Ambrosia-Pflanze erkennen und bekämpfen
Inhaltsverzeichnis
- Warum muss Ambrosia überhaupt bekämpft werden?
- Ambrosia breitet sich sehr schnell aus.
- Kunstvolle Strategien, die besser werden
- Ambrosia macht krank – und nicht nur Allergiker
- Ambrosia kostet viel Geld
- Ambrosia vernichtet andere Pflanzen
- Wie konnte es soweit kommen?
- Ordentliche Gärten
- In der Jugend unscheinbar
- Untätigkeit der Behörden?
- „Das schaffen wir“ – aber wie andere große Herausforderungen nur gemeinsam
- Ambrosia-Pflanze erkennen
- Ambrosia bekämpfen
- Fazit
Wenn Ambrosia auftaucht, ist das ein durchaus ernst zu nehmenden Ärgernis: Die „Speise der Götter“ wird so genannt, weil sie unsterblich macht, und die Pflanze Ambrosia scheint alle Anstrengungen zu unternehmen, um genau das zu schaffen.
Warum muss Ambrosia überhaupt bekämpft werden?
Vor der Thematik „Ambrosia erkennen“ müssen einige Voraussetzungen geklärt werden – Sie sollten wissen, warum es wichtig ist, Ambrosia zu bekämpfen, warum es wichtig ist, Ambrosia vor der Bekämpfung genau zu identifizieren und warum im Zweifel beides nicht unbedingt durch Sie persönlich geleistet werden muss. „Pflanze ist Pflanze, übertreiben braucht man es auch nicht, giftig sind viele Pflanzen und niemand käme auf die Idee, jedes Maiglöckchen zu vernichten.“ Durchaus eine Haltung, deren Kernaussage auch in Bezug auf Ambrosia gelegentlich zu hören ist, sogar von Vorsitzenden von Naturkundevereinen, die sich in den Medien als Experten äußern.
Pflanzenforscher, die auf dem Gebiet „invasive Pflanzen“ tätig sind, sehen das anders, die Weltnaturschutzunion (IUCN, International Union for Conservation of Nature and Natural Resources, www.issg.org/database/welcome, nach Ambrosia suchen) und EU (ec.europa.eu/environment/nature/invasivealien/index_en.htm, s. Brochure on Invasive Alien Species) auch. Pflanze ist eben doch nicht Pflanze, es folgen ein paar Fakten zur Ambrosia, damit Sie sich selbst ein Bild zur Gefährlichkeit dieser Pflanze machen können:
Ambrosia breitet sich sehr schnell aus.
Es gibt gut 40 Arten in der Gattung Traubenkräuter, Ambrosien, und drei von ihnen zeigen Ansätze zum „Drang zur Weltherrschaft“: Sie sind fast weltweit als Neophyten unterwegs, wobei in Europa vor allem die als hochallergen bekannte Ambrosia artemisiifolia ein Problem darstellt. Das Ausdauernde Traubenkraut Ambrosia psilostachya ist bei uns selten und nicht ganz so verbreitungswütig, aber ebenfalls allergologisch relevant – und wird immerhin z. B. im Berliner Ambrosia-Atlas geführt, um die Verbreitung zu beobachten (http://ambrosia.met.fu-berlin.de/ambrosia/informationen.php?info=ap&). Das Dreiblättrige Traubenkraut (Ambrosia trifida) ist noch seltener, soll heilen und essbares Öl bringen, hat aber auch allergenes Potenzial.
Richtig kritisch bleibt Ambrosia artemisiifolia, in Europa über Samenmischungen und anderes Saatgut, Getreide und verunreinigtes Vogelfutter verbreitet, hier verbinden sich hochallergene Wirkung mit schneller Ausbreitung. Modelle zur klimawandelbedingten Ausbreitung der Ambrosia in Europa finden Sie hier: www.senckenberg.de/root/index.php?page_id=5206&PHPSESSID=frou0j7ab0k385v47mnf3iehga10l3i5&kid=2&id=2680, wie es mit Ambrosia in Berlin steht, können Sie dem Berlin-Brandenburger Ambrosia-Atlas unter ambrosia.met.fu-berlin.de/ambrosia/funde_anzeigen.php entnehmen.
Kunstvolle Strategien, die besser werden
Die Ambrosia-Pflanze selbst lebt nur einen Sommer, sie ist eine der nicht sehr zahlreichen echten einjährigen Pflanzen (Zierpflanzen werden meist nur einjährig kultiviert, weil sie den Winter im Fremdklima nicht überstehen). Eine einjährige Pflanze muss in einer Saison ihre Fortpflanzung sicherstellen und treibt dafür einigen Aufwand. Die Ambrosia überlässt bis zu einer Milliarde 0,02 mm! kleine Pollenkörner (pro Pflanze) dem Wind, sie kann sie zur Not selbst bestäuben. Dann werden Früchte/Samen gebildet, 3.000 bis 60.000 pro Pflanze und Jahr, Ambrosia blüht zwischen Juli und Oktober. Wegen dieser späten Blütezeit reifen die Samen in Mitteleuropa nicht in der gleichen Saison aus. Was früher bedeutete, dass die Samen im Frost starben. Hat sich geändert, um die Jahrtausendwende ist hat die Ambrosia eine genetischen Mutation hinbekommen, nun vertragen ihre Samen Frost. Damit kann die Ambrosia in winterkalten Klimaten Samen verbreiten, die bis zu 40 Jahre keimfähig bleiben, starker Frost fördert bei den „neuen Samen“ sogar noch die Keimrate. Die Hülle dieser Samen ist dann noch mit Widerhaken ausgestattet, um überall hängen zu bleiben und mit Menschen, Vogelfutter, Baustellen-Erde durch die Welt zu reisen – so kommt man rum, so wird man mehr.
Ambrosia macht krank – und nicht nur Allergiker
Ambrosia enthält sehr wirksame reizende Inhaltsstoffe, empfindliche Menschen reagieren schon auf 6 , „normale Allergiker“ ab 11 Ambrosia-Pollen pro Kubikmeter Luft, da ist man mit einer Milliarde Pollen schnell auf der Zielgraden (Gräserpollen = Reaktion ab 50 pro Kubikmeter Luft). Ambrosia reizt nicht nur Allergiker, sondern auch Menschen, die noch nie Allergieprobleme hatten. An den Augen, beim Berühren auf der Haut, in den Atemwegen bis zum Asthma. Ausgesprochen winzige Pollen, die tief in die Bronchien gelangen und die man auf der Haut erst merkt, wenn es anfängt zu brennen … und deren Allergene so sehr den allergieauslösenden Substanzen in Beifuß, Bananen, Melonen, Margeriten, Sonnenblumen, Arnika, Gänseblümchen und Kamille ähneln, dass es zu einer Kreuzallergie kommen kann (das Immunsystem kann nicht unterscheiden und reagiert auch auf diese, eigentlich kaum allergieauslösenden Pflanzen). Genau passend zum VW-Abgasskandal, in dem es um zu hohen Ausstoß von Stickstoffdioxid geht, haben Forscher des Helmholtz Zentrums in München in einer Studie vom August 2015 Ambrosia-Pflanzen mit Stickstoffdioxid begast und herausgefunden, dass die Autoabgase die Wirkung der Pollen noch verstärken. Da die Beifuß-Ambrosie zu den wenigen allergenen Pflanzen gehört, die erst im Spätsommer blühen, verlängert sie für Pollenallergiker die Zeit der Bedrohung. Und die Allergie nehmen heute sowieso ständig zu, weil Kinder nicht mehr im Dreck spielen dürfen und Haushalte mit Desinfektionsmitteln anstatt mit Wasser und Seife geputzt werden. Einen (englischen) Forschungsbericht aus der Fachzeitschrift Allergy vom Juni 2015 über den Wirkmechanismus finden Sie unter onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/all.12642/abstract.
Ambrosia kostet viel Geld
Die Folgen der Ambrosia- Allergieen betreffen uns alle, eine 2012 veröffentlichte Studie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) und des AllergieZentrums der Ludwig-Maximilians-Universität München schätzte die Kosten auf etwa 200 Millionen bis über eine Milliarde Euro pro Jahr. Die von unseren Steuern oder Krankenversicherungsbeiträgen gezahlt werden.
Ambrosia vernichtet andere Pflanzen
Wenn eines unserer seltenen Wildkräuter lange mit Ambrosias konkurrieren muss, hat es Mühe. Empfindliche Zierpflanzen haben noch mehr Mühe, und nach gestörten Böden, Straßenrändern, Bahndämmen, Baustellen, Äckern etc. sind die Gärten die nächsthäufigsten Wuchsorte der Ambrosia. Wo sie besonders unter Vogelfutterplätzen sprießen, weil der Garten-Eigner nicht auf das Label „Ambrosia-kontrolliert“ geachtet hat und mit Ambrosia-Samen verunreinigtes Vogelfutter gekauft hat. Oder doch darauf geachtet hat, aber ein Futter auf irgendeiner Handelsplattform bestellt hat, deren Betreiber nicht in Europa sitzt und so kaum kontrolliert werden kann.
Wie konnte es soweit kommen?
Neben der oben geschilderten Fortpflanzungsstrategie gibt es noch weitere Gründe, warum die hartnäckigen Pflanze nur mit ständiger Aufmerksamkeit im Zaum gehalten werden kann:
Ordentliche Gärten
Die ersten Ambrosiasamen wurden kurz nach dem Zweiten Weltkrieg aus Nordamerika mit landwirtschaftlichen Produkten in Deutschland eingeführt, Ambrosia hat uns also viele Jahre nicht geärgert. Damals zeigten die meisten Bodenflächen buntgemischten Bewuchs und keinen Beton, mindestens an den Rändern waren auch die Felder natürlich bewachsen, das alles hat die Beifuß-Ambrosie sehr lange sehr viel wirkungsvoller im Zaum gehalten als umherstreifende Ambrosia-Scouts es leisten können. Seit dieser Zeit hat sich die Natur verändert und der globale Warenverkehr mit Futtermitteln und Saatgut hat gewaltig zugenommen, alles gut für die Ambrosia. Seit die Samen nun überwintern können, werden wir Ambrosia sicher nicht mehr vollkommen los. Aber jede Anstrengung von Hausgärtnern, Ihre Gärten naturnäher zu gestalten, hilft dabei, die Beifuß-Ambrosie zu disziplinieren. Wenn in vielen Gärten viele viele Kleintiere und Mikroorganismen leben, erhöht das auch die Chance, dass irgendeines dieser Winztierchen ebenfalls mutiert, in Richtung hungriger Ambrosia-Verkoster. Wenn die Natur eine Chance hat, gleicht sie einseitig vorteilhafte Mutationen irgendwann wieder aus, „die Natur“ hat schließlich ein paar mehr (Trillionen) Organismen am Start als alle Umweltämter, Forscher und Bürger Deutschlands.
In der Jugend unscheinbar
Auch die absoluten Ambrosia-Experten können Ambrosia als kleines Pflänzchen eher durch einen Gen-Test als an der Pflanze erkennen. Während der Keimzeit sieht die Ambrosia unscheinbar und harmlos aus und kann leicht mit Zierpflanzen im Garten verwechselt werden, da sich die Keimzeit vom April bis in den August zieht, mit sehr vielen Zierpflanzen im Garten. So ist schon manche Ambrosia unscheinbar vor sich hingewachsen, um dann (während der Urlaubszeit) zu explodieren und Samen zu verstreuen …
Es gibt aber einen Trick, wie Sie ihr auf die Schliche kommen können, ohne Ihr Beet mit
- Ackerfrauenmantel
- Beifuss
- Dreiteiligem Zweizahn
- Eisenkraut
- Färber-Hundskamille
- Gekrümmtem Amarant
- Hopfenklee
- Johanniskraut
- Kreuzkraut
- Rainfarn
- Reseda
- Roten Margeriten
- Schafgarbe
- Skabiosen
- Schmuckkörbchen
- Tagetes
- Weissem Gänsefuss
- Wermuth
- Wilden Möhren
(alle jung Ambrosia ähnlich) mit dem Bagger zu bearbeiten: Die gelisteten Pflanzen werden kontinuierlich größer, während Ambrosia bei einer Größe von 10 – 15 cm eine Wachstumspause von etwas einem Monat einlegt – wenn sie das wissen, fällt Ihnen das auch auf, wenn der Garten ein reines Wochenendhobby ist.
Untätigkeit der Behörden?
Auch das ist häufiger in Medienberichten zu lesen, aber Sorry – was soll der Mensch in der Behörde tun, wenn ihm die Ambrosia-Bestände nicht gemeldet werden? Behörde Behörde sein lassen und seine Gemeinde nach Ambrosias durchstreifen? Ganz im Gegenteil, viele Städte und Gemeinden haben Ambrosia im Blick und das Problem ganz gut im Griff, dank der tätigen Mithilfe ihrer Bürger:
„Das schaffen wir“ – aber wie andere große Herausforderungen nur gemeinsam
0,02 mm große Pollen sind wirklich sehr sehr leicht und können vom Wind weit durch die Luft getragen werden, bei einer Milliarde Pollen pro Pflanze sind die Chancen gut, dass am Ausgangsort bereits bestäubte Pollen an andere Standorte gelangen bzw. unbestäubte Pollen irgendwo anders auf eine Ambrosia treffen und bestäubt werden. Deshalb werden an immer wieder neuen Standorten immer wieder neue Ambrosia-Pflanzen wachsen, deshalb ist Ihre Aufmerksamkeit und Ihre Mithilfe gefragt, eigentlich Ihr ganzes Leben lang, wenn wir die Ambrosia im Griff behalten bzw. mancherorts in den Griff bekommen wollen. Neben Bekämpfung/Vernichtung ist die Meldung wichtig (und Pflicht bzw. für Privatleute empfohlen/erbeten), dauerhaft erfolgreich kann Ambrosia nur biotopübergreifend bekämpft werden. Gemeldet werden sollen alle Funde von Ambrosia, im eigenen Garten oder im Umfeld, übers Internet können Sie Ambrosia z. B. unter pflanzengesundheit.jki.bund.de/index.php?menuid=60&reporeid=74 melden, auf dieser Seite des JKI (Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen) finden Sie zugleich eine Übersicht der in den einzelnen Bundesländer eingerichteten Meldestellen für Ambrosia. Wie viel das bewirken kann, können Sie anhand des oben erwähnten Ambrosia-Atlanten ambrosia.met.fu-berlin.de/ambrosia/funde_anzeigen.php nachvollziehen: 2006 wurden in Berlin 2 Ambrosia gemeldet und vernichtet, 2007 121, 2008 92, 2009 632, 2010 1153, 2011 980, 2012 1037, 2013 180, 2014 73 und 2015 bis Oktober 21 – es klappt, wenn alle mitmachen.
Ambrosia-Pflanze erkennen
Im Internet, in Printmedien, in Bibliotheken finden Sie so viele und so umfangreiche Abbildungen der Ambrosia, dass Sie den Korbblütler mit den gefiederten Blättern und den gelben, ährenförmigen Blütenständen irgendwann im Schlaf erkennen werden. Wie Sie schon oben erfahren haben, ist das bei kleineren Ambrosia schwieriger, und im Zweifel sollen und brauchen Sie Ambrosia auch gar nicht selbst identifizieren. Wenn Sie sie (geschützt) komplett entfernen (nie einfach abschneiden, vergrößert das Problem) und der Meldung ein Handyfoto beilegen, erledigen das andere für Sie. Identifizierung und sonstige Hilfe gibt es beim örtlichen Pflanzenschutzamt, auch das JKI (www.jki.bund.de) hilft gern.
Ambrosia bekämpfen
Sie können Ambrosia selbst bekämpfen, wenn Sie weder zu Allergien neigen noch unter sensibler Haut leiden (dann sollten Sie von Ambrosia ganz weit fern bleiben, den Fund unbedingt melden und Anleitungen lesen, wie Sie die Blütezeit überstehen). Das bedeutet: Bei Fund kleinerer Bestände gesamten Pflanzen mit Wurzeln ausreißen. Größere Bestände müssen Sie selbst (nach Meldung, bei Allergie über Beauftragten) angehen, wenn sie auf Ihrem Privatgrundstück stehen. Wenn sie auf öffentlichem Grund stehen, können Sie nach Meldung gut geschützt tätig werden oder den Fund an die zuständige kommunale Behörde melden, die dann tätig wird. Laut JKI ist dazu mitunter ein wenig Nachdruck notwendig, weil die Zuständigkeit der Behörden nicht in allen Bundesländern ausreichend klar ist, letztlich wird aber kein Bürger mit größeren Ambrosia-Beständen alleine gelassen werden, auch das JKI steht gerne beratend zur Seite. Eine sehr detaillierte Anleitung zum Umgang mit Ambrosia finden Sie unter pflanzengesundheit.jki.bund.de/index.php?menuid=60&reporeid=212 und eine prägnante Kurzfassung mit allen wichtigen Punkten hier: Wenn Sie mit Ambrosia umgehen, behandeln Sie die Pflanze immer so, als wenn sie bereits beim Anhauchen tiefrote Farbe versprühen würde, die niemals und nirgendwo mehr zu entfernen ist. Etwas Vergleichbares tut die Ambrosia, bloß leider mit unsichtbaren Pollen, also:
- Selbst derart schützen, dass „tiefrote Farbspritzer“ immer nur auf festes Plastik oder undurchdringlichen Stoff treffen (Schutzanzug, Handschuhe, Ganzgesicht-Feinstaubmaske)
- Feste Plastikttüte über die Pflanze, unten zubinden, mit Wurzel rausreißen, die Tüten-Pflanze in zweiter Tüte versenken
- „Tüten-Safe“ in einer Mülltonne entsorgen, in der die Pflanze auch dann kein organisches Material zum Wurzeln findet, wenn die Plastikttüten zerfallen (nicht in der Biotonne)
Fazit
Bisher wurden viele sehr gute Gründe genannt, um auch den letzten Naturliebhaber zu motivieren, sich aktiv gegen die Ausbreitung von Ambrosia zu engagieren. Leider ein Dauerthema, und wenn nicht genug Menschen mitmachen, könnte es sogar Verpflichtungen geben, in der Schweiz, Italien und Ungarn ist bereits jeder Bürger gesetzlich verpflichtet, Ambrosia zu melden und zu vernichten.