Gartentorf: Torf in Garten und Gemüsebeet verwenden – ja oder nein?
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Seinen makellosen Ruf als perfekte Gartenerde hat Torf eingebüßt. Heute steht der Substrat-Klassiker in der Kritik als umweltschädlich und zerstörerisch. Im ökologisch bewirtschafteten Garten und Gemüsebeet hinterfragen Hausgärtner die Verwendung von Torf mit wachsender Skepsis. Dieser Ratgeber macht Sie vertraut mit allen wichtigen Pro- und Kontra-Argumenten, damit Sie eine fundierte Entscheidung treffen für Ihr privates grünes Reich.
Was ist Torf?
Die genaue Kenntnis über Herkunft und Zusammensetzung ebnet den Weg zu einer ausgereiften Urteilsfindung, ob Torf als Substrat im Garten verwendet wird oder nicht. Den meisten Freizeitgärtnern ist nicht bewusst, dass sie mit einem Sack Gartentorf oder Blumenerde ein wertvolles Stück Moor in Händen halten. Torf ist nämlich der Stoff, aus dem unsere malerischen Moorlandschaften bestehen.
Moore sind konstant nasse Lebensräume, in denen niedrige, genügsame Pflanzen gedeihen. Ständiger Wasserüberschuss sorgt für einen sauerstoffarmen Boden und blockiert den vollständigen Abbau abgestorbener Pflanzen. Während sich in wechselfeuchter Erde Pflanzenreste in Humus verwandeln, lagern sie sich im Moor als Torf ab. Schicht für Schicht wächst der Torf in Hochmooren über den Grundwasserspiegel hinaus mit einer gemächlichen Geschwindigkeit von 1 mm bis maximal 10 mm im Jahr. Das bekannte Teufelsmoor bei Worpswede beispielsweise benötigte 8.000 Jahre, bis es sich zu seiner heutigen Pracht entwickelte. Niedermoore bilden sich demgegenüber in Flussniederungen und Senken oder sind das Resultat von Verlandung an Seeflächen. Hier wächst Torf weniger stark in die Höhe und ist artenreicher bewachsen, als in Hochmooren.
Die weltweit größten Moorflächen erstrecken sich über den Taigagürtel entlang der Nordhalbkugel. Russland, Alaska und Kanada verfügen ebenfalls über riesige Moore. In Deutschland befinden sich bekannte Moorlandschaften im Norden sowie im Alpenvorland. In diesen Regionen fällt nicht nur reichlich Niederschlag. Zudem herrscht dort eine hohe Luftfeuchtigkeit, was als wesentlicher Faktor für die Entstehung der einzigartigen Hoch- und Niedermoore beiträgt.
Was bewirkt Torf als Kultursubstrat? – Vor- und Nachteile
Traditionell wird Torf bis heute als Heizmaterial verwendet in den unterschiedlichsten Bereichen, weil verdichtete, getrocknete Moorerde einen ähnlichen Heizwert aufweist, wie Braunkohle. Von der Stromerzeugung über die Whiskey-Destillierung bis hin zur Beheizung von Treibhäusern erstreckt sich das Spektrum. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts richtete sich das Interesse von gewerblichen und privaten Gärtnern auf Torf als Kultursubstrat. Die folgenden Eigenschaften katapultierten Torf an die Spitze der beliebtesten Blumenerden:
- Speichert ein Vielfaches des eigenen Gewichtes an Wasser
- Senkt der pH-Wert im Boden
- Lockert verdichtete Erde auf und optimiert die Durchlässigkeit
Die positiven Merkmale machen Torf für gewerbliche Gärtnereien und Baumschulen unverzichtbar für die Kultivierung von Rhododendren, Azaleen, Hortensien und anderen Pflanzen, die auf einen sauren Boden angewiesen sind. Der Handel ließ allerdings bei der Propagierung von Gartentorf für den privaten Zier- und Nutzgarten wichtige negative Auswirkungen des Substrats unter den Tisch fallen:
- Einmal ausgetrocknet, geht die Wasserspeicherfähigkeit verloren
- Geringe Wiederbenetzbarkeit resultiert in zunehmender Bodenverdichtung
- Versauerung des Bodens bei gleichzeitiger Freisetzung von Schwermetallen
- Minimaler Nährstoffgehalt erfordert zusätzliche Gabe von Kunstdünger
Gartentorf ist lediglich dann empfehlenswert, wenn Sie sich im Garten und Gemüsebeet auf den Anbau von Pflanzen beschränken, die einen sauren Boden bevorzugen mit einem pH-Wert von 4 bis 5. Die große Mehrheit an Gehölzen, Stauden und Gemüsepflanzen gedeiht prächtig in neutraler bis leicht alkalischer Erde mit einem ausgewogenen pH-Wert von 6 bis 7. Kommt hier Torf ins Spiel, sind Krankheiten und Kümmerwuchs vorprogrammiert.
Torf-Verzicht schützt Klima und Natur
Garten und Gemüsebeet profitieren lediglich in Ausnahmefällen von Torf. Nicht nur im Rahmen der Kultivierung von Zier- und Nutzpflanzen überwiegen die negativen Auswirkungen. Der exzessive Torf-Abbau hat weltweit und vor unserer Haustüre riesige Moorlandschaften unwiederbringlich vernichtet. In diesem Zusammenhang ging wertvoller Lebensraum verloren für seltene Tiere und Pflanzen.
Eine häufig unterschätzte Folgeerscheinung des rigorosen Abbaus von Torf ist die Freisetzung von Kohlendioxid. Dabei sind die Zahlen alarmierend. Jährlich setzen alleine in Deutschland zerstörte Moorböden mehr als 40 Millionen Tonnen an Treibhausgasen frei. Dieser Wert bewegt sich auf Augenhöhe mit dem CO2-Ausstoß der gesamten deutschen Luftfahrt. Der bewusste Verzicht auf Torf und Torf-haltige Blumenerde im Hausgarten leistet einen wertvollen Beitrag zur Erhaltung einzigartiger Moorlandschaften und Reduzierung von Emissionen.
Sinnvolle Alternativen für Garten und Gemüsebeet
Der Verzicht auf die Verwendung von Gartentorf ist im Hausgarten mit keinerlei Einschränkungen in der Pflanzenpflege verbunden. Im Gegenteil steht ein bunter Reigen umweltfreundlicher Alternativen zur Verfügung, die ohne einen Krümel Torf auskommen. Gärtnern ohne Torf ist übrigens keine Erfindung der Neuzeit, sondern eine Rückbesinnung auf eine traditionelle und gut bewährte Praxis. Erprobte Optionen für Ihren Garten und Gemüsebeet werden im Folgenden näher beleuchtet:
Kompost
Im ökologisch bewirtschafteten Garten gehört der Komposthaufen zur Grundausstattung. Pflanzliche Abfälle aus Garten und Küche werden im Rahmen einer mehrmonatigen Rotte mit Temperaturen von bis zu 70 Grad umgewandelt in einen wertvollen Naturdünger mit Substratqualität. Fleißige Bodenorganismen leisten dabei einen wichtigen Beitrag zur Humusbildung. Zugaben von Herbstlaub, Holzschnitt und Gesteinsmehl fördern den Zersetzungsprozess. Das Resultat ist ein hygienisch einwandfreier Torf-Ersatzstoff mit guter Wiederbenetzbarkeit, einem hohen Nährstoffgehalt sowie einer nachweislichen Abwehrwirkung gegenüber pathogenen Erregern. Starkzehrer im Gemüsebeet, wie alle Kohlarten, gedeihen prächtig, wenn sie mit reinem Kompost kultiviert werden. Weniger anspruchsvolle Zierpflanzen bevorzugen eine Mischung aus Kompost, Rindenhumus und Holzfasern zu je einem Drittel. Für die Verwendung als Kübelsubstrat sind mineralische Zuschlagstoffe empfehlenswert, wie Sand, Blähton oder Splitt. Für Torf ist in diesem austarierten Zusammenspiel aus umweltfreundlichen Komponenten kein Platz.
Rindenhumus
Zerkleinerte Nadelholzrinde wird kompostiert zu Rindenhumus und ergibt einen gerne verwendeten Torf-Ersatzstoff. Als eines der waldreichsten Länder in Europa, steht in Deutschland Baumrinde überdies als nahezu unerschöpfliche Quelle für einen kontinuierlichen Nachschub als Torf-Alternative zur Verfügung. Wuchshemmende Stoffe in frischer Nadelholzrinde, wie Harz, Tannin oder Gerbstoffe bauen sich im Verlauf der mehrjährigen Fermentierung nahezu vollständig ab. Rindenkompost weist eine zuverlässige Strukturstabilität auf und verfügt über einen stabilen pH-Wert. Fernerhin ist die Wiederbenetzbarkeit besser, als bei Gartentorf. In handelsüblichen, torffreien Erden beträgt der Anteil von Rindenhumus bis zu 50 Prozent. Nachteilig zu bewerten ist der steigende Preis. Baumrinde gewinnt als nachwachsender Rohstoff zusehends an Bedeutung für die Energiegewinnung, was die Preise in die Höhe treibt. Südliche Länder sind bei torffreien Substraten aus diesem Grunde bereits dazu übergegangen, Pinienrinde als Ersatzstoff den Vorzug zu geben.
Holzfasern
Chemisch unbehandelte Hölzer liefern das Ausgangsmaterial für einen hochwertigen Torf-Ersatzstoff. Sägeresthölzer, wie Schälspäne oder Hackschnitzel werden mittels eines thermo-mechanischen Verfahrens aufbereitet, was ihre Eigenschaften optimiert und zu einem perfekten Substrat macht. Holzfasern punkten mit einer hohen Luftkapazität, erstklassiger Drainagewirkung und guter Wiederbenetzbarkeit. Vorteilhaft sind zudem der niedrige Nährstoff- und Salzgehalt, eine geringe Rohdichte und zuverlässige Unkrautfreiheit. Mischen Sie Gartenerde oder Kompost bis zu 50 Prozent Holzfasern bei, hat Staunässe keine Chance. Substrat mit Holzfasern trocknet an der Oberfläche rascher ab, sodass Moos und heranfliegende Unkrautsamen keine Basis vorfinden für Keimung und Wachstum.
Torfmoos
Forschung und Entwicklung im Anbau von Torfmoosen als Torf-Ersatzstoff stecken noch in den Kinderschuhen. Die ersten Ergebnisse in 2016 sind indes vielversprechend. Auf abgetorften, wiedervernässten Hochmoorflächen werden Torfmoose der Gattung Sphagnum angebaut, um daraus eine Biomasse zu gewinnen als Rohstoff für die Herstellung von Kultursubstraten für Garten, Balkon und Fensterbank. In Pilotprojekten stellte sich heraus, dass Zier- und Nutzpflanzen ausgezeichnet gedeihen in Erden mit einem 80-prozentigen Anteil an Torfmoos.
Nicht nur in Deutschland, sondern in Europa und weltweit werden große Anstrengungen unternommen, mit Torfmoos einen vollwertigen und gesellschaftlich anerkannten Torf-Ersatz zu produzieren. Die Zeit drängt, denn die Torfgewinnungsflächen sind stark rückläufig. Infolge der gesellschaftlichen Ächtung tun sich die Länder schwer damit, neue Genehmigungen auszusprechen, woraufhin weitere Moore zerstört würden. Alleine im Land Niedersachsen gehen die Prognosen davon aus, dass sich die Abbauflächen von nahezu 12.000 Hektar in 2012 auf 6.000 Hektar in 2022 halbieren und bis 2037 auf unter 1.000 Hektar reduzieren.