Trüffel selbst anbauen – so züchten Sie die Pilz-Spezialität
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Trüffel sind aus der gehobenen Küche nicht wegzudenken. Die leckeren Pilze – genauer gesagt deren Fruchtkörper – bringen ein feines Haselnussaroma an viele Gerichte, werden in Süßspeisen verarbeitet und sind extrem kostenintensiv. Etwa 50 % der weltweit verspeisten Trüffel stammen aus der Zucht und sind nicht in der Natur gesammelt. Auch in Deutschland kann man die Pilze anbauen.
Vergessene Standorte und der Naturschutz
Trüffel werden mit 200 bis 600 Euro je Kilogramm gehandelt, im Biosegment sind die leckeren Pilze unter Umständen sogar noch teurer. Fast alle Trüffel, die in Deutschland verspeist werden, sind aber importiert – der Anbau der Pilze gilt als sehr kompliziert, und natürliche Vorkommen dürfen in Deutschland nicht gesammelt werden. Dabei war Deutschland lange Zeit durchaus Trüffelland. Die Standorte der besonders begehrten Burgundertrüffel, die mit ihrem Haselnussaroma sehr gut in der Küche genutzt werden kann, wurden aber irgendwann zwischen den beiden letzten Weltkriegen vergessen. Und als man sich dann irgendwann wieder für Trüffel in Deutschland interessierte, waren selbige unauffindbar. Daher stehen die Pilze jetzt unter Naturschutz und dürfen weder gesammelt, noch aus sonstigen Gründen ausgegraben werden. Mit einer Ausnahme: Zu Forschungszwecken werden immer mal wieder Sondergenehmigungen erteilt.
Gut erforscht sind die Pilze nämlich bislang noch nicht. Man weiß, dass in Deutschland in der Natur verschiedene Trüffelarten vorkommen, die einerseits von der Höhenlage und dem Klima abhängen, andererseits aber auch von der Bodenbeschaffenheit. Die Pilze leben grundsätzlich nicht alleine, sondern gehen eine Symbiose mit einem jungen Baum ein. Vertragen sie sich mit dem Setzling, gewöhnen sich die beiden etwa fünf bis sieben Jahre lang aneinander. Erst dann beginnt der Pilz, Fruchtkörper auszubilden. Warum welcher Pilz mit welcher Art Baum wann eine Symbiose eingeht (und warum es manchmal eben doch nicht klappt), ist noch nahezu unbekannt.
Win-win-Situation für Pilz und Baum
Was viele Menschen nicht wissen: Jeder Baum geht in seinem Wurzelwerk eine Symbiose mit verschiedenen Pilzen ein. Die Pilze bilden ein feines Netzwerk im Boden, das sich teilweise über viele Quadratkilometer erstreckt und ganze Wälder umfasst. Über dieses Netzwerk erleichtern die Pilze den Bäumen die Aufnahme von Nährstoffen und Wasser. Umgekehrt werden die Pilze von den Bäumen mit Kohlenhydraten versorgt, die die Bäume mittels Photosynthese generieren und auf die die Pilze sonst keinen Zugriff hätten. Ein Wald ist also immer sehr viel mehr als das sichtbare Geflecht von Stämmen, Ästen und Laub über der Erde. Unter der Erde sitzen die richtig wichtigen Lebensgemeinschaften.
Bäume gehen nicht nur mit Pilzen aus der Familie der Trüffel derartige Lebensgemeinschaften ein. In Frage kommen dafür viele verschiedene Pilzarten. Wann und warum welcher Baum mit welchem Pilz eine Ehe eingeht, weiß man nicht so genau. Aber man weiß, dass ein erwachsener Baum keine neuen Gemeinschaften mehr eingeht, und dass der Pilz stirbt, wenn der Baum gefällt wird. Das trifft auf alle derartigen Symbiosen zu. Pilze, die auf diese Art und Weise mit Bäumen zusammenlegen, nennt man auch Mykorrhiza.
Trüffelzucht ist Aufforstung
An Trüffelsporen kommt man in Deutschland nicht so einfach heran. Sie werden aber benötigt, um junge Bäume zu einer Lebensgemeinschaft mit dem Pilz zu verhelfen. Für die Trüffelzucht werden normalerweise Setzlinge mit Trüffelsporen geimpft, so dass sich Pilze im Wurzelwerk der Bäume ansiedeln können. Das passiert in großem Maßstab beispielsweise in Radolfzell auf der Trüffelplantage von Ludger Sproll und Ulrich Stobbe. Sproll ist Forstbotaniker und hat eine Sondergenehmigung, Trüffel zu suchen und zu Forschungszwecken zu analysieren. Eine Probe der Pilze, die er findet, wird eingefroren – und was dann noch übrig ist, kann er für die von ihm mit Stobbe zusammen aufgebaute Plantage verwenden. Geimpft werden Bäume und Sträucher, die in Deutschland heimisch sind:
- verschiedene Eichenarten
- unterschiedliche Buchenarten
- Haselsträucher
- Fichten
Das verwendet Saatgut stammt grundsätzlich aus Deutschland und in der Regel aus biologischer Zucht. Oder aus der Wildnis. Der große Aufwand wird in Radolfzell betrieben, um regional unterschiedliche Trüffel nicht nur anzusiedeln, sondern auch zu etablieren. Und zwar in der Natur wie auf dem Markt. Monokulturen sind unerwünscht, schon in den Pflanzhallen in Radolfzell herrscht Vielfalt. Die kleinen Bäumchen wachsen mitsamt den normalerweise unerwünschten Unkräutern in lichtdurchfluteten und insektenschwirrenden Hallen, lediglich ein paar Spinnen halten Baumschädlinge in Schach. Auch das ist Absicht, denn die Pilze fühlen sich nur wohl, solange sich die Bäume wohl fühlen. Und die brauchen natürliche Vielfalt.
Wer sich für den Anbau von Trüffeln interessiert, kann hier keine Trüffelsporen bestellen, sondern nur Setzlinge. Es geht also bei jeder privaten Trüffelzucht darum, auch ein Stück Wald aufzubauen. Und damit der sich am neuen Standort wohl fühlt, wird nachgeforscht, wo genau die Bäume denn angesiedelt werden sollen. Die Art der Trüffelimpfungen ist schließlich vom Standort abhängig.
Die Bäume werden ein paar Jahre brauchen, bis sie sich so wohl fühlen, dass die Pilze in ihrem Wurzelwerk Fruchtkörper ausbilden und geerntet werden können. In dieser Zeit müssen sich alle künftigen Trüffelbauern in Geduld üben. Da sowohl das Wurzelwerk der Bäume als auch das feine Geflecht der Pilze sehr empfindlich sind, sollte man auf Probebohrungen im Erdreich rund um den Baum verzichten. Besser für die Suche geeignet ist ein Trüffelsuchhund, der nur da anschlägt, wo sich auch wirklich ein erntereifer Fruchtkörper im Boden befindet.
Warum Hund statt Schwein?
Schweine haben eine ausgezeichnete Nase und sind Hunden in dieser Hinsicht eigentlich überlegen. Sie können die Fruchtkörper der Trüffeln im Boden aufspüren, weil sie die Pilze selbst sehr gerne fressen. Allerdings sind Schweine schwer erziehbar, eher langsam und nicht so beweglich. Daher wurden sie inzwischen von gut erzogenen Trüffelhunden abgelöst:
- Hunde lassen sich leicht erziehen.
- Hunde sind agil und bewegungsfreudig.
- Hunde sind verspielt und können als Familientiere gehalten werden.
- Hunde graben gezielt und richten wenig Schaden an Baum und Pilz an.
- Hunde fressen keine Trüffeln, sondern warten auf ihre Belohnung.
So ein Trüffelhund ist beispielsweise der Lagotto, der im Aussehen ein wenig an den Pudel erinnert. Aber auch andere Jagdhunde kommen in Frage. Voraussetzung sind Gehorsam, eine gute Nase und Freude an Herausforderungen.
Besondere Ansprüche an den Boden
Pilze sind empfindlich. Wer bei Pilzen direkt an Schimmel denkt, der sich so ziemlich überall ansiedelt, mag das gar nicht vermuten: Aber Trüffelkulturen sind sehr anspruchsvoll, was den Boden angeht. Sie wollen kalkhaltige Böden, die einen ph-Wert von mehr als 7 haben. Ein Wert von 8 scheint optimal zu sein. Trüffeln mögen es leicht alkalisch, und der Boden muss locker sein. Eine gute Belüftung ist Voraussetzung für ein gesundes Wachstum von Baum und Pilz. Tonhaltige Böden mögen Trüffeln eher nicht. Der Boden darf nicht zu nass sein, denn Staunässe vertragen die Pilze nicht. Trockenheit mögen sie aber auch nicht. In Deutschland werden meist Burgundertrüffeln angebaut, weil sie mit Klima, Boden und den heimischen Bäumen sehr gut klarkommen. Generell können aber auch andere Trüffelarten im Garten eingesetzt werden.
Nadelgewächse lassen den Boden oft versauern, weshalb man Trüffeln eher selten in der Nähe von Nadel- und Mischwäldern findet. Ein Bewuchs nur mit Laubbäumen scheint ideal, auch wenn in Radolfzell Fichten mit Trüffelbeimpfung angeboten werden. Klimatisch bevorzugen Trüffeln Standorte mit leichtem Bodenfrost, der immer nur kurzfristig auftritt. Länger anhaltende Minustemperaturen im zweistelligen Bereich lassen die Fruchtkörper absterben, während Minustemperaturen im einstelligen Bereich das Wachstum der Fruchtkörper fördert.
Man sagt ganz allgemein, dass sich Trüffeln in der Nähe von aromatischen Kräutern sehr wohl fühlen. Das trifft nicht nur in der Küche zu, sondern kann auch als Faustregel für die Zucht im Garten gelten: Eignet sich der Boden für die Zucht von wohlschmeckenden (und -duftenden) Küchenkräutern, so fühlen sich Trüffeln dort vermutlich auch wohl. Zu trocken dürfen die Trüffeln nicht stehen, vor allem ihr Baum braucht Wasser. Das gilt insbesondere in der Phase direkt nach dem Anpflanzen.
Der Baum braucht den richtigen Standort
Bäume wie auch Trüffeln benötigen Platz zum Wachsen. Ausgewählt werden sollte grundsätzlich ein Standort, der dem Baum gut tut. Der Abstand zum nächsten Baum sollte in alle Richtungen rundherum wenigstens fünf Meter betragen. So haben Baum und Pilz für die nächsten Jahre ausreichend Platz und es muss nicht gegraben und umgepflanzt werden. Denn das würde das feine Netz, das die Pilze im Boden aufbauen, zerstören. Zum Wohl des Baumes kann ein Bewässerungsring direkt um den Baum herum gelassen werden, und natürlich wird der Baum auch sofort nach dem Einpflanzen angegossen. Mehr ist eigentlich erstmal nicht nötig. Die natürliche Vegetation, die sich einen Lebensraum mit Baum und Pilzen teilt, wird sich im Laufe der nächsten Monate und Jahre von ganz alleine einfinden.
Nun sollte man darauf achten, dass der Bewuchs direkt unter dem Baum nicht zu dicht wird und der Boden gut durchlüftet ist. Im Freiland sollte letzteres dank der im Boden lebenden Organismen, namentlich Regenwürmer und Artverwandte, selbstverständlich gegeben sein. Die ideale Zeit, den Baum anzupflanzen, ist übrigens im Herbst. Im Frühjahr, noch vor dem ersten Blatttrieb, kann das auch passieren. Ein Standort mit sommerlichen Temperaturen von etwa 17° C bis 40° C und im Winter einem Temperaturschnitt von etwa -5° C gilt als ideal für Trüffel und Bäume.
Niedriger sollten die Temperaturen im Winter allerdings nicht werden, das mögen die Pilze nicht. Besonders erfolgsvorsprechend sind Mischkulturen von verschiedenen Laubbäumen, die mit den Trüffelsporen geimpft wurden. Allerdings sind Haselnusssträucher mit einem ungleich höheren Arbeitsaufwand verbunden: Um diese Sträucher herum muss im Herbst der Boden gereinigt werden. Abfallendes Laub und Äste säuern den Boden, was die Trüffeln nicht mögen.
Trüffel wachsen langsam
Wurden die Wurzeln des jungen Baums mit Trüffelsporen geimpft, wird der Pilz in den nächsten Monaten und Jahren ein feines Geflecht aus Hyphen ausbilden. Das ist das sogenannte Myzel. Fünf Jahre werden vergehen, bevor die ersten Trüffeln geerntet werden können, denn der Pilz braucht lange, um wirklich Fruchtkörper auszubilden. Die beste Erntezeit für die Pilze liegt irgendwo zwischen Herbst und Winter. Abhängig von Klima, Boden und aktueller Wetterlage kann sie sich von Juli bis zum Februar des Folgejahres erstrecken. Während all dieser Monate bildet der Pilz unterirdisch immer wieder Fruchtkörper nach, die geerntet werden können.
Ob es unter der Erde erntereife Trüffeln gibt, stellt der Trüffelhund fest. Wer keinen derart ausgebildeten Hund hat, kann vorsichtig selbst von Hand die oberen Schichten der Erde abtragen und nachsehen:
- Keine Schaufeln oder anderes Gerät verwenden!
- Vorsichtig mit behandschuhten Fingern die Erde lockern!
- Immer nur die oberen Erdschichten bewegen!
- Die Erde immer wieder vorsichtig zurückschieben!
Das Vorgehen erinnert bisweilen etwas an archäologische Ausgrabungen, die auch mit sehr viel Feingefühl und vor allem langsam vonstattengehen. Je Ernte kann bei einem Baum von normaler bis stattlicher Größe mit etwa einem Kilogramm Trüffeln gerechnet werden.
Nicht jede Trüffel ist auch einer
Der oder die Trüffel (da ist die deutsche Sprache nicht eindeutig) ist eigentlich eine ganz spezielle Art von Pilz und wächst grundsätzlich unterirdisch. Im Volksmund und ganz allgemein in der Küche werden aber auch andere Pilze, die mit den Echten Trüffeln nicht einmal entfernt verwandt sind, als solche bezeichnet. Bisweilen trifft das sogar auf oberirdische Pilze zu oder auf solche, die als Baumschädlinge bekannt sind. Um die geht es hier aber nicht, für den Anbau im Garten sind nur die Echten Trüffeln interessant. Für die Verwertung in der Küche können aber andere Pilze verwendet werden, die als Trüffeln verkauft werden und unter Umständen sehr viel kostengünstiger sind.
Besser keine Konkurrenz!
Da sich junge Bäume und ihre Trüffeln noch nicht so richtig verbunden haben, sollten die Setzlinge eher in ausreichender Entfernung zu Laub- und Mischwäldern angepflanzt werden. Denn jeder Baum, jeder Wald hat eine eigene Pilzkultur, die natürlich auch junge Bäume integrieren und eine Symbiose mit ihnen eingehen. Diese Konkurrenz ist nicht gut und kann einen noch nicht fest vergebenen Baum seine Impfung vergessen lassen. Obstbäume sind dagegen ungefährlich, denn sie leben mit ganz anderen Pilzkulturen zusammen als die typischen Trüffelbäume.