Apfelschorf – Schorfpilze mit diesen Mitteln erfolgreich bekämpfen
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Erfolgreiche Apfelschorf-Bekämpfung beginnt lange, bevor Sie Symptome sehen, und ist im Grunde so selbstverständlich, dass sie für unsere Großeltern zur normalen Gartenarbeit gehörte. Bei unseren Großeltern war der Schorfpilz aber auch noch ein ganz normaler Garten-Lästling und der Apfelbaum ein widerstandsfähiges Kernobstgewächs – nur wenn Sie wissen, was heute anders ist, wird auch klar, warum Sie heute die Wahl haben: Pilz-Bekämpfung mit Pflanzenschutzmitteln oder Pilzabwehr im Rahmen der Gartenarbeit, mit natürlichen und kostengünstigen Mitteln:
Apfelschorf vorbeugend bekämpfen
Vorbeugende Pilz-Bekämpfung fängt lange vor den ersten sichtbaren Schädigungen durch
Schorfpilze an. Wenn Sie diesen Artikel vor dem Kauf des Apfelbaumes lesen, steht Ihnen noch Möglichkeit Nr. 1 zum Bekämpfen von Schorf (und Mehltau) offen – kaufen Sie sich einen vernünftigen Apfelbaum, bei einem vernünftigen Apfelbaum-Züchter. Darum geht’s, und darauf müssen Sie achten:
- Es gibt alte, widerstandsfähige Apfelsorten und moderne, resistente Apfelsorten
- Bei resistenten Apfelsorten lohnt Information über Resistenzzüchtung
- Nicht jede resistente Sorte ist für jedes Umfeld geeignet
- Und belegt, dass erst die Krankheitsanfälligkeit der Ausgangssorten Resistenzzucht notwendig machte
- Für den Hausgarten stehen alte Apfelsorten ohne Schorf-Probleme zur Verfügung
- Diese sind nicht nur widerstandsfähiger, sondern punkten auch kulinarisch und in Bezug auf gesunde Inhaltsstoffe
- Umfassende Liste mit 976 Apfelsorten: www.deutsche-genbank-obst.jki.bund.de/passport/index
Wenn der Apfelbaum schon da ist, können Sie in den Garten eindringende Schorfpilze vielleicht daran hindern, bis zum Apfelbaum vorzudringen bzw. sich auf ihm festzusetzen:
Alte Apfelsorten
Bei alten Apfelsorten haben Sie gute Chancen, nie einen Schorfpilz zu sehen. So sieht eine Pilzbefall von vornherein bekämpfende Apfelkultur aus:
- Robuste, widerstandsfähige Sorte wählen und an passenden Standort pflanzen
- Niemals Äpfel in feuchten Boden setzen
- Niemals Apfelbäume an Standorte setzen, die den größten Teil des Tages im Schatten liegen
- Pflanzen nicht zu eng nebeneinander setzen (auch in kleineren Gärten)
- Ausreichend Luft und Sonne für jede Pflanze schützt allgemein vor Pilzbefall
- So werden Obstplantagen heute bepflanzt (Obstplantage, Niedersachsen, Juni 2011), diese Nähe zum Nachbarn fördert den Pilzbefall
- Alte Apfelsorten können auf schwachwachsende Unterlagen veredelt werden, damit sie klein bleiben (Info auf www.pflanzlust.de)
- Bei diesen Bäumen sollte die Baumscheibe freigehalten werden, vor allem in den ersten Jahren
- Ein paar Pilz-Abwehr-Pflanzen (Basilikum, Kerbel, Knoblauch, Schnittlauch, Tagetes) und/oder hygroskopische Mulche können gerne auf die Baumscheibe
- Wenn im Umfeld Schorf vorkommt, sollte Falllaub zusammengekehrt und kompostiert werden
- Nicht oben auf dem Komposthaufen, wo Sporen verweht werden, sondern gut abgedeckt mittendrin, ev. vorher gehäckselt
- Laubreste bzw. Pilzreste im Bewuchs unter dem Baum sind ein Fall für Regenwürmer
- Sie ziehen mit Fruchtkörpern besiedelte Pflanzen (-reste) in den Boden und verhindern so deren Weiterentwicklung
- Genug Regenwürmer gibt es nur bei „genug Natur im Garten“
- Kupfer-Präparate und starke mechanische Bodenbearbeitung schaden den Regenwürmern
- Bedarfsgerechte Stickstoff-Düngung kräftigt das Hautgewebe, zu viel Stickstoff produziert pilzanfälliges Pflanzenmaterial
- Ausgewogen beschnittene Bäume wachsen „ruhig“ und mit frühzeitigem Triebabschluss, sie halten Pilzangriffen besser stand
- Dazu gehört z. B., den Apfelbaum im Sommer zu beschneiden, wenn er seine Schnittwunden schneller verschließen kann
- Und diesen Sommerschnitt frühestens Mitte/Ende August durchführen, damit kein spätes Triebwachstum angeregt wird
- Und ein Beschnitt, der den Baum insgesamt licht und luftig hält
Moderne Handelssorten
Bei den modernen Erwerbsobstsorten ist die Schorf-Abwehr schwieriger, weil diese meist leichter von Schorf befallen werden. Alle oben genannten Vorsorgemaßnahmen sollten so sorgfältig wie möglich durchgeführt werden, zusätzlich können Sie folgendes tun:
- Feuchtigkeitsdruck um den Baum so gut wie möglich senken
- Vom Umsetzen eines „ins Feuchte“ gepflanzten Baumes bis zum Beschnitt wuchernder Nachbarpflanzen sind etliche Maßnahmen denkbar
- Auch der Rasensprenger sollte weit vom Baum entfernt aufgestellt werden
- Baum mit Ackerschachtelhalmsud stärken, der die Blattoberflächen festigt
- Weitere Pflanzen wirken auf andere Weise fungizid
- Zum Beispiel Brennnessel-, Knoblauch-, Zwiebel-, Birkenblätter-Jauchen und Lebermooser-Extrakt, die verdünnt um den Apfelbaum vergossen auch gleich düngen
- Wenn Verdacht auf überwinternden Schorf besteht, sind bei warmem Wetter vorbeugende Spritzkuren denkbar
- Im Internet finden Sie weitere fungizide Pflanzen (die vielleicht schon in Ihrem Garten wachsen), Anleitungen zur Jauche-Herstellung + Verdünnung
Schorfbefall, Symptome
Wenn der Schorf den Apfelbaum erwischt hat, zeigt sich das in den sichtbaren Befallsstadien an folgenden Symptomen:
- Auf den Blättern erscheinen „wie von Zauberhand gemalte“ kleine, runde, dunkle Flecken
- Gewöhnlich Zeichen eines Befall in der Vorsaison, der im Frühjahr Symptome ausbildet
- Überwinterte Sporen profitieren bei längerer feuchter Witterung
- Wenn diese zur Zeit des Austriebs herrscht, wird der Pilz auf maximal empfindliche, frisch ausgetriebene Pflanzenmasse gespült, die er sofort besiedelt
Wenn Sie nichts tun, würde der Pilz so weitermachen, bis er die Früchte erreicht hat, die fleckig werden und schorfig aufreißen. Die Flecken auf den Blättern würden schwarz, samtig, trocken graubraun, der Pilz mittels Sommersporen weiterziehen und überwintern, um im nächsten Frühjahr pünktlich zur Stelle zu sein. Der Apfelschorferreger kann alle noch nicht verholzte Pflanzenteile befallen: Laubblätter (Hauptziel der Schorfinfektion, jung stark gefährdet, älter resistenter), Früchte (auch als Lagerschorf), Triebe und im Frühjahr gleich die ersten Kelchblätter.
Bekämpfung sichtbarer Schorf-Symptome
Natürliche Bekämpfung
Das ultimative Mittel gegen sichtbare Schorf-Symptome ist sehr natürlich: Betroffene Pflanzenteile werden durch Schnitt aus der Pflanze entfernt.
Wenn das erledigt ist, werden die zur vorbeugenden Bekämpfung eingesetzten Mittel und Maßnahmen fortgeführt und können nun zum Teil direkt gegen den Pilz eingesetzt werden: Alle Pflanzen mit fungiziden Inhaltsstoffen wirken auch als Spritzmittel gegen die Pilze auf dem Baum. Einen ersten Überblick über die Pflanzen, die Ihnen zu Hilfe kommen können, erhalten Sie z. B. auf www.biozac.de/biozac/biogart/jauchen.htm; auf www.holzl.de/Biogarten/Jauchen.htm wird anschaulich und detailliert das Ansetzen von Jauchen (Tees, Auszügen, Brühen) geschildert.
Sinnvolle Pilz-Bekämpfung ist ein Ganzjahres-Paket, in dem die vorbeugende Bekämpfung (Pilz vom Baum fernhalten) inklusive Schnittmaßnahmen und entsprechender Pflege und die Bekämpfung sichtbarer Symptome (oder der „hinter diesen Symptomen steckenden“ Pilze) sich ergänzen.
Mit diesen Mitteln werden Sie Schorf (und Apfelmehltau) an allen Apfelbäumen in den Griff bekommen, die im einigermaßen naturnahen Umfeld am einigermaßen passenden Standort bei einigermaßen guter Pflege wachsen – ohne Einsatz menschen-, tier- und/oder umweltschädlicher Pestizide. Falls Sie eine der modernen Erwerbsobstsorten in den Garten gepflanzt haben, ist Schorfbefall wahrscheinlicher und auch meist nicht so leicht einzudämmen. Wenn eine anfällige Sorte auf ungünstige Umstände trifft, wird nicht nur das Bekämpfen des Schorfs schwierig und frustrierend, sondern es zerren gewöhnlich so viele stressende Einflüsse an dieser armen Pflanze, dass eine Trennung für Gärtner und Pflanze die bessere Lösung ist.
Schorfbekämpfung mit Pflanzenschutzmitteln
Gegen Apfelschorf sind zur Anwendung im Haus- und Kleingarten zwei Pflanzenschutzmittel zugelassen, Duaxo Universal Pilzspritzmittel (+ 2 weitere Namen mit identischen Inhaltsstoffen) und Flint:
Duaxo mit Difenoconazol, „gesundheitsschädlich bei Verschlucken oder Einatmen“, „Freisetzung in die Umwelt vermeiden“ darf nur bei Apfel, Birne in Entwicklungsstadien 10-74 in bestimmter Behandlungszahl und Ausbringungsmenge eingesetzt werden, wobei zahlreiche Auflagen zu beachten sind; bei Flint mit Trifloxystrobin sehen die Anwendungsbestimmungen ähnlich aus, es darf Kernobst in Entwicklungsstadien 65-85 behandelt werden.
Das alles muss auf der Packung stehen und genau beachtet werden, weil sich z. B. bei den Auflagen die Vorschriften gegen Resistenzbildung finden. Unschädlich werden die Mittel damit nicht, wie Bienen Trifloxystrobin von Pflanze zu Pflanze tragen, ist hier www.greenpeace.de/files/publications/20140415-pollenreport-gift-im-bienengepaeck.pdf nachzulesen.
Zum Beispiel deshalb hält noch nicht einmal unsere Regierung den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gegen Apfelschorf für sinnvoll, wie Sie unter www.umweltbundesamt.de/leckeres-gesundes-kernobst-aus-eigenem-anbau#Kernobst-Pflanzenschutzmittel nachlesen können. Damit meint das Umweltbundesamt auch die falsche Ausbringung (mal ehrlich, wie viele Hausgärtner wissen, wann beim Apfelbaum Entwicklungsstadium 10-74 oder 65-85 vorliegt oder wo sie die „Erweiterte BBCH-Skala” herbekommen, in der diese Entwicklungsstadien nachzuschlagen sind?), nennt aber noch etliche andere gewichtige Gründe. Die am besten zu verstehen sind, wenn Sie wissen, wie Apfelschorf zur „wichtigsten Pilzkrankheit im Kernobstanbau“ wurde:
Die steile Karriere des Apfelschorfs
Apfelschorf gilt als die wichtigste Pilzkrankheit – im intensiven Erwerbsobstbau. Von Zucht und Anbau der ersten Kulturapfelbäume (vor ca. 3000 Jahren) bis ungefähr 1940/50 war Apfelschorf kein Problem. Er kam vor, wie etliche andere Pilze im Garten, wurde im Rahmen der normalen Gartenarbeit zurückgedrängt, an ein paar Schorfflecken auf der Apfelschale störte sich kein Mensch. Auch kein Obstbauer, und im Hausgarten war Apfelschorf erst recht kein Problem, weil das allgemeine Bild des Apfels realistisch war: Eine lebendige Frucht, die im Wachstumsprozess Flecken und Narben mitbekommt (sogar der Wurm im Apfel war normal und führte noch nicht einmal bei zarten jungen Damen zu Ohnmachtsanfällen).
Im vergangenen Jahrhundert führten ausufernde Entwicklungen unsere konventionelle Landwirtschaft inkl. Erwerbsobstbau in die aktuelle Krise: Mit zunehmender Industrialisierung/Wachstum der Städte verstärkte sich die Nachfrage nach Obst, nach dem 2. Weltkrieg verstärkte sich die Nachfrage nach jeder Nahrung. Fortschritte in Wissenschaft und Technik sollten Hilfe bringen, so bekam die Chemie-Pharma-Industrie ein neues Betätigungsfeld (die hatten gerade ein Umsatzloch, Giftgas, chemische Waffen und Drogen für Soldaten waren nach Kriegsende nicht mehr so gefragt). Tatsächlich brachte der Einsatz sofort pflanzenverfügbarer Kunstdünger zunächst einen erheblichen Produktionszuwachs, auch im Obstanbau.
Das reichte nicht, das exponentielle Wachstum sollte weitergehen, nun ging es an die Felder (dichtgepflanzte Monokulturen ohne natürlichen Lebensraum am Feldrain) und die Obstwiesen (die zu Obstplantagen mit Kleinbäumen in eng gepflanzten Reihen wurden). Gleichzeitig erreichte der Fortschritt den Handel, Einzelhandelsläden wurden durch Supermärkte und Discounter verdrängt, deren Verbände Kundenwünsche ermittelten – frei nach dem Motto „was sich verkauft, wird produziert“.
Für Genehmigung der kritischen Produktionsverfahren sorgte der Handelsverband auch gleich, wie gut das geklappt hat, zeigt der Spitzenverband der Lebensmittelindustrie, „Bund für Lebensmittelrecht- und Lebensmittelkunde e. V.“ auf seiner Website: An prominenter Stelle strahlt dem Besucher der Button „Krisenmanagerdatenbank“ entgegen, natürlich nur für Mitglieder zugänglich.
Den Äpfeln ging es im Rahmen dieser Entwicklung an die Sortenvielfalt und die Zucht, vom Anfang des 20. Jh. bis 1970 wurden um 1.500 deutsche Apfelsorten im Laden durch eine Handvoll gesichtsloser Neuzüchtungen ersetzt (1972 füllten 56 % ‚Golden Delicious‘ die Obstregale). 2011 wurde das Ergebnis einer umfangreichen Untersuchung veröffentlicht: Die Apfelsorten des modernen Erwerbsobstbaus lassen sich auf sechs „Stammsorten“ zurückführen, alle krankheitsanfällig in verschiedensten Richtungen.
Bei der Zucht mit diesen Sorten verlor der Apfel nicht nur die Vielfalt: Weil Produktverbesserung nur so lange gewinnsteigernd wirkt, wie ein Produkt verbessert werden kann und beim Apfel nach 3000 Jahren Zucht nichts zu verbessern war, sorgte ein anderes Zuchtziel für Gewinnsteigerung. Erschaffen wurden Einheitsäpfel, gut zu transportieren und gut zu lagern und immer gut anzusehen. Dabei gingen den modernen Handelsäpfeln auch Geschmack und gesunde Inhaltsstoffe verloren; außerdem litt Gesundheit und Widerstandskraft der diese „Handelsträume“ hervorbringenden Apfelbäume.
So wurden Schorfpilze verbreitete Krankheitserreger im Apfelanbau, im Zuge dieser Entwicklung wurde auch Apfelmehltau von einer lästigen Gartenerscheinung zur ernstzunehmenden Krankheit (auf der Obstplantage) befördert; Vorbeugung und Bekämpfung von Schorf wirkt gegen diesen aber gleich mit.
Der größte Teil der Produktions- und Handelsindustrie sieht kein Bedürfnis zur Korrektur der Fehlentwicklung, sondern bekämpft die Symptome mit Fungiziden. Auf unsere „Tafeläpfel“ werden die meisten Pflanzenschutzmittel verspritzt, 70-80 % davon Fungizide (vor allem gegen Apfelschorf). Nachzulesen unter www.pflanzen-forschung-ethik.de/konkret/1459.apfelschorf-bekaempfung.html, einer Seite der Ludwig-Maximilians-Universität München, auf der Sie auch die Ergebnisse einer Fungizid-Erhebung in 50 Obstbaubetrieben 2007-2011 finden: Durchschnittlich 24 Fungizid-Anwendungen, pro Betrieb und pro Saison.
Inzwischen meiden viele Kunden die Handelsäpfel, das soll der Hauptgrund sein, warum im Hausgarten wieder mehr Obstbäume angepflanzt werden – leider werden im Massenhandel für Hobbygärtner in großem Umfang genau die Apfelsorten aus dem Handel verkauft, mit deren Krankheitsanfälligkeit die Erwerbsobstbauern solche Schwierigkeiten haben.