdauer etwa ein bis zwei Monate
- Vorteil: viele neue Pflanzen
- Mutterpflanze wird nicht durch Schnitt geschwächt
- genetische Vielfalt wird gefördert
- neue Pflanze ist nicht identisch mit der Mutterpflanze
Anleitung für die Samenaussaat
Wenn geeigneter Samen zu Verfügung steht, muss mit der Vermehrung schnellstens begonnen werden. So gehen Sie dabei vor:
- Fühlen Sie ein Töpfchen mit geeignetem Material, zum Beispiel mit Torf, Sphagnum, Kokohom oder Zellstoff. Auch mit normaler Anzuchterde soll die Keimung klappen.
- Verteilen Sie die Samen darauf, jedoch nicht zu eng streuen. Haben Sie vielen Samen, nehmen Sie lieber einen größeren oder einen neuen Topf.
- Diese Samen sind Lichtkeimer und sollten nicht oder nur ganz leichthin Erde bedeckt werden.
- Drücken Sie die Samen leicht an und gießen Sie sie an. Verwenden Sie zum Gießen ausschließlich kalkfreies Wasser. Regenwasser eignet sich dafür auch gut.
- Stellen Sie den Topf an einen halbschattigen Standort bei einer Temperatur um die 25 Grad Celsius.
- Halten Sie das Substrat stets feucht.
- Sorgen Sie für eine hohe Luftfeuchtigkeit. Plastikfolie über den Topf hat sich hierfür gut bewährt. Vergessen Sie nicht diese regelmäßig zu lüften, damit sich kein Schimmel bildet.
- Sobald sich erste Keimlinge zeigen, wählen Sie die kräftigsten aus und pflanzen Sie sie um, in ein eigenes Gefäß mit Karnivorenerde. Achten Sie auf die zarten Wurzeln, in diesem Wachstumsstadium können sie leicht brechen.
Der jungen Nepenthes einen geeigneten Standort geben
Damit sich das neue Kannenpflänzchen gut weiter entwickelt und die ganze Mühe der Vermehrung nicht umsonst war, geben Sie ihm einen geeigneten Standort.
Für Hochlandarten gilt:
- Terrarium eignet sich gut
- ansonsten heller Platz
- ggf. durch zusätzliche Pflanzenlampe beleuchtet
- keine direkte Sonnenstrahlung
- sehr hohe Luftfeuchtigkeit, am besten bei 70 %
- tagsüber warm um die 25 Grad Celsius
- nachts darf die Temperatur auf bis zu 10 Grad Celsius fallen.
Tieflandarten haben ähnlich Ansprüche wie die Hochlandpflanzen. Allerdings mögen sie durchgehend hohe Temperaturen um die 30 Grad Celsius. Diese Temperatur wird in keinem Raum durchgehend erreicht, weswegen sie eigentlich nur im Terrarium oder Gewächshaus gehören. Bekommt das neue Pflänzchen diese Wärme und Luftfeuchtigkeit nicht, kann es nicht gut weiter gedeihen. Neu gezüchtete Hybridsorten kommen auch mit abweichenden Lebensbedingungen klar. Ihnen genügen oft die normalen Raumtemperaturen und eine niedrigere Luftfeuchtigkeit.
Das junge „Kännchen“ richtig pflegen
Die neue Kannenpflanze braucht vom ersten Tag an die richtige Pflege, um groß und stark zu werden. Dabei ist ein gutes Substrat das A und O der optimalen Pflege.
- luftdurchlässiges und wasserdurchlässiges Substrat
- sollte Wasser speichern können, ohne Staunässe zu bilden
- keine normale Blumenerde
- muss ständig feucht gehalten werden
- in der Vegetationsphase täglich gießen
- immer über Untersetzer gießen, nie von oben
- nie kalkhaltiges Wasser verwenden
- Regenwasser ist weich und gut für Karnivoren
- in der Regel keine Düngung erforderlich
- etwas Orchideendünger im Frühjahr ist gut für das Wachstum
- die wachsende Pflanze benötigt regelmäßig einen neuen Topf
Beobachten Sie die junge Kannenpflanze, wie sie sich an ihrem Standort mit der ihr gegebenen Pflege entwickelt. Setzt eine Wachstumsverzögerung ein, oder tauchen andere Probleme auf, muss rechtzeitig gegengesteuert werden. Vielleicht ist ein neuer Standort fällig oder mit der Pflege läuft etwas nicht rund.
Überwintern der neuen Pflanzen
Bis zum ersten Winter sollte das Kannenpflänzchen groß genug sein, um die anstehende lichtärmere Periode gut zu überstehen. Damit es weiterhin gut gedeiht, muss es auch im Winter bestimmte Lebensbedingungen vorfinden. Wie genau eine Kannenpflanze zu überwintern ist, hängt entscheidend von der Sorte ab. Kannenpflanzen wachsen nämlich in unterschiedlichen Höhen, die ihnen entsprechend unterschiedliche klimatische Rahmenbedingungen liefern. Dabei wird zwischen Hochlandarten und Tieflandarten unterschieden. Es gibt inzwischen auch noch zahlreiche Zuchthybriden, die in der Regel weniger Ansprüche an die Pflege stellen. Klären Sie ab, falls es Ihnen noch nicht bekannt ist, von welcher Sorte die Mutterpflanze ist. Das neu entstandene Pflänzchen ist identisch mit der Mutterpflanze und sollte genau wie sie überwintert werden.
- der ideale Standort bietet viel Helligkeit
- zusätzliche Pflanzenlampe ist im Winter notwendig
- Dünger wird nicht benötigt
- der Wasserbedarf ist geringer als im Sommer
- Tag und Nacht durchgängig 20 bis 30 Grad Celsius, ist ideal für Tieflandarten
- Hochlandkannenpflanzen mögen nachts 10 bis 16 Grad Celsius