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Leimringe bei Obstbäumen – wann anbringen? Rezept zum selbst herstellen

Leimring am Apfelbaum

Leimringe geraten immer wieder in Vergessenheit, was daran liegt, dass die mit ihnen hauptsächlich bekämpften Schädlinge nur alle paar Jahre oder sogar Jahrzehnte zu ganz großer Form auflaufen. Wenn die Großen und Kleinen Frostspanner dann aber einmal eine Massenvermehrung „hinbekommen“, wünschen sich bald darauf einige Gartenbesitzer, dass sie rechtzeitig Leimringe angebracht hätten …  Lesen Sie nachfolgend, wann „rechtzeitig“ ist und warum Sie mit den Leimringen kahle Obstbäume mitten in der warmen Saison verhindern können:

Video-Tipp

Der Kahlfraß des Frostspanners

Die Leimringe wurden einstmals erfunden, um Obstbäume dagegen zu schützen, vom Kleinen Frostspanner „Operophtera brumata“ oder Großen Frostspanner „Erannis defoliaria“ komplett kahlgefressen zu werden. Aus gutem Grund: Der Kleine Frostspanner ist die Art aus der Schmetterlingsfamilie der Spanner, die bei uns am häufigsten auftritt, der Große Frostspanner ist auch nicht gerade selten; beide leben in Laubwäldern und Gebüschlandschaften, aber auch sehr gerne in Parks und Obstgärten. Beide Falter schlüpfen im Herbst aus ihren im oder auf dem Erdboden liegenden Puppen. Gewöhnlich ab Ende September, typischerweise nach den ersten Frostnächten, nach dieser Gewohnheit haben sie auch ihren Namen bekommen. Frost ist aber keine Voraussetzung für das Schlüpfen, die Bekämpfung sollte deshalb etwas früher im Herbst ansetzen.  

Weibliche Frostspanner haben keine Flügel, aber lange Beine, mit denen sie den nächsten Baum oder Strauch hochklettern, der in der Nähe ihres Schlupfortes liegt. Die männlichen Falter können fliegen, sie sitzen tagsüber auf Falllaub oder an Baumstämmen und sind ab der Dämmerung sowie die Nacht hindurch aktiv; sie wollen Weibchen zum Zwecke der Fortpflanzung finden. Der Name kommt aber nur vom Schlüpfen, die Falter fliegen nicht am liebsten bei Minustemperaturen, sondern bevorzugt in milden November- oder Dezembernächten; erst in der Dämmerung und in der zweiten Flugphase ab Mitternacht. So sind es auch die warmen Winterabende, an denen der Schein der Taschenlampe in geeigneten Biotopen Hunderte von Faltern zum Vorschein bringt, während in den Frostperioden der Flugzeit nur „herumsitzende“ Falter zu beobachten sind. Wer ein Weibchen gefunden hat, pflanzt sich fort, danach legen die Weibchen die Eier an Zweige oder in Rindenritzen, wo sie nun überwintern.

Im nächsten Frühjahr geht der Spuk los: Pünktlich zur Zeit des Blattaustriebes schlüpfen die hellgrünen Raupen und fangen als Kleine Frostspanner erst einmal an, sich in der Umgegend zu verbreiten. Dazu spinnen die frischgeschlüpften Raupen wie die Jungspinnen im Altweibersommer einzelne, lange Fäden, an denen sie sich vom Wind durch die Gegend tragen lassen (verdriften sagt der Biologe). Sehr erfolgreich und sehr weit, Frostspanner tauchen unvermutet auf Hochhausbalkons, auf Inseln mitten in Seen und Flüssen und an anderen merkwürdigen Stellen auf, wo vorher noch nie ein Frostspanner gesichtet wurde – und diese Windschaukel ist auch ein geniales Transportinstrument, um eine Obstbaumanlage blitzschnell komplett zu besiedeln.

Dort spinnen die Raupen nun in den Knospen und zwischen den jungen Blättern Gespinste, die sie vor Freßfeinden schützen, und legen los: Sie fressen alles Grün, was ihnen vor die Kauwerkzeuge kommt, junge Blätter und Knospen und ganze Triebspitzen, wenn sie es „richtig bunt treiben“, bleiben nur die stärkeren Blattrippen und Stiele übrig; wenn genug Raupen auf dem gleichen Baum gelandet sind, umfasst der Kahlfraß jeden Ast des gerade noch schönen grünen Obstbaumes.

Die Großen Frostspanner sind dagegen eher das kleinere Problem; Schlüpfen, Baumstamm hochlaufen, Paarung etc. läuft ähnlich wie beim Kleinen Frostspanner, aber die Raupen des Großen Frostspanners bleiben auf „ihrem Baum“. Dort fressen die gelbrot bis braunrot gemusterten Raupen von April bis Juni Blätter und Fruchtknospen. Das allerdings ganz in Ruhe, weil sie sich bei jeder Störung an einem Spinnfaden zu Boden befördern, an dem sie wieder nach oben klettern, „wenn die Luft wieder rein ist“ (der Faden wird anschließend zusammengefaltet und verputzt). Beide Raupen fressen, bis es Zeit für die Verpuppung ist. Dann lassen sie sich an den bewährten „Spinnenfäden“ sanft zu Boden sinken und verpuppen sich an der Erde in ein Gespinst.

Nach dem Befall ist vor dem Befall, wenn auch nicht sofort

Ein Befall mit Frostspannern, vor allem dem Kleinen Frostspanner, ist also brandgefährlich, und doch gerät die Bedrohung bei Hobbygärtnern immer wieder in Vergessenheit, weil die Frostspanner-Massenvermehrung „anfallsweise“ auftritt (im Obstbau nicht, da gilt bereits ein Befall mit 3–4 Raupen auf 100 Blütenbüschel als Schadschwelle, ab der gehandelt wird).

Im Frühjahr 2005 wurden rund um Schorndorf in Baden-Württemberg ganze Streuobstwiesenhänge entlaubt, im Frühjahr 2014 kam es in Österreich gebietsweise zu einem beeindruckenden Kahlfraß an frühtreibenden Laubbäumen; nach diesen Massenvermehrungen können dann im darauffolgenden Herbst wieder Leimringe an den Obstbaumstämmen gesichtet werden.

Bisschen zu spät, wenn es einen Baum richtig erwischt, wird er nachhaltig geschwächt; in dem auf einen Kahlfraß folgenden Frühjahr ist auch gar kein Massenaufkommen zu befürchten, weil die Raupen sich selbst ihrer Nahrungsgrundlage beraubt haben. Sobald sich die Bäume wieder erholen, sind die Raupen aber bereit; deshalb sollten Sie nicht solange warten, bis es wieder richtig viele Frostspanner sind, und sich rechtzeitig wieder an die gute alte Tradition der Leimringe am Baum erinnern:

Leimringe gegen Frostspanner

Leimring am Apfelbaum

Da die Weibchen dieser nachtaktiven Falter flugunfähig sind, sind die eigentlich sehr einfachen Leimfallen effektive Bekämpfungsmaßnahmen.

Die lange bewährte, biologische Schädlingsbekämpfung kommt ohne Gift aus, ist umweltfreundlich und schadet dem Baum kein bisschen. Wenn die Leimringe richtig angebracht werden, was so funktioniert:

  • Leimringe müssen spätesten Ende September/Anfang Oktober angebracht werden
  • Gebrauchsfertige Leimringe bestehen aus etwa 10 cm breiten Streifen, die bereits mit Leim bestückt sind
  • Daneben gibt es vorgefertigte Papier-Leimringe, die mit einem speziellen (nicht antrocknenden) Raupenleim bestrichen werden
  • Der Leim-Auftrag sollte ungefähr 2 mm dick sein, auf dünnerem Leim kleben die Frostspanner-Weibchen nicht fest
  • Stärkerer Leim-Auftrag fängt meist an zu fließen, wenn der Baum von der Sonne beschienen wird
  • Außerdem würden Vögel, die die festgeklebten Insekten abpicken, zu viel von dem Leim mitfressen
  • Es gibt auch Raupen-Leim zu kaufen, der direkt ringförmig auf den Baumstamm aufzutragen ist
  • Diese Variante kann Ihnen bei starkem Befall allerdings ziemlich viel Arbeit machen, siehe Tipp unten
  • Der Leim auf den Ringen sollte immer grün oder baumfarben sein, weiße Leimringe ziehen zu viele Nützlinge an
  • Der Leimring muss sehr dicht und sehr fest am Stamm angebracht werden
  • Denn für die hochkrabbelnden Falter-Weibchen geht es um den Fortbestand der Art, sie strengen sich schon ziemlich an, um ans Ziel zu kommen
  • Unter lose angebrachten Leimringen wird deshalb einfach hindurchgekrabbelt
  • Erfahrene Obstbaumbesitzer befestigen den Leimringe deshalb zusätzlich mit Bindedraht  
  • Nicht immer reicht ein Leimringe um den Stamm, ein stützender Baumpfahl würde genauso bestiegen
  • Also muss auch dieser geschützt werden, ebenso wie fast zum Boden reichende Seitentriebe hochgebunden werden müssen
  • Leimringe gelegentlich kontrollieren, anhaftender Schmutz oder Blätter beeinträchtigen irgendwann die Wirksamkeit

Diese einfache biologische „Waffe“ ist bestechend wirkungsvoll, indem sie die Frostspanner-Weibchen daran hindert, den Stamm zu erklimmen, hoch oben in der Krone „Hochzeit zu feiern“ und wenig später dort ihre Eier abzulegen.

Tipp:

Wie immer hat der verkaufswillige Handel viele Varianten rund um den Leimring erdacht, viele Arten von gebrauchsfertigen Zusammenstellungen, mehrere Bastel-Varianten und direkt auf die Baumrinde aufzubringende Kriechleime, die viel Arbeit sparen sollen. Wie so oft lohnt es sich aber auch hier, beim ursprünglich entwickelten Original zu bleiben, weil die Menschen früher auch nicht doof waren und sich etwas dabei gedacht haben, als sie den Leim auf Papier und nicht direkt auf den Stamm aufgetragen haben. Erstens ist es schon mit der Arbeitsersparnis beim Aufbringen nicht sehr weit her, meist klebt nach dem Auftragen nicht nur der Ring um den Baum, sondern auch der Gärtner und viele Teile seines Arbeitsgeräts; fertige Leimringe sind viel besser zu handhaben. Außerdem muss ein vollbestückter Leimring abgenommen werden, damit möglichst wenige der festgeklebten Weibchen begattet werden bzw. die Eier von den auf dem Leim begatteten Weibchen keine Chance zum Schlüpfen haben. Der Stamm unter dem Leimring soll dann auch kurz abgebürstet werden, um unter dem Leimrings abgelegte Eier zu vernichten. Aber das ist nichts gegen die Arbeit, die es macht, direkt auf dem Stamm festklebende Frostspanner-Weibchen „abzupopeln“.

Leimringe selbst herstellen

lohnt sich finanziell bei ein paar Obstbäumen im Garten eher nicht: 25 m Raupenleim-Gürtelpapier kosten 7,-€, 0,25 l Raupenleim 10,- €, 24 m papierbeschichteter Bindedraht 8,- € , für 25,- € sind also die meisten Gärtner für die nächsten Jahre gut ausgestattet. Wenn Sie eine Streuobstwiese betreuen oder besitzen, könnte es sich lohnen, allerdings kostet das natürliche Baumharz Kolophonium auch um 25,- € das Kilo.

Ein wirkliches Motiv zur Selbstherstellung von Leimringen ergibt sich für Eigenheimbesitzer aus der Optik: Grüne Leimringe wirken nicht in jeder Umgebung „schick Retro“, sondern sehen manchmal einfach nur langweilig schrebergartenmäßig aus. Kolophonium dagegen ist ein Balsamharz, das aus Bäumen gewonnen wird und deshalb optisch auch einfach gut zu Bäumen passt. Es wird im Restauratorenbedarf, in Musikalienhandlungen und im Künstlerbedarf in verschiedenen hellen bis dunkleren Tönen angeboten. Mit den anderen Zutaten der folgenden Rezepte lässt sich also eine Leimmischung anrühren, die genau zur Rinde der Bäume passt, die in Ihrem Sichtfeld stehen, wenn Sie im Garten sitzen. Als Papier für den Leimring eignet sich jedes Bio-Packpapier, das stark genug ist und sich auf die passende Länge zuschneiden lässt.

Leimring am Apfelbaum

Es gibt viele alte Rezepte für die Herstellung von Baum-Leim; hier eine Auswahl, deren Zutaten auch heutzutage mit erträglichem Aufwand aufzutreiben sind:

Olivenöl-Baumleim

  • 100g Kolophonium
  • 60g Olivenöl
  • 20g Terpentin

Holzteer-Baumleim

  • 700 Gramm Holzteer
  • 500 Gramm Kolophonium
  • 500 Gramm braune Schmierseife
  • 300 Gramm Tran

Rapsöl-Baumleim

  • 2500 Gramm Rapsöl
  • 200 Gramm Schweineschmalz
  • 200 Gramm Terpentin
  • 200 Gramm Kolophonium

Jeweils zusammenmischen und rühren, bis sich eine geschmeidige Masse ergibt (geht am besten bei warmem Wetter in der Sonne).

Leimringe helfen auch gegen andere Schädlinge

Mit den praktischen Leimringen können Sie folgende andere Gehölz-Schädlinge davon abhalten, an Baumstämmen hochzukriechen:

  • Ameisen (Lasius sp. u.a.), legen gerne Blattlauskolonien hoch oben im Baum an, was bei geschwächten Gehölzen zum Problem werden könnte
  • Apfel-Gespinstmotte (Yponomeuta malinellus), „der Frostspanner für Malus-Arten“, deren häufigste als Apfelbaum (Malus domestica) im Garten steht, kann zum ernsthaften Schädling werden, wenn natürliche Feinde im Umfeld fehlen
  • Blutläuse (Eriosoma lanigerum), können an Apfelbäumen, Quitten und selten an einigen weiteren Gehölzen Blutlauskrebs (Gewebewucherungen) verursachen
  • Gefährdet sind aber nur alte, geschwächte Bäume sowie unter Nährstoffmangel oder Stickstoffüberdüngung leidende Gehölze
  • Haselnussknospenbohrer (Curculio nucum), frisst gelegentlich an Hasel-Arten (Corylus) die Blätter und bohrt junge Nüsse an
  • Ungleicher Holzbohrer (Xyleborus dispar) u. a. Borkenkäfer, befällt viele Baumarten, nässende Stämme (im zeitigen Frühjahr oder ab der zweiten Julihälfte) und winzige Bohrlöcher sind Befallsanzeiger
  • Schneespanner (Apocheima pilosaria), schädigt ähnlich wie der Frostspanner verschiedene Laubbäume
  • Gemeiner Ohrwurm (Forficula auricularia), der eigentlich sehr nützliche „Bodenhersteller“ kann Weichobstfrüchte wie Süßkirschen, Pfirsiche, Aprikosen zum Faulen bringen, wenn er zur Reifezeit den Baum besteigt
  • Leimringe gegen Spanner und Co. halten nur dann auch Ameisen und Blattläuse ab, wenn sie bereits im März wieder am Baum sind

Super-Tipp

Leimringe sind praktisch, hilfreich und preiswert, aber es gibt noch viel bessere biologische Pflanzenschutzmittel: Die nicht eingekauft und angebracht, gewartet oder gereinigt werden müssen, den ganzen Tag und völlig gratis. Diese „Geheimtipps“ werden Amsel, Drossel und Spatz genannt, oder Erzwespe, Schlupfwespe und Raupenfliege; sie tun nichts lieber als fette Raupen an ihre Kinder zu verfüttern und sie ziehen immer dann ganz von selbst in einen Garten ein, wenn der naturnah gestaltet wird. Auch in solchen Gärten gibt es mal einen länger anhaltenden, stärkeren Befall mit irgendwelchen Raupen oder blattsaugenden Läusen, z. B. in Folge ungewöhnlicher Witterungsverhältnisse. Aber um diesen Befall brauchen Sie sich nicht zu kümmern, er regelt sich in relativ kurzer Zeit ganz von selbst. Mit jedem Einsatz eines chemischen Gifts stören Sie diese Selbstregulationskräfte der Natur nachhaltig, bis irgendwann ein Insektizid-Einsatz auf den nächsten folgt.

Autor Garten-Redaktion
Ich schreibe über alles, was mich in meinem Garten interessiert.

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