Apfelbaumschnitt: Grundlagen-Anleitung – Apfelbaum schneiden
Inhaltsverzeichnis
Diese Grundlagen-Anleitung für den Apfelbaumschnitt wendet sich an Anfänger, die mit hochtrabenden, theoretischen Unterweisungen nichts anfangen können. Nach der Lektüre dieses praxiserprobten Ratgebers, sind Sie mit allen wichtigen Handgriffen vertraut, um Ihren Apfelbaum zu einem vitalen und ertragreichen Obstgehölz zu erziehen. Vom richtigen Termin für den Schnitt über das geeignete Werkzeug bis zur fachmännischen Schnittführung geleiten wir Sie Schritt für Schritt durch alle Wachstumsphasen, die der beliebte Obstbaum durchläuft. So schneiden Sie Ihren Apfelbaum von der Pflanzung bis zur Vollertragsperiode mit Sachverstand.
Die besten Schnitt-Termine – ein Kurz-Überblick
Für alle Obstbäume ist das Zeitfenster für den Form- und Erhaltungsschnitt geöffnet von November bis März. Der konkrete Termin hängt ab vom Alter und der Wuchskraft Ihres Apfelbaumes. Um das Wachstum von Stamm, Leittrieben und Fruchtzweigen voranzutreiben, ist ein Schnitt-Termin im Spätherbst oder frühen Winter sinnvoll. Zu dieser Zeit befindet sich der Baum in seiner Saftruhe, sodass er im Frühjahr mit einem verstärkten Zuwachs auf den Schnitt reagiert.
Liegt es in Ihrer Absicht, an einem älteren Baum die Wuchsgeschwindigkeit zu reduzieren, greifen Sie erst im zeitigen Frühjahr zur Schere, wenn der Saftfluss begonnen hat. Der anschließende Austrieb entwickelt sich zurückhaltender, wovon Blütenreichtum und Fruchtertrag profitieren. Hier gilt die Faustregel: Je stärker das Wachstum, desto später der Schnitt-Termin. Der folgende Überblick fasst die Erfahrungen aus der Gartenpraxis zum besten Zeitpunkt zusammen:
- Pflanzschnitt: unmittelbar nach der Pflanzung im Herbst
- Jugendphase: bis zum fünften Standjahr nicht vor Ende Februar schneiden, wegen Frostgefahr für das junge Holz
- Schwach wachsende Bäume: schneiden zwischen November und Januar
- Stärker wachsende, ältere Apfelbäume: schneiden zwischen Februar und März
Zwei weitere Kriterien sind von Relevanz, um einen Apfelbaum zum korrekten Zeitpunkt zu schneiden. Primär darf das Holz nicht durchnässt sein. Fernerhin ist ein Rückschnitt bei frostiger Witterung ab – 2 Grad Celsius und kälter nicht ratsam.
Das richtige Werkzeug – Sicherheit für Mensch und Baum
Um einen jungen Apfelbaum zu schneiden, sind Sie mit einer Einhandschere mit Klingen aus hochwertigem Stahl gut ausgerüstet. Wählen Sie bitte eine Bypass-Schere mit zwei scharfen Klingen. Derartige Gartenscheren schneiden die Äste glatt durch, sodass keine zerfransten Wundränder entstehen. Bei einer Amboss-Schere ist genau dieses Problem häufig zu beobachten, da die Zweige auf dem stumpfen Amboss gedrückt und von der scharfen Seite zerschnitten werden. Um einen mächtigen Apfelbaum in seiner Vollertragsphase zu schneiden, ist diese Ausstattung empfehlenswert:
- Einhand-Bypass-Schere
- Ast-Schere mit Teleskop-Griff und Getriebeübersetzung
- Hippe (Messer) zum Glätten von Schnittwunden
- Handsäge mit ergonomischem, rutschsicherem Griff und Fingerschutz
- Abziehstein zum Schärfen der Klingen
- Robuste Handschuhe und Augenschutz
- Spiritus und Tuch zum Desinfizieren der Schneidblätter
Baumscheren mit Teleskopgriff ersparen Ihnen das Risiko, auf eine Leiter zu steigen. Sofern Sie dennoch lieber in die Krone hinaufklettern, achten Sie beim Kauf einer Leiter bitte auf Gütezeichen, wie TÜV oder GS für geprüfte Sicherheit. Sorgfältiges Desinfizieren von Klingen und Sägeblättern wird zweifellos unter unerfahrenen Hausgärtnern als lästig und störend empfunden. Tatsächlich darf diese Maßnahme nicht unterschätzt werden in ihrer Auswirkung auf die Gesunderhaltung Ihres Apfelbaumes. Verunreinigte Schneidwerkzeuge gelten als häufigste Überträger von Krankheiten und Schädlingen im Anbau von Obstbäumen.
Leitfaden für die Schnitt-Technik
– so machen Sie es richtig –
Sind Sie mit den Grundlagen der korrekten Schnitt-Technik vertraut, gelingt der fachmännische Apfelbaumschnitt in jeder Phase seines langen Lebens. Bevor diese Anleitung sich den Details eines jeden Ertrags-Stadiums zuwendet, richtet sich im Folgenden der Blick auf die gekonnte Schnittführung. So geht es für Rechtshänder (Linkshänder stellen sich die Vorgehensweise bitte spiegelverkehrt vor):
- Schere oder Säge in die rechte Hand nehmen
- Den zu entfernenden Ast mit der linken Hand erfassen und leicht biegen, um Spannung zu erzeugen
- Den Schnitt leicht schräg ansetzen in kurzem Abstand zu einer Knospe oder einem Blattknoten
- Beim Schnitt ganzer Zweige keine langen Stummel stehen lassen
- Mithilfe der Hippe die Schnittwunde glätten
Dicke Äste schneiden Sie etappenweise. Auf diese Weise brechen die Ruten nicht ab und beschädigen die Stammrinde. Im ersten Schritt sägen Sie den Trieb von unten bis zur Mitte an in einer Entfernung von etwa 30 cm zur vorgesehenen Schnitt-Stelle. In leichtem Versatz zum unteren Anschnitt sägen Sie den Ast nun von oben an. Jetzt schneiden Sie solange, bis der Zweig bricht. Nunmehr sägen Sie den Stumpf kurz vor dem Astring ab. Als Astring wird der kleine Wulst an der Verbindung zwischen Ast und Stamm bezeichnet. Der Astring darf nicht angeschnitten oder verletzt werden. Indem Sie den Ast-Stummel mit der linken Hand stützen, kann er nicht nach unten abknicken und doch noch die Stammrinde mit Mitleidenschaft ziehen.
Grundregeln des Wachstums am Apfelbaum
Ein kurzer Ausflug in die theoretischen Grundlagen des Wachstums ist hilfreich, um in späteren Jahren beim Apfelbaumschnitt die richtigen Entscheidungen zu treffen, wo geschnitten wird und wo nicht. Die folgenden Gesetzmäßigkeiten weisen den Weg zu einem ertragreichen, gesunden und langlebigen Apfelbaum:
- Je aufrechter ein Trieb und größer die Distanz seiner Spitze zu anderen Ästen, desto kräftiger und dominanter sein Wachstum
- Senkrechte, steil aufwärts gerichtete Zweige reservieren sich alle Nährstoffe, die sie ergattern können
- Diese Wasserschosser müssen weichen oder werden in die gewünschte Wuchsrichtung abgebunden
- In der Waagerechten reduziert sich das Längenwachstum zugunsten von Blüten und Früchten
- Ein leicht ansteigender Astwinkel garantiert, dass tragende Fruchtruten später unter ihrer süßen Last nicht abknicken
Der fachgerechte Apfelbaumschnitt verfolgt in jedem Jahr das Ziel einer Saftwaage. Der dominante, senkrechte Stamm darf keine zu große Entfernung zu den darunter befindlichen Leitästen haben. Die Leitäste selbst sind in gleichmäßiger Anordnung rund um den Stamm angeordnet und befinden sich in einem idealen Winkel von 120 Grad zur Stammspitze. Damit sie gleichmäßig wachsen, befinden sie sich in der Saftwaage auf gleicher Höhe. Im Laufe der Jahre kommen Etagen-weise neue Leitäste hinzu, wobei der Abstand zur Stammspitze nicht mehr als 20 bis 25 cm beträgt. Daraus folgt, dass alle steil aufwärts gerichteten Äste unerwünscht sind, abgesehen vom Stamm.
Pflanzschnitt
– so gelingt die Premiere im Apfelbaumschnitt –
Der Pflanzschnitt verfolgt zwei wichtige Ziele: Das Grundgerüst des jungen Apfelbaumes wird angelegt mit einem dominierenden Mitteltrieb als Stamm und 3 bis 4 Leitästen in der Saftwaage als erste Etage. Im gleichen Zug wird das Astvolumen soweit reduziert, dass die schwache, junge Wurzel nicht überfordert wird mit der Wasser- und Nährstoffversorgung. Unmittelbar nach der Pflanzung schneiden Sie das Apfelbäumchen so:
- An wurzelnackter Ware vor der Pflanzung geknickte, beschädigte Wurzelstränge abschneiden
- Als Hauptstamm den kräftigsten Mitteltrieb auswählen
- Rund um den Mitteltrieb 3 bis 4 Äste mit leicht ansteigendem Winkel zu den ersten Leittrieben bestimmen
- Zu steil ausgerichtete Leittriebe mit einer Schnur herunterbinden in die Waagerechte
- Steil aufwärts gerichtete Konkurrenztriebe zum Stamm auf Astring abschneiden
Alle überzähligen Zweige schneiden Sie auf Astring respektive bodennah ab. Im letzten Arbeitsschritt kürzen Sie die ausgewählten Leittriebe um etwa ein Drittel ein. Gehen Sie dabei nach der empfohlenen Schnittführung dieser Grundlagen-Anleitung vor. Die letzte Knospe eines Astes weist stets in die gewünschte Wuchsrichtung. Achten Sie bitte auf die Saftwaage. Die Triebspitzen aller Leittriebe befinden sich auf gleicher Höhe in maximalem Abstand von 20 bis 25 cm zur Stamm-Spitze.
Indem Sie zu steil aufwärts strebende Leittriebe etwas herunterbinden, werden Sie mit einem früheren Beginn der Ertragsphase belohnt. Solange sich das Längenwachstum unvermindert fortsetzt, sieht Ihr Apfelbaum keine Veranlassung zu einer Blütezeit mit folgendem Fruchtbehang. Wird der ansteigende Winkel reduziert, lassen die ersten Blüten und Äpfel nicht mehr lange auf sich warten. Schlagen Sie zunächst in den Stützpfahl einen Nagel. Anschließend binden Sie eine Schnur um den betreffenden Zweig, ziehen diesen vorsichtig herunter und befestigen ihn am Nagel.
Jugendphase
– Schnitt im ersten bis fünften Standjahr –
In den ersten fünf Jahren steht der Aufbau einer reich verzweigten Krone im Fokus mit kräftigen Leittrieben und vitalen Fruchtruten. Als Fruchtruten werden zwei- und dreijährige Triebe bezeichnet, die dank ihrer waagerechten Wuchsrichtung Blätter, Knospen und Blüten tragen. In jedem Herbst unterziehen Sie den Apfelbaum einem regulierenden Aufbauschnitt. So geht es:
- Die Stamm-Spitze nicht beschneiden, bis die gewünschte Endhöhe erreicht ist
- Alle Konkurrenztriebe zum Hauptstamm an der Basis abschneiden
- Senkrechte Wasserschosser entweder wegschneiden oder waagerecht abbinden
- Ins Kroneninnere oder abwärts gerichtete Triebe auf Astring entfernen
- Unterhalb der Krone austreibende Seitenzweige ebenfalls auf Astring kappen
Abgesehen von diesen leicht korrigierenden Schnitten, greifen Sie idealerweise nicht weiter ein in den Fortschritt des Wachstums. Geben Sie Ihrem Apfelbaum während dieser fünfjährigen Aufbauphase möglichst freie Hand, um ein natürliches Grundgerüst zu entwickeln aus Stamm und Leittrieben mit Fruchtruten und deren Seitenverzweigungen. Daraus folgt, dass nicht jeder Apfelbaum alljährlich zu schneiden ist.
Schnitt während der Vollertragsperiode
– sechstes bis zwanzigstes Standjahr –
Nach etwa 5 Jahren hat Ihr Apfelbaum seine Aufbauphase absolviert und präsentiert sich mit einer harmonischen Krone in Form einer Pyramide, bei der sich alle Zweige in der Saftwaage befinden. Spätestens jetzt setzt die Ertragsphase ein und beschert Ihnen knackige, frische Äpfel aus eigenem Anbau. Damit die Ernte nicht mit gefährlichen Klimmzügen verbunden ist, wünschen zahlreiche Hausgärtner kein weiteres Höhenwachstum. Vielmehr konzentriert sich der alljährliche Apfelbaumschnitt auf die Erhaltung einer lichtdurchfluteten Krone mit vitalen, kräftigen Zweigen und Fruchtruten. So verfahren Sie bei einem fachmännischen Erhaltungsschnitt:
- Die Krone gründlich auslichten, indem alles Totholz herausgeschnitten wird
- Weiterhin konsequent Konkurrenztriebe sowie Wasserschosser abschneiden
- Von zwei zu dicht stehenden, sich reibenden Ästen den schwächeren entfernen
- Abgetragene Apfeltriebe einkürzen bis auf 2 oder 3 schlafende Augen (Verdickung unter der Rinde)
- Zu lange Leitäste zurückschneiden auf eine nach außen gerichtete Knospe
- Den Mitteltrieb soweit einkürzen, dass die Pyramidenform der Krone in der Saftwaage erhalten bleibt
An stark wachsenden Apfelbäumen verlegen Sie den Schnitt-Termin ab der Vollertragsphase idealerweise ins Frühjahr. Lässt der Zuwachs zu wünschen übrig, empfehlen wir weiterhin den Spätherbst und Frühwinter als geeigneten Zeitpunkt.
Apfelbaumschnitt während der Altersperiode
– zwanzigstes bis einhundertzwanzigstes Standjahr –
Wünschen Sie sich einen majestätischen Apfelbaum mit 6 bis 8 Metern Höhe, ist er ab dem zwanzigsten Jahr im besten Alter für weitere Serien mit Leitästen. Für die Ernte ist nunmehr zwar eine Leiter erforderlich. Das größere Kronenvolumen beschert Ihnen im Gegenzug eine reiche Ernte, die neben knackigen Äpfeln direkt vom Baum eine Fülle süßer Früchte für Kompott, Marmelade oder als Kuchenbelag hervorbringt. Da sich die Krone eines ausgewachsenen Apfelbaumes kontinuierlich selbst erneuert, zielt der Rückschnitt vornehmlich darauf ab, eine Vergreisung von innen heraus zu verhindern. So gehen Sie fachgerecht vor:
- Im Spätwinter oder zeitigen Frühjahr alle abgestorbenen Zweige auslichten
- Herabhängende, nach innen gerichtete oder sich reibende Äste wegschneiden
- Alte, abgetragene Äste über die gesamte Krone verteilt um ein Drittel einkürzen
Im fortgeschrittenen Alter bringen die meisten Apfelbäume weiterhin senkrechte Wasserschosser hervor. Prüfen Sie bitte bei jedem Zweig, ob er sich mittels Abbinden in die Waagerechte zum Fruchttrieb eignet. Im Kronendach blüht und fruchtet Ihr Apfelbaum auch ohne Ihr Zutun. Indem Sie die Schnittmaßnahmen auf den unteren, weniger belichteten Kronenbereich konzentrieren, bleiben hier die Äste weiterhin kräftig und vital. In einer Pyramidenkrone gelingt der Plan, wenn die Länge der Seitenzweige an den Leittrieben von oben nach unten sukzessive abnimmt, um die Sonnenstrahlen passieren zu lassen.
Fazit
Nach der Lektüre dieser Grundlagen-Anleitung sind Ihnen alle wichtigen Techniken rund um den richtigen Apfelbaumschnitt vertraut. Sie treffen nunmehr die richtige Wahl für den besten Zeitpunkt. Über den fachgerechten Pflanzschnitt und alle folgenden Ertragsphasen sind Sie praxisorientiert unterrichtet. Fernerhin sind Ihnen Fachbegriffe, wie Saftwaage, Wasserschosser und Fruchtrute geläufig. Unsere Empfehlung zum Schluss: Handeln Sie nach dem Motto ‚Der Gärtner wächst mit seinen Aufgaben‘ und folgen unseren Empfehlungen von Jahr zu Jahr. Am Ende verfügen Sie über einen fundierten Erfahrungsschatz und einen prächtigen Apfelbaum, dessen Zweige sich unter der süßen Last knackiger Früchte biegen.