Flachdach von A-Z: Infos zu Aufbau, Vor- und Nachteile und Neigung
Inhaltsverzeichnis
Früher vor allem kostengünstigen Zweckbauten vorbehalten, erfreut sich das Flachdach seit der klassischen Moderne aus den 1020er Jahren auch bei Wohn- und Repräsentationsbauten großer Beliebtheit. Ebenso vielfältig wie sein Einsatz, fällt aber auch sein Aufbau aus. Hier erläutern wir die gängigsten Flachdachkonstruktionen und klären über ihre Vor- und Nachteile auf.
Der generelle Aufbau
Wie alle anderen Dachformen aus, muss das Flachdach in aller Regel drei grundlegende Anforderungen erfüllen. Diese können durch ein und denselben Bestandteil des konstruktiven Aufbaus erbracht werden, können sich aber auch ganz klar gegenseitig „im Wege stehen“.
Tragfähigkeit
Jeder Flachdachaufbau muss tragfähig genug sein, um folgende Lasten aufzunehmen und sicher in die stützenden Bauteile, also Wand oder Stützen, abzuleiten:
- Konstruktion – also das Gewicht des Daches selbst
- Niederschlag – das Gewicht von Regenwasser und vor allem Schnee
- Verkehrslasten – je nach Art der Dachnutzung entweder Handwerker zur Revision, oder – bei Nutzung als Dachterrasse – Menschen, Möbel, Pflanzen etc.
Wärmedämmung
Für beheizte Gebäude fordert die Energieeinsparverordnung ENEV ein Mindeststandard an Wärmedämmung des Flachdachs, um das Maß der über die Dachflächen entschwindenden Energie zu beschränken. Bei unbeheizten Gebäuden ist dies zwar nicht erforderlich, dennoch kann – in Abhängigkeit von der Nutzung – eine Mindestdämmung zur Verhinderung von Tauwasser nach DIN4108 nötig sein.
Abdichtung
Zuletzt soll das Flachdach selbstverständlich von den Widrigkeiten des Wetters, also Wind und Niederschlag, schützen. Hierzu muss der konstruktive Aufbau eine dichte Ebene vorsehen. Diese ist in der Regel so auszubilden, dass auch auftretende Probleme, wie beispielsweise ein verstopfter Ablauf oder eine defekte Regenrinne, nicht sofort zum Wasserschaden in der Konstruktion führt.
Vor- und Nachteile
Zuletzt sollen an dieser Stelle die wesentlichen Vor- und Nachteile des Flachdaches übersichtlich zusammengefasst werden:
Vorteile
- Geringe Aufbauhöhe
- Oberseitig gut nutzbar (z.B. Dachterrasse)
- Zurückhaltende bis unsichtbare Erscheinung
- Herstellung durch waagerechten Einbau von Dämmung und Abdichtung recht einfach realisierbar
- Kein verlorener Dachraum darunter, da waagerechter Abschluss des Raumes nach oben hin
Nachteile
- Langsame Wasserableitung durch keine bzw. geringe Neigung
- Bei Undichtigkeiten somit rasches Eintreten von Wasser in die Konstruktion
- Innenliegende Entwässerung aufwändig und störanfällig
- Kein Abrutschen von Schnee auf Grund fehlender Neigung
- Keine selbst reinigende Wirkung, da geringe Spülwirkung des langsam abfließenden Regenwassers
Neigung
Auch wenn das Flachdach flach ist, bedeutet das nicht automatisch, dass es gar kein Gefälle aufweisen darf. Sogar im Gegenteil. Befolgt man bei der Konstruktion des Flachdaches die Vorgaben der Flachdachrichtlinie, muss das Dach eine Neigung von mindestens zwei Prozent in Richtung der Entwässerungsstellen – Dachabläufe oder Regenrinnen – aufweisen. Entweder kann das gesamte Dach geneigt sein, oder aber lediglich die Abdichtungsebene wird zum Beispiel über eine sich verjüngende Gefälledämmung auf einer vollständig waagerechten Konstruktionsebene mit der Neigung versehen. Diese Neigung führt dazu, dass Niederschlagswasser gezielt zu den ableitenden Bauteilen geführt wird. Das recht hoch erscheinende Neigungsmaß berücksichtigt dabei zugleich, dass bei der Ausführung immer wieder Abweichungen auftreten können. Bei einer zu geringen Neigung würden sich bereits bei geringen Niveauunterschieden Wassersäcke bilden, in denen Regenwasser dauerhaft steht und die Konstruktion belastet. Nach oben ist die Abgrenzung des Flachdachs gegenüber steileren Dachformen nicht klar definiert. Meist spricht man ab ca. drei bis fünf Grad Neigung nicht mehr vom echten Flachdach, sondern vom flachgeneigten Dach.
Klassische Baustoffe
Entgegen verschiedener anderer Dachformen ist das Flachdach hinsichtlich der zu einer Erstellung verwendeten Baustoffe recht eingeschränkt. Das liegt in erster Linie an den konstruktiven Herausforderungen der minimalen Neigung, sowie einer möglichen Nutzung der Dachfläche. Tragwerk, Dämmung und Abdichtung müssen sich hieran anpassen und auf die Herausforderungen dieser Eigenheiten reagieren.
Tragwerk
Etabliert sind folgende Tragkonstruktionen:
- Homogene Stahlbetonplatte
- Stahl- oder Betonträger mit zwischengehängten Betonelementen
- Holzträger mit Holzbelag als tragende Ebene
- Stahlträger mit Holz- oder Metallbelag (dann meist Trapezblech)
Dämmung
Bewährte Dämmvarianten sind:
- Geschäumte Kunststoffe als klassische Dämmmaterialien zur Verlegung auf flächigen Ebenen, z.B. Stahlbetonplatte oder Holzbelag
- Schaumglas als flächiger Belag, s.o.
- Mineralwolle, Zellulosedämmung und andere weiche Dämmstoffe zum Einbau in Hohlräume zwischen tragenden Elementen
Abdichtung
Bei der Abdichtung gibt es für das Flachdach letztlich nur zwei gängige Varianten:
- Folie – Kunststofffolie zur Verklebung auf flächigen Unterlagen, z.B. einer druckfesten Dämmung
- Bitumen – bitumenhaltige Abdichtungsbahnen, die nicht verklebt, sondern durch Aufflämmen und Verflüssigen des Bitumens aufgeschweißt werden
Belag
Für die reine Funktion des Flachdachs als Teil der Gebäudehülle meist nicht erforderlich, können unterschiedliche Beläge auf dem Dach verschiedene Vorteile bringen:
- Begrünung: Verzögerung der Abgabe von Niederschlagswasser, ökologischer Mehrwert, optische Aufwertung
- Kies: mechanischer Schutz der Abdichtung, Auflast als Sicherung gegen Windsog, UV-Schutz von Kunststoff- und Bitumenabdichtungen
- Gehbeläge: Zur Nutzung der Dachfläche als Terrasse, als Plattenbelag oder Holzrost analog zu Terrassen auf ebenem Grund herstellbar
Konstruktionsprinzipien
Kennt man nun die wesentlichen Anforderungen an ein Flachdach, sowie den Katalog der gängigen Bauteile, gilt es nun, beides zu einer funktionierenden Gesamtkonstruktion zusammen zu fügen. Trotz der zunächst sehr hoch erscheinenden Anzahl möglicher Kombinationen ergeben sich tatsächlich nur wenige generelle Systeme, nach denen ein funktionierendes Flachdach in der Regel erstellt wird:
1. Aufdachdämmung
Bei dieser klassischen wie simplen Form des Flachdachs werden die Bauteile ganz einfach übereinandergestapelt. Zuunterst steht das Tragwerk, also die Betonplatte, oder auch der Holzbelag auf einer Trägerebene. Darauf folgt nun die Dämmschicht. Diese muss so druckfest sein, dass sie die nachfolgenden Bauteile, sowie eine mögliche Schneelast aufnehmen kann und gegebenenfalls einer Nutzung des Daches Stand hält. Auf der Dämmlage als flächigem Unterbau wird nun die Abdichtung aufgebracht. Sie schützt die gesamte Konstruktion, sowie selbstverständlich auch das mit dem Flachdach überdachte Gebäude. Auf der Abdichtung kann nun ein individueller Belag aufgebracht werden, oder aber die Abdichtung als oberster funktioneller Abschluss der Konstruktion verbleiben.
1b. Sonderfall Umkehrdach
Eine besondere Form des gerade eben beschriebenen Flachdachaufbaus ist das so genannte Umkehrdach. Hierbei wird die Dämmung nicht unter der schützenden Abdichtung eingebaut, sondern auf die Abdichtung aufgelegt. Die Abdichtung befindet sich dementsprechend unmittelbar auf der tragenden Ebene. Für diesen Dachaufbau muss die Dämmlage besonders fugen- und spaltfrei verlegt werden, um das Eindringen von wärmeleitendem Niederschlagswasser möglichst zu unterbinden. Außerdem muss die Dämmung selbst in der Lage sein, dauerhafte Feuchtigkeit auszuhalten. Meist wird diese Konstruktion von einer Schutzbahn und einer Kiesauflage abgeschlossen, um die Dämmung in ihrer Lage zu sichern.
2. Indachdämmung
Wird das Flachdach aus einer Trägerlage mit aufliegenden Plattenwerkstoffen erstellt, bietet sich die Möglichkeit, die Dämmung nicht oben aufzulegen, sondern sie bereits zwischen die Träger einzubringen. Der Vorteil liegt mit einer deutlich reduzierten Aufbauhöhe durch die entfallende Dimension der Dämmschicht auf der Hand. Andererseits muss die Dämmung nach unten gegen Herausfallen gesichert werden, so dass sich eine Unterdecke mit Rieselschutzfolie und Klemmlattung nicht vermeiden lässt. Generell eignet sich die Indachdämmung nur bei Holzkonstruktionen, da das Holz selbst einen gewissen Dämmwert mit sich bringt. Stahl- oder Betonträger dagegen würden zwischen den einzelnen Dämmpaketen eklatante Wärmebrücken mit allen daraus resultierenden Problemen entstehen lassen.
3. Unterdachdämmung
Der Vollständigkeit halber soll hier noch die Unterdachdämmung erwähnt werden. Hier wird ein bestehendes Dach von der Unterseite gedämmt. Das kann entweder durch das Aufkleben und Verkleiden von flächigen Dämmstoffen erfolgen, oder durch das Vorsehen einer zusätzlichen Lattung, zwischen der die Dämmung eingebaut wird. Da die Dämmung aber nur bis an die das Tragwerk stützenden Wände herangeführt werden kann, stellt sie die denkbar ungünstigste Variante dar und findet sich üblicherweise nur in der Altbausanierung. Denn ihr Vorteil besteht ganz klar darin, dass sie eingebaut werden kann, ohne das bestehende Dach öffnen oder ganz rückbauen zu müssen.
Der Dachrand
Ein besonderes Augenmerk gilt bei Flachdächern dem Dachrand. Denn das Flachdach kann entweder mit einem Dachüberstand versehen werden, oder sich unsichtbar hinter einer Attika, also einer umlaufenden Aufmauerung, verstecken. Je nach angestrebter Lösung stellt diese an den Dachrand besondere Anforderungen:
Bei Dachüberstand
- Außenliegende Entwässerung über Regenrinne einseitig oder umlaufend
- Dachgefälle nach außen zur Rinne hin geneigt
- Abdichtung über Einlaufblech in Rinne führen
- Bei Belag auf Abdichtung wasserdurchlässigen Randstreifen, z.B. Kiesleiste, vorsehen
Bei Attika
- Abdichtung umlaufend an Attika nach oben führen
- Abdichtungshöhe laut DIN mindestens 15cm über Oberkante Belag
- Knickradien der Abdichtung in der Kehle Dachfläche zu Attika beachten und Dämmkeil vorsehen
- Oberer Abdichtungsabschluss über Klemmprofil und Überhangblech
- Entwässerung innenliegend über Dachabläufe, Gefälle auf punktuellen Tiefpunkt ausrichten
- Mindestens zwei Abläufe erforderlich, alternativ Notüberlauf als zweiter Ablauf
- Attika oberseitig gegen Wasser schützen, z.B. durch Verblechung