Alte Obst- & Gemüsesorten | 26 historische & vergessene Sorten
Inhaltsverzeichnis
- Deutschland
- Forellensalate (Lactuca sativa)
- Radieschen (Raphanus sativus var. sativus)
- Pflaume ‚Anna Späth‘
- Kirsche ‚Kassins Frühe Herzkirsche‘
- Europa
- Rote Bete (Beta vulgaris subsp. vulgaris, Conditiva-Gruppe)
- Orchideensalat – Radicchio ‚Variegata di Castelfranco‘
- Gestreifte Aubergine ‚Rotonda bianca sfumata di rosa‘
- Möhren (Daucus carota)
- Goldtropfen-Feige ‚Goutte d`or‘
- Russland
- Russische Braune Netzgurke ‚Brown Russian‘
- Tomate ‚Schwarze Krim‘
- Pflaume ‚Russische Pflaume‘
Mehr als drei Viertel aller traditionellen Kultursorten wurde in weniger als 100 Jahren durch industrielle Neuzüchtungen verdrängt. Manches Gemüse und Obst gibt es nur noch als Hybrid-Saatgut, das nicht mehr samenecht vermehrt werden kann. Solche Sorten leisten nur unter optimalen Bedingungen gute Erträge. Ganz anders ist es bei den alten Sorten. Ihre Vorteile liegen nicht nur in der geschmacklichen Vielfalt.
Deutschland
Engagierte Züchter, Gärtner und Gemüseanbauer lassen historisches Gemüse und vergessene Obstsorten aus Deutschland wieder aufleben. Alte Sorten sind oft besser für die Anforderungen in Haus- und Selbstversorgergärten geeignet, da sie sich als robust erweisen und auch unter suboptimalen Bedingungen gute Erträge liefern.
Forellensalate (Lactuca sativa)
Unter diese Kategorie fallen traditionelle Sorten, deren Blätter braunrot und forellenartig gesprenkelt sind und besonders aromatisch schmecken. Sie entstanden aus Kreuzungen von Römersalat („Forellenschluss“) und Kopfsalat („Goldforelle“) und wurden im 19. Jahrhundert in Franken angebaut. Da die Flecken auf den ersten Blick an abgestorbene Stellen erinnern, wurden die alten Sorten schnell vom Markt verdrängt. Forellensalate entwickeln halboffene Köpfe, deren äußere Blätter flach geformt und mit feinen Blasen besetzt sind. Die inneren Blätter sind lachsrosafarben gepunktet. Besonders interessant für Hobbygärtner ist die ausgedehnte Erntephase. Forellensalate zählen zu den vorzüglichen Salatsorten, die wegen der Färbung eine Zierde in jeder Speise sind. Diese Sorten sind fast in Vergessenheit geraten oder nicht mehr auf dem Markt zu finden:
- ‚Forellensalat, großer blutroter‘: große Blätter, blutrot gesprenkelt
- ‚Bunte Forelle‘: mittelgroße Köpfe, Blätter grün und rosa gesprenkelt
- ‚Blutforellensalat mit weißen Samen‘: zarte kleine Köpfe, verschollene Sorte
Radieschen (Raphanus sativus var. sativus)
Hinweise auf dieses Gemüse stammen bereits aus dem 16. Jahrhundert. Vermutlich wurde es im Mittelmeerraum auf den Arten Raphanus landra und Raphanus maritima gezüchtet. Besonders beliebt sind die Knollen wegen ihrer kurzen Reifezeit. Bereits nach 20 bis 30 Tagen kann das Wurzelgemüse geerntet werden. Neue Zuchtformen entwickeln rote und rundliche Knollen, während sich historisches Gemüse durch eine große Bandbreite hinsichtlich Formen und Farben auszeichnet. Das Spektrum reicht von rundlichen bis länglichen Formen und von roten über violetten bis zu gelben und weißen Farbtönen:
- ‚Papageno‘ (halbrote-halbweiße Radieschen)
- ‚Eiszapfen‘ (weiße längliche Radieschen)
- ‚Gelbes Radischen‘ (alte Landsorte)
- ‚Riesenbutter‘ (bommelgroß, knallrot, zart und nicht pelzig)
Pflaume ‚Anna Späth‘
Viele vergessene Obstsorten wie diese Pflaume haben eine geheimnisvolle Geschichte. Vermutlich kam diese Sorte als Sämling im 19. Jahrhundert aus Ungarn nach Deutschland, wo sie von Anna Späth in den Handel gebracht wurde. Die Pflaume gehört zu den mittelspät blühenden Prunus-Arten und dient anderen Arten als Pollenspender. Trotz der vergleichsweise späten Blüte trägt das Gehölz nur selten Frostschäden davon. Die dunkelviolett gefärbten Früchte sind hellblau bereift und wirken wegen ihrer abgestumpften Enden etwas gedrungen. Die Fruchthälften sind ungleich geformt und durch eine feine Naht getrennt. Der Fruchtgeschmack ist außergewöhnlich:
- mäßig saftig
- würzige Note
- sehr gute Süße und feine Säure
Kirsche ‚Kassins Frühe Herzkirsche‘
Im Jahr 1886 wurde diese Sorte als Zufallssämling in Werder entdeckt. Lange galt sie als eine der wichtigsten Kirschsorten im Erwerbsanbau. Im Laufe der Zeit wurde sie von der großfrüchtigen ‚Burlat‘ verdrängt. Doch diese Herzkirsche überzeugt mit einem vollmundigen Aroma, einer hohen Platzfestigkeit und einer regelmäßigen Fruchtreife. Allerdings benötigt die Sorte einen Bestäubungspartner, da sie selbststeril ist. Als Pollenlieferanten kommen andere alte Sorten wie ‚Büttners Rote Knorpelkirsche‘, ‚Große Prinzessin‘ oder ‚Dönissens gelbe Knorpelkirsche‘ in Frage. Diese Kirschsorte hat einige Vorteile:
- sehr frühe Reife und hohe Erträge
- äußerst gesunder Baum mit starkem Wachstum
- sehr aromatische und feste Herzkirschen
Europa
Viele Gemüse- und Obstsorten haben ihre Ursprünge in südlichen Ländern. In ganz Europa wurden früher Sorten angebaut, die durch Neuzüchtungen verdrängt wurden. Alte europäische Sorten zeichnen sich nicht nur durch Vielfalt hinsichtlich Geschmack, Formen und Farben aus, sondern haben auch unterschiedliche Erntezeiträume.
Rote Bete (Beta vulgaris subsp. vulgaris, Conditiva-Gruppe)
Heute gibt es überwiegend rote Sorten zu kaufen, deren Wurzelknollen rund ausgebildet sind. Formen mit geringelter Färbung oder helle Sorten sind fast in Vergessenheit geraten. Die vitaminreichen Rüben bereichern den Speiseteller nicht nur in farblicher Hinsicht, sondern eröffnen auch neue Geschmackserlebnisse. Der Anbau ist vergleichsweise einfach und die Ernte erstreckt sich über mehrere Wochen. Diese alten Sorten sind besonders attraktiv:
- Plattrunde Rote Bete: ‚Ägyptische Plattrunde‘
- Weiße Bete: ‚Avalanche‘
- Pfahlförmige Bete: ‚Crapaudine‘ (französische Sorte)
- Rot-weiße Beete: ‚Tonda di Chioggia‘ (historisches Gemüse aus Italien)
- Gelbe Bete: ‚Burpees Golden‘ und ‚Boldor‘ (britische Spezialitäten)
Orchideensalat – Radicchio ‚Variegata di Castelfranco‘
Dieser Zichoriensalat stammt von einer Varietät der Gewöhnlichen Wegwarte ab, deren wissenschaftlicher Name Cichorium intybus var. foliosum lautet. Die Sorte erinnert mehr an einen Kopfsalat als an Radicchio, denn sie entwickelt vergleichsweise offene Köpfe mit kräftigen Blättern, die hellgrün bis weiß gefärbt und rot gesprenkelt sind. Seine anmutige Gestalt gab dieser traditionellen Salatsorte aus Italien den Namen Orchideensalat. Die Sorte stammt aus der Gemeinde Castelfranco Veneto im nordöstlichen Italien und gilt dort wegen seiner Aromen und Inhaltsstoffe nicht nur beim Menschen als echte Delikatesse:
- süßlich mildes Aroma
- keine Bitterstoffe
- reich an Vitaminen
- Feinschmeckersalat auch für Schildkröten
Der Orchideensalat lässt sich leicht aus Samen ziehen und anbauen. Bereits nach zehn bis zwölf Wochen sind die Köpfe erntereif.
Gestreifte Aubergine ‚Rotonda bianca sfumata di rosa‘
Als historisches Gemüse weiß diese alte Auberginen-Sorte sowohl geschmacklich als auch ästhetisch zu überzeugen. Sie stammt aus Italien und wurde aus der Aubergine (Solanum melongena) gezüchtet. Sie zeichnet sich durch rundliche Früchte aus, die wie der Sortenname schon sagt weiß und rund mit einem rosa Farbverlauf erscheinen. Das Fruchtfleisch hat nur wenige Samen und ist besonders fest. Diese Sorte wächst üppig und ist äußerst ertragreich. Wegen ihrer Anpassung an mediterrane Bedingungen bevorzugt die gestreifte Aubergine sonnige, warme und geschützte Lagen. Sie sollte daher im Gewächshaus, unter einem Folientunnel oder im Kübel angebaut werden. Ihre inneren Werte überzeugen anspruchsvolle Geschmackskritiker:
- mild-aromatischer Geschmack
- cremige Konsistenz
- in Scheiben geschnitten zum Panieren oder Marinieren
- gut zum Befüllen geeignet
Möhren (Daucus carota)
Heute wird der Markt von klassisch orangefarbenen Karotten geprägt. Es gibt aber auch viele interessante Sorten, die sich in Form, Farben und Geschmack unterscheiden. Sie sind rundlich, länglich oder oval geformt, haben violette, weiße bis gelbe Färbungen und entwickeln weniger süße, herzhafte oder fein-aromatische und kräftige Geschmäcker. Nicht nur die Farben sind ungewöhnlich. Auch die Inhaltsstoffe unterscheiden sich stark von den neuen Züchtungen. Historisches Gemüse mit violetter Färbung ist reich an Anthocyanen, die den Körper auf natürliche Weise vor Oxidantien schützen.
- Weisse Möhre ‚Blanche a Collet Vert‘: weniger süß und sehr aromatisch, gute Lagerfähigkeit
- Frühe Karotte ‚Pariser Markt‘: schnelle Reife, knackig und sehr süß
- Violette Möhre ‚Schwarze Spanische‘: kräftiger Geschmack
- Ochsenherz Möhre ‚Oxheart‘: saftig-süßer Geschmack, gute Lagerfähigkeit
- Gelbe Möhre ‚Jaune Du Doubs‘: weniger süß, lange Kulturdauer
Goldtropfen-Feige ‚Goutte d`or‘
Erstmals erwähnt wurde diese alte Sorte im 17. Jahrhundert. In Süd-Frankreich ist sie noch weit verbreitet, während die Sorte in Mitteleuropa eher in Vergessenheit gerät. Die Früchte sind leicht bräunlich und werden bei günstigen Bedingungen zwei Mal pro Jahr gebildet. Mit feuchter Herbstwitterung kommt die Pflanze nicht gut zurecht, sodass sich eine Anpflanzung im Gewächshaus empfiehlt. Die traditionelle Sorte zeichnet sich durch eine gute Winterhärte aus und hat einen ausgezeichneten Geschmack. Trockene Sommermonate begünstigen die Fruchtreife und sorgen für eine reiche Ernte. Unter diesen Bedingungen kann sich der einzigartige Geschmack voll entfalten kann:
- ausgewogenes Verhältnis von Zucker und Säure
- vollmundig
- sehr süß
Russland
Diese eher ausgefallenen Sorten sind in Mitteleuropa kaum bekannt und blicken auf eine weit in die Vergangenheit reichende Tradition zurück. Wegen ihrer robusten Eigenschaften und der hohen Toleranz gegenüber Kälte sind alte Sorten aus dem fernen Asien unter Liebhabern sehr begehrt.
Russische Braune Netzgurke ‚Brown Russian‘
Die Ursprünge dieser traditionellen Sorte liegen vermutlich an den Südhängen des Himalayas und stammen von der Gurke (Cucumis sativus) ab. Die besonders wüchsige Sorte erweist sich als robust und gedeiht im Freiland prächtig. Die Früchte werden bis 30 Zentimeter lang und sind gelblich gefärbt mit einer auffälligen Netzstruktur. Ihr Geschmack übertrifft das Aroma herkömmlicher Gartengurken. Es ist knackig frisch und leicht süßlich. Die Netzgurke kann in unterschiedlichen Entwicklungsstadien genutzt werden:
- jung als Einlegegurken
- zum Frischverzehr während der fortgeschrittenen Reifung
- ausgereift als Senfgurken oder geschmort
Tomate ‚Schwarze Krim‘
Diese alte Sorte aus Russland überzeugt durch einen unvergleichbaren Geschmack. Ihre Heimat liegt auf der Halbinsel Krim. Eine Frucht kann zwischen 200 und 400 Gramm Fruchtfleisch entwickeln. Damit gehören die Früchte zu den größten Tomaten überhaupt. Die ‚Schwarze Krim‘ ist äußerst robust und ertragreich, wobei direkter Regen vermieden werden sollte. Damit die Tomaten schön knackig bleiben, werden sie früh mit grünbrauner Färbung geerntet. Vollreif zeichnen sich die Früchte durch verschiedene Merkmale aus:
- flachrunde bis asymmetrische Form
- grüner Kragen, und braunrotes Fruchtfleisch
- ausgeprägtes Aroma, sehr saftig
Pflaume ‚Russische Pflaume‘
Vergessene Obstsorten wie diese Pflaume sind besonders für Liebhaber geeignet. Sie stammt aus den rauen Regionen Sibiriens, wobei das genaue Alter dieser Sorte unbekannt ist. Die ‚Russische Pflaume‘ zeichnet sich durch eine hohe Robustheit gegenüber wechselhaften Witterungsbedingungen aus. Sie bringt auch unter widrigen Verhältnissen gute Erträge und wird deshalb nicht nur in ihrer Heimat hoch geschätzt. Die Früchte sind rötlich bis purpur gefärbt und haben einen feinen Belag auf der Schale. Sie sind rundlich und mittelgroß bis groß. Das mittelfeste Fruchtfleisch ist weiß-gelb und übernimmt gelegentlich die rötliche Färbung der Schale. Frisch vom Baum schmecken die Pflaumen besonders gut. Sie zeichnen sich durch ein angenehmes Pflaumenaroma aus und sind äußerst saftig. Schon vor der Fruchtreife ist die Sorte ein Highlight, denn die Blüte ist besonders üppig.