Unkraut im Garten/Rasen ohne Chemie vernichten – so geht’s!
Inhaltsverzeichnis
Unkraut vernichten ist nicht die eigentliche Herausforderung, sondern den Garten so zu gestalten, dass das Unkraut nicht sofort wiederkommt. Das klappt nur, wenn nach Unkrautentfernung die Mängel behoben werden, die zur Entwicklung/zum übermäßigen Sprießen von Unkraut geführt haben:
Vor der Unkrautvernichtung steht die Analyse
Meist wachsen nicht hunderte von Unkräutern durcheinander, sondern einige wenige fremde Pflanzen tauchen plötzlich ungefragt im Garten auf. Bevor Sie diese Pflanzen vernichten, sollten Sie sie bestimmen, um dann wiederum nachzuschlagen, was diese „Zeigerpflanzen“ Ihnen über Ihren Garten und Ihren Gartenboden sagen. Parallel zur Unkrautvernichtung kann dann der Zustand des Rasens/Gartenbodens entsprechend korrigiert werden.
Konkurrenzbepflanzung im modernen Naturgarten
Unten folgt der Abschnitt „Eine Chance: Der Garten als Lebenswelt“, der Sie über eine Art der Gartenbewirtschaftung informiert, die Sie langfristig vom Unkraut befreit. Wenn Sie jedoch gerade Unkraut „zur Verfügung haben“ (im Garten/Rasen rumstehen haben), könnten Sie das jetzt schon zum „aktiven Lernen“ nutzen: Wenn Sie die ungeplant wachsenden Kräuter (für viele Menschen, Biologen und Heilkundige z. B., gibt es gar keine Unkräuter, die sind eine eher verkaufsmotivierte „Erfindung“) bestimmt haben, könnten Sie nachschauen, welche Pflanze/Graspflanze eine so starke Konkurrenz für das jeweilige Kraut sein könnte, dass seine Anpflanzung + Boden-/Rasenpflege es ausrotten, und das einfach mal ausprobieren.
Traditionelle Unkrautvernichtung
Gegensteuern durch Konkurrenzbepflanzung und traditionelle Unkrautvernichtung gehören zu einer Gartenbewirtschaftung, die durch Informationen und Kenntnisgewinn und nicht durch die Verkaufsangebote der Hobbygärtner-Industrie gesteuert wird. Leider gehört zu den im Bereich „Unkraut“ erforderlichen Kenntnissen auch die „Er-Kenntnis“, dass Unkraut nicht ohne Grund in Massen auftritt, sondern die im Garten gebotenen Bedingungen eine Ansiedlung begünstigen (je mehr das Unkraut in Massen auftritt, desto mehr). Erst einmal muss übermäßiger Unkrautbewuchs bzw. müssen einzelne Problemunkräuter jedoch vernichtet werden. Am besten, schnellsten, preiswertesten und mit der geringsten Gefahr einer Schädigung von Lebewesen und Umwelt geht das mit der ganz traditionellen Unkrautvernichtungsmethode, was ganz einfach heißt: Per Hand entfernen. Nicht ohne Hilfsmittel, in den weiteren Artikeln rund um Unkräuter, Disteln, Moos im Garten/Rasen werden Ihnen ganze Rabatten davon vorgestellt, samt besonderen Tricks beim/zum Jäten.
Pflanzenschutzmittel „ohne Chemie“
Viele Gärtner konnten (z. B. berufsbedingt) noch nicht bis zur Einsicht vordringen, dass Handarbeit das eigentlich Entspannende und Gesunde an der Gartenarbeit ist. Diese Gärtner setzen nicht unbedingt auf traditionelle Unkrautvernichtung, sondern gerne auch auf Pflanzenschutzmittel „ohne Chemie“, die seien ja umweltverträglich, für Mensch und Tier ungefährlich, biologisch abbaubar. Ja vielleicht, aber.
Allgemein zu diesen Begriffen
- „Umweltverträglich“ ist kein durch irgendwelche Normen genau definierter Begriff
- Unser Umweltrecht schreibt nur ein Minimum von Umweltverträglichkeit vor
- Liegt z. B. daran, dass momentan mehr Industrielobbys als politisch aktive Bürger an der politischen Willensbildung beteiligt sind
- Ob ein Produkt „umweltverträglich“ ist, wird gelegentlich durch Zertifikate nachgewiesen, deren Glaubwürdigkeit überprüft wurde
- Oft handelt es sich nur um eine vom Hersteller selbst in die Produktbeschreibung geschriebene Produktqualität
- Die zunehmend benutzt wird, weil die Kunden Umweltverträglichkeit fordern und der Begriff ein besseres Image verleiht
- Dahinter steckt bei vielen Unternehmen eine verantwortungsbewusste auf Umweltverträglichkeit ausgerichtete Handlungsstrategie
- Je anonymer Kauf (Bestellvorgang) ablaufen, desto öfter stellt sich die Umweltverträglichkeit aber als „Greenwashing“ heraus (Vortäuschen mit wenig Handlung und gewaltiger Werbung)
Bei „für Mensch und Tier ungefährlich“ und „biologisch abbaubar“ ist es ähnlich, was für welchen Menschen und für welches Tier ungefährlich ist, ist ein weites uneinheitlich definiertes Feld; was in welcher Zeit und mit welchen Rückständen abgebaut sein muss, um als biologisch abbaubar zu gelten, ebenso. Tatsächlich umfasst „Umweltverträglichkeit“ alle direkten und indirekten Auswirkungen eines Produkts auf Boden, Klima, Luft, Menschen, Pflanzen, Tiere und Wasser. Ungefährlich für Mensch und Tier ist für vorsichtige Menschen nur das, was sie ohne Gefahr an ihren Körper kommen lassen können und vielleicht sogar in den Mund nehmen könnten, und biologisch abbaubar alles, was vielleicht eine grobe Struktur hat, aber nach Zerkleinerung durch Bodenorganismen ohne weiteres dazu benutzt werden könnte, um Pflanzen wachsen zu lassen.
Welche Produkte und Stoffe ein (erwachsener) Mensch in seiner nahen Umgebung zulässt, kann letztlich kein anderer entscheiden, das gehört in seinen eigenen Verantwortungsbereich, ist seine Entscheidung. Wenn ein Unkrautvernichter laut Hersteller „umweltverträglich“, „für Mensch und Tier ungefährlich“, „biologisch abbaubar“ ist – oder in einem Artikel so genannt wird, dessen Verfasser nur Hersteller-Angaben zitiert – heißt das noch lange nicht, dass er tatsächlich Ihren Anforderungen an Umweltverträglichkeit und so weiter entspricht. Denn das Kennzeichnungsrecht im Bereich Pflanzenschutzmittel ist ähnlich strukturiert wie im Bereich Lebensmittel: Die genauen Inhaltsstoffe müssen irgendwo angegeben werden, aber nicht unbedingt in Schriftgröße einer Zeitungsüberschrift, darüber hinaus sind alle möglichen produktanpreisenden Aufschriften erlaubt – letztendlich behandelt der Gesetzgeber den Bürger, als wenn er lesen könne, während verbraucherschützende (Medien-) Berichte den Bürger behandeln, als wenn er nicht lesen könne (oder zumindest nicht liest, teilweise wohl zurecht).
Wenn z. B. ein Unkrautvernichter namens „Finalsan UnkrautFrei Plus“ als sehr umweltverträglich (laut Hersteller), für Mensch und Tier ungefährlich und/oder biologisch abbaubar beschrieben wird, können Sie das glauben – oder sich das Sicherheitsdatenblatt herunterladen und selbst nachlesen. Hier Auszüge aus dem Sicherheitsdatenblatt von „Finalsan UnkrautFrei Plus“ – die normal risikogeneigte Menschen zum Nachdenken bringen könnten:
- Notrufnummer: Notfallauskunft Vergiftungsinformationszentrale
- R-Sätze: R52, Schädlich für Wasserorganismen
- S-Sätze: S2 „Darf nicht in die Hände von Kindern gelangen“, S25 „Berührung mit den Augen vermeiden“, S26 „Bei Berührung mit den Augen sofort gründlich mit Wasser abspülen und Arzt konsultieren“, S35 „Abfälle und Behälter müssen in gesicherter Weise beseitigt werden“, S46 „Bei Verschlucken sofort ärztlichen Rat einholen und Verpackung oder Etikett vorzeigen“
- Gefährliche Inhaltsstoffe: Nonansäure, Maleinsäurehydrazid
- Beschreibung Erste-Hilfe-Maßnahmen: Bei Unfall/Unwohlsein Arzt hinzuziehen, nach Einatmen für Frischluft sorgen, nach Hautkontakt, bei Berührung mit Haut mit Wasser abspülen, nach Augenkontakt bei anhaltenden Beschwerden Arzt aufsuchen, bei Berührung mit Augen gründlich mit Wasser abspülen, nach Verschlucken bei auftretenden Beschwerden Arzt aufsuchen.
- Umweltschutzmaßnahmen: Nicht in Oberflächenwasser/Grundwasser gelangen lassen.
- Zusammenlagerungshinweise: Nicht zusammen mit Futtermitteln lagern. Nicht zusammen mit Lebensmitteln lagern. Vor Frost schützen.
- Persönliche Schutzausrüstungen: Schutzhandschuhe, Schutzbrille
- Allgemeine Schutzmaßnahmen: Längeren und intensiven Hautkontakt vermeiden, Gase/Dämpfe/Aerosole nicht einatmen.
Und so weiter … Sicherheitsdatenblatt zum Herunterladen: www.windhager.eu/index.php?eID=download&file=51415_Finalsan_UnkrautFrei_Plus_01.pdf
Vielleicht reichen Ihnen diese Angaben schon (um auf weiten Abstand zwischen diesem Mittel und Ihrem Garten zu achten), vielleicht wollen Sie mehr wissen, dann könnten Sie sich direkt über den Wirkstoff informieren und damit auch darüber, ob es überhaupt Sinn macht, ihn gegen Unkraut auszubringen:
Die Sinnhaftigkeit der Anwendung
Noransäure ist Pelargonsäure, wird in den Blättern von Pelargonien gebildet und ist zwar ein ursprünglich in Pflanzen gebildeter Stoff, in einem chemischen Prozess hergestellt (mittels Ozon aus anderen Fettsäuren) wird er aber schon, und ein harmloser Stoff ist es auch nicht (auch Strychnin ist ein pflanzlicher Stoff). Kommt diese Säure in ausreichend hoher Konzentration mit Pflanzengewebe in Kontakt, so stirbt dieses rasch ab; nicht getroffenes Gewebe (Wurzeln) bleibt aber intakt. Biologisch abbaubar ist Pelargonsäure, sogar recht gut, selbst hohe Dosierungen sollen eine „relativ günstige Wirkung“ auf Boden-Mikroorganismen haben, Hinweise auf wesentliche Auswirkungen auf die Umwelt wurden nicht entdeckt. Die menschliche Gesundheit kann der Stoff allerdings schon kräftig reizen, s. o., Wasserorganismen sollen sich überhaupt nicht über die Säure freuen und der Gartenboden wohl auch nicht, insgesamt ist auch zu bedenken, dass hier nicht die paar Mikrogramm einer einzelnen Pelargonie in die Umwelt gelangen, sondern etwa 200 Gramm pro Packung, multipliziert mit ein paar Millionen Anwendern. Maleinsäurehydrazid ist ein systemisch wirkender Wachstumshemmer, der wochenlang Austrieb, Wurzelwachstum und Keimung verhindert.
Das Produkt darf nur in genau definierter Umgebung und genau vorgeschriebener Anzahl von Behandlungen und vor allem in genau berechneter Konzentration (z. B.: 13 ml/m² in 87 ml Wasser/m²) ausgebracht werden. Maleinsäurehydrazid unterbindet also im Zweifel gleich die Keimung der gerade ausgesäten Gemüse, Pelargonsäure tötet zwar das Unkraut ab, lässt aber dessen Wurzel im Boden weiterleben, die Wirkstoffe müssen genau berechnet angemischt und genau auf die einzelne Pflanze ausgebracht werden … Mal ehrlich, bevor Sie auch nur die Sprühflasche mit Feinspritzdüse gefüllt haben, haben Sie jeden störenden Bewuchs lange rausgerupft – ohne dass er bald wieder da ist, und der pH-Wert des Bodens bleibt auch wie er ist. Noch entspannter, gesünder und sehr viel weniger arbeitsamer wird der Garten für den Gartenbesitzer, der seine Beziehung zum Wachstum im Garten und zum „Un-“ Kraut (unerwünschtem Bewuchs) nach eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen definiert und sich ggf. „im Kopf umstellt“:
Eine Chance: Der Garten als Lebenswelt
Die rund 13 Millionen Gärten in Deutschland nehmen eine doppelt so große Fläche ein wie alle unsere Naturschutzgebiete zusammen. Mit einem Naturschutzgebiet haben aber die meisten dieser Gärten nicht viel zu tun, ganz im Gegenteil. Einfarbig grüne Rasenflächen (Monokulturen) dominieren, die selbst am Rand der Natur kein bisschen Raum für ihre Entwicklung lassen, sonder sauber abgestochen oder mit Rasenkantensteinen gebändigt werden. Der Rest des Garten sieht ähnlich aus, jedes Blättchen wird weggeharkt oder von Umwelt und Nachbarn verstörenden Laubsaugern vertilgt, die immergrünen Bodendecker und Ziergehölze stehen ordentlich in Reihen, kein Pflanzenrest und kein Komposthaufen zerstören das akkurate Bild. Die Besitzer werden wegen ihrer „ordentlichen Gärten“ zunehmend kritisiert, von engagierten Fürsprechern der „Naturgärten“ sogar angegriffen, sie sollen ihre Gärten naturnäher und unordentlicher gestalten. Darum geht es bloß in Wirklichkeit gar nicht (abgesehen davon, dass es sicher schon als Frechheit anzusehen ist, Menschen wegen irgendetwas in ihrem Gärten zu kritisieren, wenn sie nicht gerade eine Bühne aufgebaut haben, auf der sie öffentlich Straftaten begehen): Dass Menschen in einer chaotischen Welt das Bedürfnis nach möglichst viel Ordnung im eigenen Umfeld haben, ist wohl vielen verständlich; wie viel Ordnung ein Mensch um sich herum haben möchte, ist sowieso sein Ding – vor allem aber haben Ordnung und Naturgarten (bzw. Unordnung und Naturgarten) nichts miteinander zu tun.
Es ist vielmehr oft so, dass Menschen, die sich dem Gärtnern annähern, zwangsläufig zuerst Informationen von denen aufnehmen, die diese Informationen am lautesten herausschreien. Das sind dann leider genau die Unternehmen, die mehr Geld für Verkaufsförderung/Werbung als für sorgfältige Pflanzenzucht und -aufzucht ausgeben, die Informationen sind dementsprechend nicht immer dazu angetan, Anfängern beim Lernen des Gärtnerhandwerks wirklich zu helfen. Vor allem nicht, wenn es um naturnahe Gärten geht, denn zur naturnahen Gartenbewirtschaftung haben diese Unternehmen nicht viel zu sagen – wirklich naturnahe Gärten brauchen kaum Produkte aus der Hobbygärtner-Industrie. Sie brauchen auch kaum Unkrautvernichtung, sicher gibt es das ein oder andere vorwitzige Pflänzchen, das entfernt werden muss, aber das meiste Kraut darf wachsen, es kann nämlich eine Menge, siehe Auflistung im Artikel „Unkraut jäten leicht gemacht“. Und das ist der eigentliche Hintergrund, warum Menschen „über mehr Natur im Garten“ informiert werden sollten: Ein naturnah geführter Garten entwickelt eine eigene Lebenswelt, in der jede Pflanze, die sich übermäßig ausbreiten will, von natürlichen Feinden und Konkurrenten nachdrücklich daran gehindert wird. Ein solcher Garten enthält einige Elemente, die in einem Durchschnittsgarten heute eher nicht zu finden sind, einen Komposthaufen, ein wenig Totholz hie und da, Laub/Mulch auf den Beeten zum Beispiel. Unordentlich muss er deshalb nicht sein, die Totholzsammlung kann in einem ordentlichen Weidenkorb oder Holzkasten ihren Platz finden, Laub und Mulch auf den Beeten sieht ohnehin einheitlicher aus als nackter Boden (auf dem jedes Blatt stört), und der Komposthaufen kann so kunstvoll umhüllt werden, dass er wie eine Skulptur im Garten steht.
Fazit
Wichtiger als die Unkräuter im Garten oder Rasen zu vernichten ist eine Gartenbewirtschaftung, die insgesamt ohne Chemie auskommt. Denn nur in einem Garten, der sich in einem natürlichen Gleichgewicht befindet, benimmt sich jede Pflanze ordentlich. Ob Sie diese Pflanze Unkraut nennen oder als Gemüse nutzen, ist dann auch noch Ihre ureigenste Entscheidung.