Krüppelwalmdach: Infos zu Aufbau und Konstruktion | Vor- und Nachteile
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Nahezu jeder Mensch kennt die typische abgeschnittene Giebelansicht eines Krüppelwalmdachs. Meist duckt sie sich schutzsuchend unter einen ausladenden Dachüberstand. Die wenigsten Leute wissen allerdings, dass es sich dabei um ein Krüppelwalmdach handelt. Hier erfahren Sie alle Informationen rund um diese traditionelle Dachform und erfahren darüber hinaus zahlreiche Vor- und Nachteile.
Was verbirgt sich hinter dem Krüppelwalmdach?
Das Krüppelwalmdach stellt eine Unterform des Walmdaches dar. Wie dieses weist ein Krüppelwalmdach zwei große, in einem First zusammentreffende Dachflächen identischer Neigung auf. Die Giebelseiten werden ebenfalls von geneigten Dachflächen eingegrenzt, die auf den mittig angeordneten First treffen. Im Gegensatz zu den bis zur Traufe hinausreichenden Walmflächen des klassischen Walmdaches sind die Walmflächen des Krüppelwalmdaches aber nach unten hin eingekürzt. Die Traufe, also der untere Dachrand, verspringt im Giebelbereich somit nach oben. Als Resultat werden die dreieckigen Satteldachgiebel nicht, wie beim Walmdach, komplett durch Dachflächen ersetzt, sondern treten hier als oben abgeschnittene Trapezoide in Erscheinung. Man könnte sagen, das Krüppelwalmdach stellt eine Art Zwischenschritt zwischen Satteldach und Walmdach dar.
Klassische Beispiele für Krüppelwalmdächer
Das Paradebeispiel eines Krüppelwalmdaches schlechthin ist wohl der traditionelle Schwarzwaldhof. Das ausladende Dach überdeckt Nutz- und Wohnräume zugleich und leitet mit den steilen Dachneigungen die teils enormen winterlichen Schneemassen sicher ab. Der große Dachüberstand sorgt dafür, dass vor dem Haus ein vor Regen und Schnee geschützter Arbeitsbereich erhalten bleibt. Und genau hier schlägt die Stunde des Krüppelwalmdaches. Während ein normales Walmdach zu einer enormen Verschattung der gesamten Giebelwand führen würde, sorgt die reduzierte Krüppelwalmfläche für ausreichend Belichtungsmöglichkeiten, ohne den Schutz des Dachvorsprungs zu weit zu reduzieren.
Konstruktion und Statik
Das Tragwerk des Krüppelwalmdaches setzt sich aus folgenden, konstruktiven Hauptelementen zusammen:
- Dachsparren als Tragebene für Dachbelag
- First als oberer Auflagerpunkt der Sparren
- Mittelpfette oder Mittelpfetten als Auflagerpunkte der Dachsparren in Feldmitte
- Schwelle als unterer Auflagerpunkt der Sparren
- Stützen oder Stützsystem („liegender Stuhl“ oder „stehender Stuhl“) zur Lastabtragung von First, Pfetten und Schwelle auf die darunter liegenden Massivwände
Der Dachaufbau
Die Aufbauten der historischen Krüppelwalmdächer waren denkbar einfach. Als reiner Wetterschutz über dem nicht beheizten Dachraum trugen quer angeordnete Latten direkt auf den Dachsparren die Eindeckung. Heute ist der Dachaufbau dagegen deutlich vielschichtiger (Aufbau von innen nach außen):
- Optische Verkleidung, z.B. als Holzschalung oder Gipskartonbeplankung mit Farbe, Tapete oder Putz
- Traglattung für Verkleidung, zumeist zugleich Installationsebene für Beleuchtung etc.
- Dampfdiffusionsdichte Schicht, in der Regel als Folienwerkstoff
- Konstruktionsebene aus Sparren und zwischen den Sparren eingebrachter, weicher Dämmung (Mineralwolle, Zellulose etc.)
- Regensichere Unterdachbahn, als Folie oder zusätzliche wasserführende Dämmschicht (z.B. Holzweichfaserplatte)
- Unterkonstruktion des Dachbelags, bei Ziegeln oder Dachsteinen aus Konterlattung und Lattung
- Dachbelag
Gängige Dachbeläge
Durch die meist recht hohe Dachneigung beim Krüppelwalmdach werden zur Eindeckung meist die gängigen Deckbeläge verwendet, die auch beim Satteldach zum Einsatz kommen:
- Ziegel
- Betondachsteine
- Blech
Regional motiviert finden sich aber immer wieder auch diese Belagsarten als historisches Zitat und Rückbesinnung auf Bewährtes zugleich:
- Schindeln
- Schiefer
- Reet / Stroh
Bedachungen aus Folie oder bituminierten Bahnen, sowie Grün- und Kiesdächer sind zwar gerade bei flacher geneigten Dächern technisch möglich, bei einem Blick auf die gebauten Beispiele allerdings eher theoretischer Natur.
Die Dachneigung beim Krüppelwalmdach
In der Theorie ist das Krüppelwalmdach in nahezu beliebiger Neigung der Haupt- und Walmflächen herstellbar. Allerdings zeigt die lange Geschichte dieser Dachform, dass gängige und vor allem sinnvolle Neigungen sich groß im Bereich zwischen 35 und 50 Grad bewegen. In diesem Spektrum ergibt sich ein gut nutzbarer Dachraum und die konstruktiven Details lassen sich ohne übermäßigen Mehraufwand erstellen. Zugleich erhält das Dach eine in Relation zum darunterliegenden Baukörper gesunde Dimension, so dass Gestaltung und Technik hier Hand in Hand gehen.
Typische Aufbauten und Einbauten
Historische Krüppelwalmdächer kommen auf Grund ihrer meist rein wirtschaftlichen Nutzung im Dachraum in großer Zahl ohne Dachaufbauten aus. Sowohl technisch als auch gestalterisch lassen sich jedoch auf Grund der Dachneigung alle gängigen Dachaufbauten und -einbauten vom Dachfenster über die Dachgaube bis hin zum Dachbalkon problemlos umsetzen. Da die Hauptdachflächen im Vergleich zum normalen Walmdach durch die reduzierten Walmflächen weniger stark beschnitten werden, eignet sich das Krüppelwalmdach sogar noch besser, um eine Aufwertung des Dachraumes durch die genannten Elemente zu erzielen.
Vor- und Nachteile
Vorzüge und Nachteile des Krüppelwalmdaches kurz zusammengefasst sind diese:
Vorteile
- Bei gängigen Neigungen meist großzügiger, gut nutzbarer Dachraum
- Guter Kompromiss aus Wetterschutz und Belichtungsmöglichkeiten der Giebelflächen
- Optisch weniger intensive Erscheinung als Walmdach
- Bei üblichen Neigungen gute Abführung von Regen und Schnee
- Gute Vereinbarkeit mit Dachaufbauten und Dacheinbauten
Nachteile
- Hoher Konstruktiver Aufwand für Krüppelwalmflächen
- Hohes optisches Gewicht, vor allem bei kleinformatigeren Gebäuden mit geringer Geschosszahl
- Schwierige Belichtungsmöglichkeiten im Dachspitz durch Walmflächen