Erdbeeren säen und vorziehen – Anleitung für Aussaat und Anzucht
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Die Kinder sollen lernen, wie „Natur geht“; der Garten ist neu und der Gärtner neugierig; das Geld für Jungpflanzen soll lieber in die Spardose für wichtigere Anschaffungen wandern – es gibt viele Gründe, Pflanzen selbst anzusäen. Die Erdbeere ist eine der besten Pflanzen für erste Aussaatversuche: Ihre botanische Artbezeichnung Fragaria „vesca“ („essbar“) hat unsere Wald-Erdbeere deshalb bekommen, weil wir sie seit der Steinzeit sammeln und essen (weil Erdbeeren immer und überall wuchsen). So funktionieren Aussaat und Anzucht gewöhnlich ohne viel Aufwand:
Erdbeersamen aus dem Handel: Die „bunten Tütchen“
Bei den üblichen bunten Samen-Tütchen am Ständer sind auch Erdbeersamen dabei. Mit folgendem Inhalt:
- Die bunten Tütchen enthalten die Samen der wenigen Erwerbsanbausorten, die noch zur Aussaat taugen
- Ein sehr eingeschränktes Angebot, einige Sorten immertragender Gartenerdbeeren und Monatserdbeeren
- Samen von Gartenerdbeersorten: ‚Florian F1‘, ‚Elan‘, ‚Toscana‘
- Samen von Monatserdbeersorten: ‚Sperli’s Bowlenzauber‘, ‚Rügen‘, ‚Quattro Stagioni‘, ‚Tubby‘
- Vorsicht: Erdbeersamen in bunten Tütchen werden teils unverschämt teuer verkauft
- 7 Samen ‚Elan‘ 5,- €, 9 x Pillensaat ‚Elan‘, ‚Toscana‘ 5,50 €, das sind 60-70 Cent pro Samen, rekordverdächtig
- Samen älterer Sorten sind preiswerter, aber nicht preiswert, meist 50 Samen um 3,- €
- Von einer Monatserdbeere der nicht bekannten Zuchtsorte ‚Ampelerdbeere‘ gibt es sogar 100 Samen für 3,- €, aber niemand weiß, was da rauskommt
- Insgesamt selbstbewusste Preise für Erdbeerensamen/pflanzen von zweifelhaftem Wert:
- Immertragende Erdbeeren tragen lange – aber immer nur einzelne Früchte, schon die Ernte für einen einzigen Kuchen kommt nicht zusammen
- Außerdem ist offiziell anerkannt, dass immertragende Erdbeeren schlechter schmecken als einmaltragender Sorten
- Und Sie kaufen „Einweg-Ware“: Viele Hochleistungszuchtsorte sollen einjährig gezogen werden, weil sie „nach einem Jahr platt sind“
- Die modernen Zuchtsorten sollen auch nur dort Hochleistung zeigen, wo sie gewinnvermehrend wirkt
- Gewinnbeschneidende Vermehrungsfähigkeit gehört deshalb nicht zu den Zuchtzielen
- Die Vermehrung moderner Zuchtsorten ist häufig nicht möglich oder bringt verkrüppelte bzw. nicht sortenechte Pflanzen hervor
Erdbeersamen von normalen Erdbeeren
Normale Erdbeerpflanzen leben und tragen mehrere Jahre und können danach vermehrt werden; die ursprüngliche Erdbeeren ist ein so „nachhaltiges Modell“, das Sie nach Anzucht der ersten Erdbeerpflanzen für immer mit Erdbeeren versorgt sein können.
Diese ursprünglichen Erdbeerpflanzen finden sich unter den etwa 900 Zuchtsorten, die von der Gartenerdbeere gezogen und nicht vom Handel vereinnahmt wurden. Ganz schön viel, aber Erdbeeren werden auch schon eine Weile gezüchtet: Die Gartenerdbeere Fragaria × ananassa entstand um 1750 in Holland aus zufälliger Kreuzungen der nordamerikanischen Scharlacherdbeere Fragaria virginiana mit der südamerikanischen Chileerdbeere Fragaria chiloensis. Diese traditionelle Erdbeerzucht lebt, und mit ihr viele der alten Sorten. In kleinen, spezialisierten Gärtnereien oder beim privaten Züchter im Hausgarten (diese „Zuchtstätten“ sind es, die ein paar hundert Jahre für Kulturpflanzenvielfalt gesorgt haben, bevor sich nach dem Zweiten Weltkrieg die moderne Erwerbsobstzucht entwickelte).
Diese Quellen sind nur nicht über die vorderste Seite einer Internet-Suchmaschine zu erreichen, weil hier das Produkt und nicht das Marketing an erster Stelle rangiert. Sie finden alte Sorten bzw. Hinweise auf diese in Foren und Tauschbörsen, die kleinen, spezialisierten Gärtnereien sind über Anbauverbände zu finden und fangen auch langsam an, sich auf eigenen Websites zu präsentieren.
Erdbeeren stratifizieren
Wenn Sie Samen gekauft haben, geht es weiter bei Aussaat, wenn Sie Samen alter Erdbeeren von „Saatgut-Bewahrern“ bekommen oder selbst von einer Erdbeeren gesammelt haben, braucht der Samen erst einmal ein wenig Vorbehandlung:
- Erdbeersamen durchleben normalerweise vor dem Keimen einen kalten Winter
- Wenn nicht, müssen Sie die Keimruhe brechen, was beim Züchter „Stratifizieren“ genannt wird
- Diese geplante Kälteeinwirkung sollte 1-3 Monate vor Anzuchtstart angesetzt werden
- Die Keimruhe wird im Kühlschrank gebrochen, normalerweise reicht 1 Monat Kälte
- Seltenes Saatgut sicherheitshalber länger stratifizieren
Von der eigenen Ernte werden die Samen gewöhnlich im Herbst gewonnen. Sie können natürlich auch außen auf dem Fensterbrett oder in einem ungeheizten Raum überwintern, um durch Kälteeinwirkung auf die Aussaat vorbereitet zu werden.
Anzuchterde vorbereiten
Anzuchterde gibt es fertig zu kaufen, Details zu Substraten für Erdbeeren erfahren Sie im Artikel „Das beste Substrat für Erdbeeren“. Was dort ausgeführt wird, gilt im Prinzip auch für Anzuchterde, bis auf den Unterschied, dass käufliche Anzuchtsubstrat bis zur absoluten Keimfreiheit von Nährstoffen befreit wird.
Ein Argument mehr, um die Anzuchterde selbst zu mischen: Bei Erdbeerpflanzen handelt es sich nicht um importierte Exoten, die mit den heimischen Bodenorganismen nichts anfangen können und deshalb in eine keimfreie Umgebung gesetzt werden müssen. Erdbeeren sind heimische Pflanzen, die mit ein paar heimischen Keimen in der Erde gut zurecht kommen. Sicher auch zurecht kommen sollen, wenn sie später in den Garten oder einen Kübel gesetzt werden sollen. Denn das gänzlich keimfreie Anzuchtsubstrat aus dem Handel könnte sich für die Entwicklung gesunder Jungpflanzen ähnlich kritisch zeigen wie der mit Chemie „gänzlich keimfrei gemachte Haushalt“ für die Entwicklung gesunder Babys. So stellen Sie eine gute Anzuchterde für Erdbeeren zusammen:
- 3 Teile Gartenerde
- 3 Teile Gartenerde abgelagerten Kompost
- 3 Teile groben Sand oder feinen Kies
- Etwas Gesteinsmehl für die Spurenelemente
Wenn gerade zur Hand, fein zerkleinerte Holzkohle vom letzten Grillen untermischen. Sie bremst die in Anzuchterde häufig (bei zu wenig Lüften) beobachtete übermäßige Pilzvermehrung. Kommt der Kompost aus dem eigenen Garten, enthält er jedoch gewöhnlich „grundstückseigene“ Pilze, die Schadpilze und Bakterien abwehren.
Erdbeeren aussäen
Wenn die Anzuchterde auf Töpfe oder Schalen verteilt wurde, kann ausgesät werden:
- Frühestens Mitte Februar, vorher würden Sie nur mit spezieller Beleuchtung gesunde Keimlinge erzeugen
- Spätestens Anfang März sollten die Samen normaler Erdbeeren im Aussaattopf sein, wenn Sie ganz normal im Juni/Juli ernten möchten
- Vor dem Aussäen Samen in lauwarmem Wasser vorquellen lassen
- In die vorbereiteten Schalen/Töpfe verstreuen
- Die Lichtkeimer dürfen nicht „verbuddelt“ werden, nur leicht mit Erde überstäubt
- Aussaatbehälter lichtdurchlässig abdecken, so dass Licht aufkommt, die Keimlinge aber nicht zu intensiv bestrahlt werden
- Diese Abdeckung häufig lüften, sonst freut sich der Schimmel (mindestens jeden 2. Tag)
- Jetzt brauchen Sie nur noch auf die Feuchtigkeit achten und ansonsten warten
- Je nach Sorte, Alter der Samen, Temperatur, brauchen Erdbeersamen 2 bis 6 Wochen zum Keimen
- Wenn die Keimlinge wachsen, brauchen Sie Luft, also Abdeckung entfernen
- Mit den ersten neuen Blättchen (in einer Höhe um 2 cm) werden die Keimlinge pikiert
- Wenn richtige kleine Pflänzchen von rund 5 cm gewachsen sind, können diese Pflänzchen in den Garten umziehen.
Erdbeeren vorziehen
Erdbeeren sind wuchskräftige Rosengewächse, die früher in fast jedem Wald und an jedem Waldrand wuchsen, wo von oben etwas Licht und von unten etwas Humus geboten wurde, in ganz Europa und Nordasien.
Eine Pflanze mit einer derartigen Verbreitung muss über gute Fortpflanzungsstrategien verfügen, was bei der Erdbeeren in der Tat der Fall ist: Neben Samen bildet sie Ausläufer, die von der Mutterpflanze aus den Boden erobern und so lange mit ihr verbunden bleiben, bis sie als separate Pflanzen bestehen können.
Das gilt aber nicht unbedingt für die Handelszuchtsorten, wie oben erwähnt, bilden wenige dieser Sorten Samen, und der Rest bildet entweder keine Ausläufer oder Ausläufer, die Sie nicht glücklich machen. Viele Zuchtsorten entgehen Ihnen allerdings nicht, wenn Sie lieber Erdbeersorten wählen, die noch über den vollen Genbestand verfügen: 30 Erdbeersorten machen den größten Teil der in Deutschland industriell angebauten Erdbeeren aus, 10 davon landen im Supermarkt. Viel Geschmack entgeht Ihnen auch nicht, weil die Erwerbsobstsorten mit dem Ziel „möglichst gut zu handelnde Frucht“ entwickelt wurden. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen viele Eigenschaften der Erdbeerpflanzen optimiert werden – bis zu 40 verschiedene Kriterien prüft das Bundessortenamt, bevor es eine Zuchtsorte zum gewerblichen Anbau zulässt. Der Geschmack zählt nicht dazu.
Übrig bleiben um 900 alte Erdbeersorten voller Geschmack, die auch nach wie vor Ausläufer bilden, die Sie separat aufziehen und zu gegebener Zeit an einen neuen Standort im Garten setzen können.
Außerdem gibt es bei den alten Zuchtsorten sogenannte Treiberdbeeren, wie die Fragaria x ananassa ‚Maizauber‘, die ohnehin sehr früh tragen und genau aus diesem Grund auch noch gerne vorgezogen werden – das gibt dann die erste Erdbeerernte im Jahr, im ganzen Umkreis.
Wer gerne einmal etwas ausprobiert, schaut sich nach Fragaria virginiana ‚Maikönigin‘ (‚May Queen‘, ‚Reine de Mai‘) um, eine Scharlacherdbeere. Die Sorte wurde 1857 in England gezüchtet und trägt orangefarbene bis zinnoberrote Früchte, die bei rechtzeitiger Vorzucht schon im Mai reif sind.
„Faule Gärtner“ säen nur einmal Erdbeeren aus, die dichte Teppiche bilden und sich ab dann selbst um weitere Aussaat\Verbreitung kümmern. Zum Beispiel Russische Teppicherdbeeren (Fragaria vesca var. vesca) oder halbwilde Vescana-Hybriden aus Fragaria x ananassa + Fragaria vesca, die in den Sorten ‚Annelie‘, ‚Florika‘, ‚Rebecka‘, ‚Sara‘ und ‚Spadeka‘ als „Erdbeerwiese“ verkauft werden. Bei diesen Sorten macht auch die aufwendigste händische Pflegemaßnahme nicht mehr viel Arbeit: Der Beschnitt des alten Erdbeerlaub kann hier mit dem Rasenmäher erledigt werden (nicht zu tief einstellen, die inneren Herzblätter müssen erhalten bleiben).